Die Sündenheilerin (German Edition)
Schreie, Weiber rannten kreischend davon, Schwerter schlugen aufeinander. Da traf ihn ein heftiger Schmerz an der Schulter, und um ein Haar hätte er die Waffe fallen gelassen. Für einen Moment nur war er unaufmerksam gewesen, und den hatte Barbarossa genutzt, seine Deckung zu durchdringen. Hätte Philip kein Kettenhemd getragen, hätte der Hieb ihm die rechte Schulter durchbohrt. Dennoch war er übel getroffen. Auch wenn kein Blut floss, so hatte er doch kein Gefühl mehr in den Fingern.
Barbarossa lachte. »Das hast du wohl nicht erwartet, Bürschchen, was? Otto war immer nur ein Meister mit der Lanze. Vom Schwert verstand er nichts.«
»Das werden wir ja sehen!«, schrie Philip und wechselte die Schwerthand. Saids Vater Harun war ein ausgezeichneter Fechter, konnte mit zwei krummen Säbeln gleichzeitig furchtbares Unheil anrichten. Er hatte Said und ihm alles beigebracht. Aber es war etwas anderes, in jeder Hand einen Säbel zu führen, als die starke Führhand zu wechseln.
»Das nutzt dir gar nichts!«, brüllte Barbarossa.
Philip fing den nächsten Hieb mit seinem schwächeren linken Arm ab, doch das brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht.
Auf einmal geriet Barbarossa aus dem Tritt und schwankte. Johann von Hohnstein hatte dem Räuberhauptmann aus beachtlicher Entfernung einen Krug an den Kopf geworfen. Philip nutzte seinen kurzen Vorteil und durchbohrte die ungeschützte rechte Schulter seines Gegners mit beinahe demselben Hieb, den er selbst kurz zuvor hatte einstecken müssen.
Dann verpasste er ihm einen Tritt in den Unterleib. Barbarossa sank in die Knie, und Philip setzte ihm sein Schwert an die Kehle.
»Feiger Hund!«, schrie Barbarossa und presste stöhnend seine Linke auf die Wunde. Doch er leistete keinen Widerstand mehr gegen die Waffenknechte, die von allen Seiten auf ihn zustürzten und ihn in Fesseln legten. Johann von Hohnstein kam langsam näher. In der Hand hielt er einen zweiten Krug und grinste.
»Verzeiht, dass ich mich eingemischt habe, aber ich dachte, Ihr könntet ein bisschen Hilfe gebrauchen.«
»Ich danke Euch.«
»Ein guter Kampf.«
Jetzt kam auch Leopold hinzu.
»Wir haben fast alle erwischt. Nur ein paar Weiber sind entkommen.«
»Lass die Weiber, die sind zwar verworfen, aber nicht gefährlich. Werden sich wohl künftig wieder als Huren in den billigen Schenken herumtreiben«, antwortete Johann von Hohnstein gelassen. Philip atmete tief durch. Hohnstein kannte Thea nicht.
»Ihr habt Barbarossa lebend gefasst?« Leopold zog anerkennend die Brauen hoch. »Ihr seid ein Kämpfer, wie man selten einen trifft, Herr Philip.«
»Die Ehre gebührt wohl eher Herrn Johann«, antwortete Philip und rieb sich die taube Schulter. Das Gefühl kehrte nur langsam in die Finger zurück.
»Ach was, ich wollte nur nachsehen, ob noch etwas Bier da ist. Und dabei ist mir wohl ein Krug aus der Hand gefallen.« Er zwinkerte Philip zu.
Die Beute im Räuberlager war enttäuschend. Die Männer hatten mit Gold und Geschmeide gerechnet, aber alles, was sie fanden, waren Waffen, Pferde, Lebensmittelvorräte, Bier, Wein und einige wenige Kostbarkeiten wie Seidenstoffe und Rosenöl.
Die Waffenknechte durchwühlten das gesamte Lager, untersuchten sogar den Fußboden in Barbarossas Hütte auf Hohlräume. Vergebens. Es gab kein geheimes Goldversteck.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als die letzten Gebäude des Räuberlagers in Flammen aufgingen und der große Palisadenwall geschleift wurde. Während Leopold befahl, die Gefangenen auf die erbeuteten Pferde zu binden, holten Johann und Philip ihre eigenen Tiere aus dem Versteck beim Felsen.
Es hätte ein Triumph sein können. Ein großer Sieg. Von nun an würden die Wälder wieder sicher sein. Dennoch blieb ein schaler Nachgeschmack. Er hatte Thea verraten. Was war schon ein Beutel Gold gegen den Verlust all dessen, was ihr vertraut war? Wohin sollte sie sich wenden? Schutzlos, ohne Waffen? Ob sie in der Holzfällerhütte Zuflucht gesucht hatte?
»Was ist mit Euch?«, fragte Johann, während er in den Sattel stieg. »Es scheint, als könntet Ihr Euch gar nicht an unserem Sieg erfreuen.«
»Wahrscheinlich ist nur mein Stolz angeschlagen, weil ich Barbarossa unterschätzt habe.« Wie gut er doch lügen konnte. Was scherte ihn schon sein Kampf gegen Barbarossa, wenn er daran dachte, dass er eine Frau verraten hatte, die ihm vertraut hatte?
»Ihr habt gut gekämpft. Ihr hättet auch ohne mein Eingreifen gesiegt, aber vielleicht hätten wir den
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