Die Suendenburg
lässt. Daher bin ich vergangene Nacht in die Scheune geschlichen, wo ich … Ich bin nicht stolz darauf, aber es musste sein. Irgendwie müssen wir zum Frieden finden, und auch, wenn Ihr die Tat missbilligt, so würde ich sie wieder begehen. Mit Agapets Tod habe ich jedoch nichts zu tun. Claire und ich hatten vor, damit zu leben, dass Agapet unser Kind für seines hält. Versteht Ihr mich, Vikar?«
Ich verstand ihn vollkommen, hatte ich selbst noch vor vier Monaten vor derselben Entscheidung gestanden. Doch wenn Aistulf Agapet nicht getötet hatte – und das glaubte ich ihm, denn wieso sollte er die eine Tat gestehen, die andere nicht –, wer hatte es dann getan?
»Wenn das jetzt bedeutet«, fügte Aistulf seinem Geständnis mit fester Stimme hinzu, »dass Ihr Claire des Mordes an Agapet bezichtigen wollt, so werde ich auch dieses Verbrechen gestehen, und zwar vor aller Welt, und die Schuld auf mich nehmen für das, was ich nicht getan habe.«
Ich hatte ihn richtig eingeschätzt. Für Claire würde er alles tun, so wie ich für Elicia. Und obwohl er seinem Tod unter dem Henkersbeil entgegensah, galten seine Gedanken der Frau, die er liebte.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bilhildis viel über meine Beziehung zu Claire aus der Zeit vor Agapets Tod weiß. Wir waren stets vorsichtig. Claire wäre nicht so unvorsichtig gewesen, mit Bilhildis über mich zu sprechen, zumal Claire wusste, dass Bilhildis und Agapet engen Umgang pflegten.«
»Claire wusste davon?«
»Ja, aber es störte sie nicht.«
»Wo fanden Eure geheimen Zusammenkünfte mit der Gräfin statt?«
»In meinem Gemach.«
»Nur dort?«
»Immer.«
»Und Euer Gemach ist …«
»… nicht weit von den Gemächern der Gräfin und des Grafen entfernt.«
»Nahe an der Kammer, wo Bilhildis schläft?«
»Keineswegs.«
»Könnte Raimund etwas erfahren haben?«
»Sehe ich so töricht aus, den Leibdiener Agapets einzuweihen?«
»Nicht einzuweihen. Aber falls er in Eurem Gemach auf eine Spur gestoßen ist … Habt Ihr ihm Zutritt erlaubt?«
»Im letzten Sommer hat er mir angeboten, mir während Agapets Abwesenheit zu dienen. Ich habe mich gewundert, dass einer sich freiwillig Arbeit aufbürdet, aber ich habe abgelehnt.«
»Könnte er sich dennoch Zutritt verschafft haben?«
»Völlig ausgeschlossen ist das nicht.«
»Irgendeinen Beweis wird Bilhildis liefern müssen, ihre Aussage allein wird nicht genügen. Was ist mit den drei traurigen Bardinnen?«
»Wem?«
»Verzeihung, den drei Zofen Franka, Frida und Ferhild, Bilhildis ’ Beinahe-Schwiegertöchtern. Vielleicht hat die Gräfin sich vor lauter Liebe und Glück verplaudert und …«
»Ausgeschlossen. Sie hat mir selbst gesagt, dass sie noch nicht einmal ihrem Beichtvater auch nur die geringste Andeutung gemacht hat.«
Aistulf wies mit einer kurzen Geste auf den Geistlichen an Claires Bett.
»Nikolaus ist der Beichtvater Eurer Gemahlin? Seit wann?«
»Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall seit ich auf die Burg kam, und das war vor drei Jahren. Warum? Was ist mit Euch?«
Das war seltsam. Bilhildis hatte damals, als ich überraschend in ihr Gemach geplatzt war und sie über allerlei Papieren sitzend vorgefunden hatte, behauptet, es handele sich bei den Papieren um Briefe der Gräfin an deren Beichtvater, den Abt von St. Trudpert. Wieso hatte sie gelogen? Doch wohl nur, um mir nicht zeigen zu müssen, was sie schrieb.
Ich ließ Aistulf stehen und wandte mich eilig an Elicia. Sie hatte darauf gewartet, endlich ein Wort mit mir zu wechseln, war nun jedoch von dem Moment, den ich dafür wählte, überrascht.
»Geht es dir gut? Wir haben noch nicht miteinander sprechen können, seit du zurück bist«, flüsterte sie. »Wo warst du gestern Nacht? Ich war bei dir, aber du warst nicht da.«
»Ich bin herumgelaufen. Ich konnte nicht schlafen.«
»Hast du versucht, zu mir zu kommen?«
»Nein, aber ich habe dich trotzdem vermisst. Du weißt nicht, wie sehr.«
»Doch, ich weiß es, Malvin. Ich …«
»Lass uns später reden. Jetzt musst du mir einen Gefallen erweisen, und nicht nur mir, auch deiner Mutter. Willst du das für sie tun?«
»Ja.«
»Sprich mit Bilhildis.«
»Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist.«
Ich hätte sie über Bilhildis und ihren Vater in Kenntnis setzen können, doch das hätte sie zu diesem Zeitpunkt nur verwirrt.
»Stelle sie zur Rede.«
»Schwierig bei jemandem, der stumm ist.«
»Was ich meine, ist: Sprich mit ihr, bring sie zur Vernunft, flehe sie an, was
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