Die Sündenheilerin (German Edition)
Tribüne zu. Fürst Leopold hatte sich von seinem Lehnstuhl erhoben.
»Philip Aegypticus, einem Streiter wie Euch begegnet man selten. Nur einmal in der Vergangenheit sah ich einen Mann, der Euch gleichgekommen wäre.«
»Ich danke Euch, mein Fürst«, antwortete Philip.
»So kommt denn herauf zu uns, auf dass Ihr, wie es der Sitte gebührt, aus der Hand Eurer Dame, für deren Ehre Ihr gestritten habt, den Siegerkranz erhaltet.«
Philip stieg vom Pferd und nahm den Helm ab. Noch während er die Stufen zur Tribüne emporstieg, sah er, wie ein Herold Lena ein kleines rotes Kissen reichte, auf dem ein gewundener Kranz aus vergoldeten Lorbeerblättern lag.
Er atmete tief durch, hörte kaum die Fanfaren, die ihm zu Ehren erklangen, nicht den Jubel, nicht den Beifall. Was, wenn sie Nein sagen würde? Oder schlimmer, einfach nur Ja, weil sie sich so bedrängt fühlte?
Johann von Hohnstein stand nahe der Treppe. Philip konnte überdeutlich sehen, wie sehr der Hohnsteiner darauf wartete. Der Mann hatte eine größere Schwäche für galante Gesten als manches Weib. Warum hatte er bloß am Tag zuvor im Zelt des Hohnsteiners nicht den Mund gehalten? Er hätte sich nicht darauf einlassen sollen. Hätte Lena ganz allein und heimlich fragen sollen. So heimlich, dass ihn ein Nein nicht vernichten würde. So heimlich, dass sie sich nicht verpflichtet fühlen würde. Er seufzte. Vermutlich weil er dann nie den Mut aufbringen würde. Zweimal war er kurz davor gewesen, an jenem ersten Abend des Turniers. Hatte ihre Blicke gesehen, die ihn aufzufordern schienen, und dennoch geschwiegen. Was war er doch für ein Feigling.
Sie lächelte ihn an, lieblicher, als ihn jemals eine Frau angelächelt hatte. Voller Stolz hielt sie den Siegeskranz in den Händen. Er kniete vor ihr nieder. Ihre Hand war kaum zu spüren, als sie ihm den Kranz aufs Haupt setzte. Er hob den Kopf. Fand ihren Blick. Jetzt oder nie. Er atmete noch einmal tief durch, dann ergriff er ihre Hand.
»Helena von Eversbrück, in den letzten drei Tagen trug ich nicht nur mein Wappen, sondern kämpfte auch in deinem Zeichen. Wirst du mir erlauben, dein Wappen für alle Ewigkeit dem meinen hinzuzufügen? Auf dass wir eine neue Linie begründen? Wirst du mir erlauben, dich dorthin zu führen, wo in allen Zeiten Wunder geschahen und auch heute noch geschehen, wenn der Mond den Nil küsst? Helena von Eversbrück, willst du meine Frau werden?«
Endlich war es heraus!
Ihre Augen weiteten sich, als könne sie es kaum fassen.
Gott im Himmel, sie wird Nein sagen!
»Ja!«, rief sie so laut, dass es über das ganze Turnierfeld hallte. »Ja, ich will!«
Sofort stand er wieder auf den Beinen und nahm sie in die Arme. Hinter sich hörte er Johann wie zuvor schon von der Doppelhochzeit sprechen, und Mechthild schluchzte gerührt. »Endlich!«, rief Schwester Margarita.
Seine Worte wurden von Mund zu Mund weitergetragen, und das Volk jubelte, als könne ihm die Stimme niemals versagen.
»Du willst mir wirklich nach Alexandria folgen, sobald all jene ihrer Strafe zugeführt sind, die so viel Unglück über dich und die Gegend brachten?«, flüsterte Philip, noch während er Lena im Arm hielt.
»Ja«, hauchte sie. »Ich folge dir ans Ende der Welt.«
Was war er für ein Narr gewesen! Er hätte gleich den unausgesprochenen Worten ihrer Augen vertrauen sollen.
»Ich wusste es.« Said grinste breit, als sie spätabends wieder in ihrer Kammer waren.
»Dass sie Ja sagen würde?« Während des ganzen Abends hatte Philip seine Augen nicht mehr von Lena abwenden können, hatte bei dem großen Bankett, das im Anschluss an das Turnier im Rittersaal abgehalten worden war, kaum einen Blick für die Vorstellungen der Gaukler und Tänzer gehabt. Lena hatte ihn erhört. Sie wollte sein Weib werden. Sie würde mit ihm nach Alexandria kommen.
»Nein, dass du irgendwann wie ein Fisch auf dem Trockenen umgarnt im Netz liegen wirst. Nach Luft schnappend in den Fängen eines Weibes, das dich nie mehr loslassen wird.«
»Ich hoffe doch sehr, dass sie mich nie mehr loslassen wird. Außerdem wird sie mich nicht im Netz ersticken lassen.«
»Nein, sie wird dich behutsam in ihren kleinen Fischteich setzen, auf dass sie sich daran erfreuen kann, wie du für sie im Kreis schwimmst.«
»So, so. Nun, zum Glück werde ich nicht lange allein in diesem Teich umherpaddeln. Sophia wird dich gewiss bald hinzusetzen, und dann können wir zusammen unsere Kreise drehen und uns mit unseren kleinen Flossen
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