Die Sünden des Highlanders
hat.«
»Hast du je seine Frau getroffen?«, fragte Tormand.
»Einmal«, erwiderte Simon. »Eine verhuschte, zurückhaltende kleine Frau, die man gleich wieder vergisst. Eine solche Brutalität hätte ich ihr niemals zugetraut.«
»Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum sie so lange ungeschoren blieb.«
»Aber wo sind eigentlich seine Leute?«, fragte Rory. »Ein Haus dieser Größe sollte doch zumindest eine Haushälterin und einen Koch haben. Niemand ist an die Tür gekommen, und ich habe auch niemanden gesehen, als wir in den Keller gestiegen sind.«
»Vielleicht hat sie sie weggeschickt«, meinte Simon. »Aber selbst wenn sie das nicht getan hat, glaube ich nicht, dass man den armen Kerl hier drunten hören konnte. Doch vermutlich sind sie und ihr Kumpan längst verschwunden.«
»Aye, sie sind zu schlau, um sich länger in der Nähe eines Ermordeten aufzuhalten. Bestimmt ist der Frau klar, dass wir erraten, wer sie ist, sobald wir Edward finden. Weißt du, wie sie heißt, Simon?«
»Nay. Wie ich schon sagte – sie war völlig unscheinbar, und ich habe sie sofort vergessen. Doch ich finde bestimmt jemanden, der sie kennt.«
»Und was dann?«
»Zunächst werde ich in Erfahrung bringen müssen, ob sie Verwandte in der Nähe hat oder, wichtiger noch, ob sie Verwandte hat, die vor nicht allzu langer Zeit eines gewaltsamen Todes gestorben sind. Sobald ich über die Frau dieses Mannes ausreichend Erkundigungen eingezogen habe, machen wir uns wieder auf die Jagd. Am liebsten wäre mir, wenn uns jemand eine gute Beschreibung von ihrem großen Kumpan liefern könnte.«
»Der riesige Schatten, der leise im Dunkeln herumstreicht und wie Nebel an einem sonnigen Morgen verschwindet?«
»Jawohl.« Simon machte sich auf den Weg nach oben. »Er kann sich nicht sein Leben lang im Schatten aufgehalten haben, jemand muss ihn gesehen haben. Durchsuchen wir jetzt den Rest des Hauses, vielleicht finden wir ja noch etwas, was uns weiterhilft.«
»Und was machen wir mit dem armen Edward? Sollen wir ihn hier hängen lassen?«
»Vorläufig schon.«
Nachdem sie das Haus mehrere Stunden lang ohne Ergebnis durchsucht hatten, machten sie sich wieder auf den Heimweg. Tormand ritt neben Simon. Es behagte ihm nicht, dass sie den armen Edward MacLean im Verlies hatten hängen lassen, aber Simon wollte später mit ein paar Männern zurückkommen und sich um den Leichnam kümmern. Tormand hoffte, dass Simon seine Leute warnen würde, was sie dort drunten in dem blutbesudelten Raum der Folter und des Todes erwartete. Natürlich hatte er auch gehofft, dass sie eine Spur finden würden, aber mittlerweile war er schon fast an die Enttäuschung gewöhnt. Nun hoffte er nur noch, dass das wahnsinnige Paar seine Blutgier einstweilen gestillt hatte und er, Morainn und Walin fürs Erste sicher waren.
»Du hast Morainn also verführt«, meinte Simon und riss ihn aus seinen düsteren Gedanken.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Tormand Simons Worte begriffen hatte. Schließlich meinte er seufzend: »Sprechen wir jetzt nicht darüber. Ich sage nur so viel: Sie ist nicht bloß ein weiterer warmer Körper für mich.«
»Hast du denn vor, sie zu heiraten?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich für sie empfinde oder was ich von ihr will. Na ja, bis auf die Tatsache, dass sie mein Blut zum Sieden bringt wie keine Frau vor ihr. Ich könnte mich ebenso wenig von ihr fernhalten wie das Atmen aufgeben. So einfach ist das, und gleichzeitig so schwer. Wie soll ich eine Entscheidung fällen, wenn ich in Kürze vielleicht zum Galgen geschleppt werde?«
»Oh nein, das werden wir nicht zulassen.«
Tormand musterte seinen Freund prüfend. »Hast du doch etwas gefunden, was dir die Zuversicht gibt, dass wir die Bestien bald fangen werden?«
»Immerhin weiß ich jetzt, wer die Frau ist. Das ist weitaus mehr, als wir bislang hatten, und es wird uns mit Sicherheit weiterhelfen. Bei dieser einen Begegnung, die ich mit dem Weib hatte, war sie zwar kaum mehr als ein Schatten, aber es gibt bestimmt jemanden, der sie näher kennt und weiß, wie sie aussieht. Und ich wette, es gibt auch Leute, die ihren riesigen Begleiter kennen. Ein Mann seiner Größe kann nicht unbemerkt herumlaufen, egal, wie geschickt er sich im Schatten herumdrücken kann.«
»Ich hatte mir mehr erhofft.«
»Wolltest du sie mit einem blutigen Messer in der Hand erwischen?«
»Aye, und das Ganze beenden. Es muss jetzt wirklich bald ein Ende haben, und zwar nicht nur, damit
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