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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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kam Lena bekannt vor. War das nicht Albrecht, der erste Waffenknecht des Grafen?
    »Dann schau doch nach!« Diese Stimme kannte sie nicht.
    Aus dem Hintergrund hörten sie Gemurmel und Raunen. Wie viele Verfolger mochte der Graf ihnen in aller Eile nachgesandt haben?
    »Hinter dem Geistertor?« Albrecht wirkte verunsichert.
    Der zweite Mann lachte spöttisch. »Na, irgendwas musst du doch wagen. Du weißt, was der Graf verlangt hat.«
    »Von mir aus kannst du das Weib haben. Ich geh da nicht rein.«
    »Feigling. Dann tu ich es eben! Und wenn ich mit ihr fertig bin, kannst du dem Ägypter die Kehle durchschneiden.«
    Die Schritte kamen näher.
    Said schlich zu Philip und reichte ihm einen winzigen Gegenstand, den Lena nicht genau erkennen konnte. War es ein Beutelchen?
    »Habt keine Angst, was auch immer Ihr hört und seht«, raunte Philip ihr zu. Dann warf er das Säckchen mit ausgestrecktem Arm vor den Höhleneingang und ließ sich den Kienspan geben.
    Ein Donnerschlag zerriss die Luft, und ein kurzer Blitz erhellte die Nacht. Lena zuckte zusammen, hätte fast geschrien, doch der Schreck raubte ihr die Stimme. Es roch nach Rauch und Schwefel, als hätten sich die Pforten der Hölle geöffnet.
    Lena bekreuzigte sich.
    Erlöse uns jederzeit von allen Gefahren, o du glorreiche und gebenedeite Jungfrau.
    Philip trat durch den Rauch aus der Höhle hinaus, die Kapuze seines schwarzen Umhangs tief ins Gesicht gezogen.
    »Willkommen in meinem Reich! Ich habe schon lange auf Euch gewartet.« Seine Stimme klang seltsam fremd, die Laute hörten sich viel kehliger als gewöhnlich an.
    »Der Leibhaftige!«, gellte es durch die Nacht. »Gott beschütze uns!«
    Hastig gemurmelte Gebete. Irgendwo lösten sich Steine, etwas rutschte den Abhang hinunter. Rennende Füße. Weitere Steine lockerten sich und rollten den Hügel hinab. Irgendwer schrie schmerzerfüllt auf.
    »Wir sehen uns wieder!« Philip stieß ein schauriges Gelächter aus, das Lena die Gänsehaut über den Rücken trieb, ehe er in die Höhle zurückkam.
    »Was war das?« Sie bekreuzigte sich noch einmal.
    »Ein bisschen Geisterspuk und Mummenschanz. Habt keine Furcht, Frau Helena.«
    »Sie hielten Euch für den Leibhaftigen.«
    »Diese Strolche sahen nur, was sie sehen wollten. Angst ist eine wirksamere Waffe als das Schwert.«
    »Aber wie … wie habt Ihr diesen Höllenlärm verursacht?«
    »Wenn man bestimmte Substanzen in einem vorherbestimmten Verhältnis mischt und sie entzündet, entsteht diese eindrucksvolle Wirkung. Selbst im Orient ist die Zusammensetzung ein streng gehütetes Geheimnis, und ich bin mir nicht einmal sicher, ob es außer mir noch einen Christen gibt, der die Kraft des schwarzen Pulvers kennt.«
    »Also keine Höllenmacht?«
    »Nur die vorschriftsmäßige Anwendung einer exakten Wissenschaft.«
    Lena zog sich den Umgang fester um die Schultern.
    »Wie viele Masken tragt Ihr eigentlich, Herr Philip?«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Nun, ich gewann nicht den Eindruck, als hättet Ihr Euch heute zum ersten Mal für etwas ausgegeben, das Ihr gar nicht seid. Während andere Männer voller Stolz zu ihrem Namen stehen, webt Ihr Geheimnisse um Eure Person.«
    »Ihr wisst inzwischen, wer mein Vater war.«
    »Ja, wer Euer Vater war. Aber ich weiß noch immer nichts über Euch. Warum seid Ihr wirklich hierhergekommen? Um das Erbe anzutreten, das Euer Vater einst verschmähte?«
    Philip schüttelte den Kopf. »Mir liegt weder etwas an Burg Birkenfeld, noch wollte ich jemals Graf werden. Ich kam in dieses Land, weil mein Vater wünschte, dass ich seine alte Heimat kennenlerne.«
    »Wenn ihm das so wichtig war, warum hat er seine Familie dann in dem Glauben gelassen, er sei tot?«
    Philip antwortete nicht, sondern ging etwas tiefer in die Höhle hinein.
    »Ist das der Gang, den du meintest, Said?«
    Der Araber nickte.
    »Das will ich mir einmal näher anschauen. Gib mir das Seil!«
    Said trat zu seinem Pferd und zog ein langes Seil aus einer der Satteltaschen.
    »Was soll das werden?«, fragte Lena.
    »Ich möchte sehen, wohin dieser Weg führt. Wenn ich schon bei Geistern zu Besuch bin, will ich nicht versäumen, ihnen meine Aufwartung zu machen.«
    »Ihr seid leichtsinnig. Ihr wolltet mich nach Sankt Michaelis bringen.«
    »Das werde ich auch tun, Ihr müsst Euch nur eine kleine Weile gedulden.«
    Philip knotete sich das Seil um den Leib und befestigte das andere Ende an einem Felsvorsprung. Dann ließ er sich von Said einen neuen brennenden Kienspan geben

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