Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition)

Titel: Die Sünden meiner Väter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Nugent
Vom Netzwerk:
Oliver passé, sie verlor kein Wort mehr über ihn. Er hatte weder auf ihre Briefe geantwortet noch ihre Anrufe erwidert. Sie schien sich damit abzufinden, dass man Liebe nicht erzwingen kann. Fortan konzentrierte sie sich ganz auf ihr Leben und auf jenes, das in ihr heranwuchs.
    Ich glaube, dass Laura zum Ende der Schwangerschaft hin mit dem Gedanken zu spielen begann, das Kind mit nach Irland zu nehmen. Sie wollte es bei sich haben, auch auf die Gefahr hin, ihrer Familie dadurch Schande zu bereiten. Ich diente ihr als Beispiel, dass eine alleinstehende Frau mit Kind ein völlig normales Leben führen konnte. Sie war sich zudem sicher, dass ihre Eltern zwar zunächst entsetzt sein, sie letztlich aber nicht abweisen würden. Ihre Familie könnte es sich leisten, sie finanziell zu unterstützen. Und selbst wenn von ihnen keine Unterstützung käme, hatte sie immer noch ihre Tante, die in einem entlegenen Winkel des Landes wohnte und bei der sie als »Witwe« leben könnte. Ich ermutigte sie in ihrem Vorhaben, denn ich fand, dass man eine Mutter und ihr Kind niemals voneinander trennen sollte. Ich ermutigte sie auch, ihrer Familie zu schreiben und ihnen die Wahrheit zu sagen, doch Laura wollte warten, bis das Kind auf der Welt war, ehe sie eine endgültige Entscheidung traf.
    Ich war wirklich sehr enttäuscht, als ich feststellte, dass Laura sowohl mich als auch Oliver belogen hatte. Dass sie ihm die Wahrheit verschwieg, kann ich natürlich verstehen, aber es gab keinen Grund, mich derart anzulügen. Selbst als der Beweis des Gegenteils uns geradezu ins Gesicht sprang, beharrte sie noch immer auf ihrer Lüge. Vielleicht war es das, diese Verleugnung der Realität, was sie letztlich um den Verstand gebracht hat. Nach der Geburt des Kindes erschien mir Olivers kaltes, abweisendes Verhalten ihr gegenüber plötzlich in einem ganz anderen Licht.
    In der zweiten Märzwoche hatten bei Laura die Wehen eingesetzt, ein wenig zu früh, doch bestand kein Anlass zur Sorge. Mittlerweile war Anne-Marie wieder genesen und zurück auf dem Château. Wir sahen keinen Grund, einen Arzt zu rufen, denn Anne-Marie war nicht nur die geschätzte Perle unserer Familie, sie war zudem eine ganz hervorragende Hebamme. Eine Ausbildung im eigentlichen Sinne hatte sie keine, dafür aber dem halben Dorf auf die Welt geholfen, einschließlich mir und Jean Luc. Nach einer kurzen Untersuchung auf Lauras Zimmer sagte Anne-Marie ganz richtig voraus, dass die Wehen nicht länger als vier Stunden dauern würden und dass es aufgrund von Lauras Jugend und guter Verfassung keine Komplikationen geben werde. Ich ging draußen im Korridor auf und ab, während Laura und Anne-Marie sich gemeinsam mühten; dann hörte ich einen Schrei. Erst einen erschrockenen Aufschrei von Anne-Marie, dann den ersten Schrei des Kindes. Als ich das Zimmer betrat, reichte Anne-Marie einer noch recht erhitzten Laura das kleine Bündel, bei dessen Anblick auch mir beinah ein ungläubiger Schrei entfahren wäre. Anne-Marie warf die Hände in die Luft, ging kopfschüttelnd hinaus und überließ alles Weitere mir. Ich traute meinen Augen kaum, aber das Baby war ohne jeden Zweifel métisse , ein Mischling. Es war ein schönes Kind, das Lauras strahlend blaue Augen hatte, aber eben auch die dunklen Locken und unverkennbaren Gesichtszüge eines Schwarzafrikaners. Es konnte gar keine Frage sein, Laura hatte Oliver mit einem der südafrikanischen Jungs betrogen. Ich muss gestehen, ich war schockiert. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Mon Dieu, quelle surprise!
    Lauras Reaktion auf die Geburt zu erleben war nicht minder erstaunlich. Die Hautfarbe ihres Kindes schien sie gar nicht zu bemerken; sie drückte es nur an sich, hielt es fest, als hinge ihr Leben daran.
    Wieder einmal wusste ich nicht recht, was ich zu ihr sagen sollte. »Sie ist schwarz«, sagte ich schließlich. Im ersten Moment schien Laura nicht zu verstehen, was ich meinte, dann sah sie ihrem Kind ins Gesicht – und setzte sich jäh auf. Sie hielt die Kleine von sich und starrte sie an. Nein, das sei sie nicht, erwiderte Laura, ich würde mich täuschen. Ich fragte, ob sie denn nicht damit gerechnet habe, und erkundigte mich vorsichtig, wer denn der Vater sei. »Oliver«, sagte sie, immer wieder und mit einer solchen Beharrlichkeit, als wolle sie sich selbst glauben machen, dass es so sei.
    Danach änderte sich meine Beziehung zu Laura. Ich gebe zu, dass ich mich von dem Kind fernhielt, so gut es ging. Der Verlust

Weitere Kostenlose Bücher