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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Ohnmacht.
    Noch vor dem Hahnenschrei verließ ich Elicia gezwungenermaßen und ging in mein Gemach zurück, denn weder ihr noch mir wäre damit geholfen gewesen, wenn man mich später aus ihrer Kemenate hätte kommen sehen. Wir mussten noch immer sehr vorsichtig sein. Doch ich wollte sie auch nicht ohne Aufsicht und Pflege lassen, daher nahm ich mir vor, in einer Stunde eine der drei traurigen Bardinnen zu bitten, zu ihr zu gehen und bei ihr zu bleiben.
    Ich hatte soeben mein Gemach erreicht, als ich Rufe hörte: »Mord! Mord! Man hat sie getötet. Bilhildis ist tot. Bilhildis ist gemeuchelt worden.«
    Dann wurde es still. Es dauerte jedoch nur wenige Augenblicke, bis ein leises Rascheln zu hören war, das von allen Seiten kam, in ein Murmeln überging und in einem Klappern von Rüstungen mündete. Die ersten müden Gestalten traten in das Grau des frühen Tages, noch unschlüssig herumtappend. Einer sprach mit dem anderen, erste Aufschreie folgten.
    Ich betrat mein Gemach und schloss die Tür. Kurz darauf hämmerte eine Faust von außen dagegen.
    Ich entledigte mich meines Mantels, brachte meine Kleidung ein wenig in Unordnung und öffnete die Tür.
    »Ja, was ist?«
    Eine atemlose Wache sagte: »Herr, bitte kommt mit. Es ist etwas Furchtbares geschehen.«
    Ich zog mir den Mantel wieder über und folgte der Wache zu Bilhildis ’ Kammer.
    »Die stumme Dienerin Bilhildis ist verschwunden«, sagte er und wies in den menschenleeren Raum.
    »Nun, das muss nichts bedeuten. Sie könnte sonst wo sein. Auf dem Abort oder – vielleicht ist sie geflohen, weil sie sich nicht mit einer falschen Aussage vor Gericht versündigen will.«
    »Auf dem Abort und in der Gesindeküche haben wir bereits nachgesehen, dort ist sie nicht. Wir haben jedoch eine Spur entdeckt. Bitte tretet ein und seht, Herr.«
    Ich hatte in der Nacht, unmittelbar nach Bilhildis ’ Sturz, das auf dem Boden verstreute Geld in das Versteck zurückgelegt und dieses mit dem Ziegelstein verbaut. Die Schriften hatte ich an mich genommen und trug sie – zusammen mit meinen eigenen – in meinem Gewand mit mir herum.
    Die Wache führte mich zum Fenster und deutete auf das Mauerwerk. Das getrocknete Blut war auf den grauen, von Flechten überzogenen Steinen unübersehbar.
    »Ich verstehe, was dich beunruhigt. Zufällig ist mir bekannt, dass Bilhildis krank war und Blut erbrach. Diese Flecken können viele Tage alt sein.«
    »Ja, Herr. Ich verstehe, Herr.«
    »Ich habe vorhin die Rufe gehört. Wer hat ›Mord ‹ geschrien? Solche Gerüchte in die Welt zu setzen ist äußerst verwerflich.«
    »Wir wissen nicht, wer gerufen hat, Herr. Irgendein Mann.«
    »Was soll das heißen? Hat er sich nicht zu erkennen gegeben?«
    »Nein, Herr. Als mein Kamerad und ich hier ankamen …«
    In diesem Moment drang eine von weit her rufende Stimme heran. »Arnold! Arnold, bist du da oben?«
    »Verzeiht, Herr, das ist mein Kamerad. Er ist hinuntergelaufen.«
    »Hinunter?«
    »Zum Fuß der Steilwand.«
    Ich streckte meinen Kopf aus dem engen Fenster. Die Tiefe war schwindelerregend. Die Burgmauer ging geradewegs in die glatte Felswand über, und irgendwo weit unten sah ich unter knospenden Zweigen einen weiteren Wachmann stehen.
    »Arnold«, rief er, in dem Glauben, ich sei sein Kamerad, »hier liegt eine Frau. Der Schädel ist zertrümmert, aber ich glaube, es ist die Stumme. Noch stummer geht ’ s jetzt nicht mehr.«
    Ich vermutete, dass der Mönch – von dem ich später erfuhr, dass es Orendel war – derjenige gewesen war, der Alarm gerufen hatte. Er war der Mönch in der Kammer neben der von Bilhildis, er hatte sie aufsuchen wollen, hatte das offene Fenster bemerkt, das Blut gesehen und sofort geschlussfolgert, dass man sie umgebracht hatte, um ihre Anklage vor Gericht zu verhindern. Ich öffnete die Tür zu seiner Kammer, doch er war nicht mehr da.
    »Herr«, sagte Arnold, der mein Benehmen sicherlich sonderbar fand, »ich führe Euch hinunter zur Leiche.«
    »Ich finde allein dorthin. Ich möchte, dass du dies hier auf der Stelle der Gräfin überbringst.« Ich schrieb mit dem Kohlestift von Bilhildis ein paar kurze Zeilen, mit denen ich Gräfin Claire warnte, dass ihr Sohn sich in der Burg befand, jedoch von Bilhildis stark gegen sie und Aistulf beeinflusst worden war. Ich empfahl ihr, die Wachen vor ihrer und Aistulfs Kemenate zu verstärken.
    »Wecke sie auf, wenn es sein muss. Ich möchte dann, dass eine Wache vor der Tür der Herrin Elicia Stellung bezieht. Und lasse

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