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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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alleinigen Verbündeten. Meine Geschenke für Orendel taten ihr Übriges. Mal brachte ich ihm ein Fell, mal einen Würfelbecher, einen Käse, ein Kissen, ein Paar Stiefel. Solche Kleinigkeiten, die er früher verachtet hatte, waren plötzlich die Welt für ihn, zumal ich sie ihm »von Herzen« überreichte. Am wichtigsten jedoch waren ihm das Lumpenpapier und die Kohlestifte, die er brauchte, um seine Geschichten zu schreiben, wodurch seine Dankbarkeit stetig zunahm und immer wieder erneuert wurde. Er widmete mir Verse, fragte nach meiner Herkunft, meinen Eltern, was ich über dieses oder jenes denke, und wenngleich mir die Zunge fehlte, so fehlte es mir nicht an Möglichkeiten, ihn für ein paar Tage gut zu unterhalten. Bevor ich ihn wieder verließ, überreichte ich ihm jedes Mal einen kleinen Stapel Briefe, ungefähr zwölf, die ich zuvor verfasst hatte, und gab ihm zu verstehen, jede Woche einen dieser Briefe zu öffnen, sodass ich viel öfter als bisher bei ihm sein könnte, nämlich mittels meiner Worte. Das gefiel ihm gut.
    Es blieb nicht aus, dass er mich darum bat, ihn zu befreien. Längst waren sein Verschlag und die Mauer weiter verstärkt worden – auf unsere Kosten, was Raimund schmerzte –, da mit Orendels gefühlsmäßiger Entfernung von seiner Mutter auch sein Ungehorsam gegenüber dem Willen »der Gräfin« zunahm. Zudem wurde Orendel älter und, wenngleich er schlank und in Anbetracht seiner kargen Ernährung eher schwächlich war, wuchs mit seinem Alter auch die Gefahr seiner Flucht. Als ich ihm jedoch berichtete, dass für den Fall seiner Flucht die Gräfin gedroht hatte, einen Weg zu finden, Raimund und mich auspeitschen und ins Verlies werfen zu lassen, ließ er von Fluchtplänen jeder Art ab. Es war wirklich eine Wonne für mich, mit anzusehen, wie dieses Kind zunehmend von mir abhängig wurde, und zwar in jeder Hinsicht, ganz anders als meine Söhne, die als halbwüchsige Soldaten schon früh selbstständig geworden waren. Ich konnte es jedes Mal kaum noch erwarten, Orendel wieder zu besuchen, und beinahe wäre ich in die Falle getappt, dieses Kind wirklich lieben zu lernen und meinen Plan um seinetwillen aufzugeben. Wäre es mir häufiger vergönnt gewesen, Orendel zu sehen, wäre es vielleicht um mich geschehen gewesen. Doch die Abstände waren zu groß. Nur wenige Tage auf der Burg, im Angesicht der Gräfin, genügten mir, mich wieder zu fangen und mit jener Galle zu füllen, die notwendig war, um den Plan wie vorgesehen durchzuführen. Orendel war dann nur wieder ein Werkzeug. Er war für mich also das, von dem ich Orendel vorlog, es für die Gräfin zu sein.
    Das Harte, Feste, Zornige, das anfangs nur eine Andeutung gewesen war, wurde zu einem konstanten Bestandteil von Orendels Wesen. Er war sich darüber nicht im Klaren. Ich jedoch nahm es wahr. Es war mir schon bald gegeben, es in Wallung zu bringen und wieder zu besänftigen, ganz so wie ein Gott die Wogen. Orendel konnte – entsprechend seines stillen Daseins – äußerst zurückhaltend und sanft sein, ein Bräutigam der Einsamkeit, und niemand wäre auf die Idee gekommen, dass eine Art Fäulnis den Charakter des jungen Mannes befallen hatte. Mit seinem Äußeren verhielt es sich ganz genauso. An sich von einer Schönheit und Anmut, denen sogar das entsagungsvolle Leben nichts hat anhaben können (blonde Locken, blaue Augen, grazile Hände), findet sich für den Menschenkenner in seinen Augen und vor allem um seinen Mund herum jene Bitterkeit, die ich ihm im Bündnis mit der Lüge und der Zeit eingetrichtert habe. Es bedurfte nur weniger wohlausgesuchter Worte von mir, um das Böse in ihm zu erwecken, am leichtesten dadurch, dass ich ihm weinend eine weitere Gemeinheit der Gräfin unterbreitete, oder aber indem ich Sehnsüchte in ihm ansprach, die mit seinem früheren Leben zu tun hatten. Doch erst auf der letzten Fahrt zu Orendel, von der ich gestern zurückgekehrt bin, entstand in allen seinen Einzelheiten jener Plan, der sich nun, da ich diese Zeilen schreibe, bereits im Gange befindet. Endlich ist Fleisch geworden, was allzu lange bloß als vage Idee in mir geisterte, und es war – was für eine Ironie! – die Gräfin selbst, die mit ihrem Wunsch, Orendel zu sich zu holen, ohne es zu ahnen, ihren eigenen Untergang beschlossen hat. Ich werde sie erledigen. Es wird auf eine Weise geschehen, die schmerzvoller nicht sein könnte.
    Mit tiefbetrübter Miene trat ich vor wenigen Tagen in Orendels Klause ein, in meinen Händen

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