Die Sündenheilerin (German Edition)
Philip nicht weiter, sondern wandte sich an Fürst Leopold.
»Mein Fürst, ich erwarte, dass Ihr zu Eurem treuen Vasallen steht, der Euch das Kostbarste bietet, was er besitzt. Mein Lehnseid bindet mich an Euch, doch verlangt er auch von Euch Unterstützung.«
»Oh, oh«, flüsterte Johann Philip zu. »Da werden wir den Bengel doch mitnehmen müssen.«
»Es wird dem jungen Eberhard gewiss nicht schaden, wenn er lernt, sich unter dem Kommando erfahrener Ritter zu bewegen«, entgegnete der Fürst so gelassen, als hätte er die unterschwellige Drohung nicht wahrgenommen.
Nachdem die letzten Einzelheiten des Zugs gegen die Räuberbande besprochen waren, löste sich die Runde auf.
»Bilde dir nicht zu viel ein, Heidenfreund«, zischte Ulf Philip beim Hinausgehen zu. »Beim Turnier magst du die glücklichere Lanze geführt haben, aber ganz gleich, wie sehr du den Fürsten mit deinen Possen erfreust, im Zweifelsfall wird er doch das tun, was ich von ihm verlange.«
Philip zwang sich zu einem Lächeln. »Vielen Dank für den Rat. Dann wollen wir nur hoffen, dass der gute Eberhard nicht sauweich von seiner ersten Bewährungsprobe zurückkommt.«
Ulf von Regenstein starrte Philip verdutzt an, während Johann von Hohnstein laut losprustete. »Verschwendet nicht Eure Gaben, Herr Philip. Die Regensteiner verstehen keine Wortspiele«, gluckste er.
Ulf schnaubte verächtlich, dann drängte er sich an den beiden vorbei.
Lange vor Sonnenaufgang trafen sich die Ritter und Waffenknechte vor Burg Schlanstedt. Philip hoffte, das Lager mit dem ersten Morgenlicht zu erreichen und die Räuber möglichst noch im Schlaf zu überraschen.
Obgleich der junge Leopold unter ihnen war, überließen die Männer sich bereitwillig Philips Führung. Er hatte seine Kampfkraft im Turnier bewiesen und kannte als Einziger den Weg zum Räuberlager.
Sogar der junge Eberhard von Regenstein hielt sich zurück, dennoch war Philip sich sicher, dass der Bursche ihm noch Ärger machen würde.
Leopold rief den jungen Regensteiner zu sich und verlangte von ihm, sich überwiegend in seiner Nähe aufzuhalten. Philip war ihm dankbar dafür, denn in Gegenwart des Fürstensohnes nahm sich der Bengel keine Frechheiten heraus.
Als sich der erste rote Streif am Horizont abzeichnete, verließen sie die befestigte Straße. Ganz in der Nähe lag die Holzfällerhütte, in der Philip Thea so oft getroffen hatte. Thea … Bei dem Gedanken an sie spürte er einen schmerzhaften Stich. Sie würde es als Verrat empfinden. Zu Recht, doch hatte er eine Wahl? Handelte er nicht ähnlich wie sie an jenem Tag, da sie Alwin den Kopf abgeschlagen hatte? Seine Hand tastete nach dem edelsteinbesetzten Kreuz in seinem Beutel. Die Gabe ihrer Mutter. Er würde alles tun, um Thea unbemerkt zur Flucht zu verhelfen, aber ob sie dazu bereit war? Oder würde sie wie eine rote Furie zu ihrem Schwert greifen und gegen die Übermacht ankämpfen? Versuchen, ihn zu töten? Vermutlich ja. Und er war sich nicht einmal sicher, ob er es nicht verdient hätte.
»Ihr seid so schweigsam, Herr Philip.« Johann von Hohnstein lenkte sein Pferd neben Philip.
»Der Wald trägt die Laute weit in der Nacht hinaus. Ich will nicht, dass die Bande vorzeitig gewarnt wird.«
»So sind wir also bald da?«
Philip nickte. »Bei dem großen Baum dort vorn sollten wir die Fackeln löschen, damit ihr Schein uns nicht verrät. Dahinter beginnt die Lichtung, auf der die Räuber ihre Burg errichtet haben.«
Auch Leopold lenkte sein Pferd näher heran.
»Ist es so weit?«
»Gleich, Herr Leopold. Wir werden uns trennen. Ihr werdet mit den Männern in Sichtweite des Tores warten. Ich werde mit Johann von Hohnstein um das Lager herumreiten, über den großen Felsrücken klettern und versuchen, das Tor von innen zu öffnen.«
»Ich will den Fels erklimmen!« Eberhard hatte sich vorgedrängt. Er ritt den prächtigen Goldfuchs seines Vaters, der wild schnaubte und mit den Hufen scharrte.
»Dafür brauche ich einen erfahrenen Mann«, widersprach Philip. »Du bleibst bei Herrn Leopold.«
»Ich bin erfahren!«, brauste der Junge auf.
»Du tust, was ich dir sage!«
»Eberhard wird auf unsere Pferde aufpassen«, griff Leopold beschwichtigend ein.
»Ich kann kämpfen!«
»Du wirst bei den Pferden bleiben.« Leopolds Stimme duldete keinen Widerspruch. Eberhard murrte noch ein wenig, gab aber Ruhe, als Philip und Johann ihre Fackeln löschten und davonritten.
»Alle Achtung, ein stolzes Lager!«, flüsterte Johann. »Ist
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