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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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Seite stehen als eine fromme Jungfrau?«
    »Und wenn er erfährt, was tatsächlich geschehen ist? Dass niemand ihm glauben wird?«
    Bevor Philip antworten konnte, kam der junge Leopold auf sie zu.
    »Guten Morgen, Herr Leopold«, begrüßte Philip den Sohn des Fürsten. »Ihr seht aus, als wärt Ihr in Eile.«
    »Guten Morgen. Ja, das bin ich. Meister Hans hat sich des Rotbarts angenommen, der verstockt ist wie kaum ein anderer. Wisst Ihr, was geschah, als man ihm die Werkzeuge zeigte, die eigentlich jeden Christenmenschen das Grausen lehren sollten?«
    »Ihr werdet es mir gewiss gleich sagen.«
    »Er lachte nur und fragte Meister Hans, ob er ihm die Dinger verkaufen wolle, so wie er sie anpreise. Zum Angstmachen gehöre mehr.«
    »Er wird nicht reden, was immer man mit ihm anstellen mag«, sagte Philip. »Das ist sein letzter Triumph, den wird er sich nicht nehmen lassen.«
    »Es sei denn, wir nehmen ihm den Triumph«, entgegnete Lena und wunderte sich über sich selbst. Woher nahm sie den Mut, sich in dieses Gespräch einzumischen? In dem es um Angelegenheiten ging, mit denen sie nichts zu tun haben wollte?
    Beide Männer sahen sie überrascht an.
    »Und wie?«, fragte Leopold.
    »Darf ich den Räuber sehen?«
    »Das ist kein Ort für eine Frau«, wehrte Philip ab.
    »Das mag sein, aber wenn er aussagen soll, dann lass mich mit ihm sprechen.«
    »Glaubst du wirklich, du kannst ihn mit deiner Freundlichkeit erweichen?«
    »Wer sagt denn, dass ich freundlich sein werde?«
    »Wenn Ihr es wirklich wünscht, Frau Helena, dann bringe ich Euch zu ihm.«
    »Ich danke Euch, Herr Leopold.«
    Philip runzelte die Stirn. Lena wich seinem Blick aus.
    Der Fürstensohn ging voran, Lena folgte ihm. Philip blieb an ihrer Seite. Trotz seiner Missbilligung reichte er ihr seinen Arm. Dankbar nahm sie die Geste an, mit der er sie seines Schutzes und seiner Unterstützung versicherte.
    Nie zuvor hatte Lena ein Verlies betreten, nie den gedämpften Schein der rußigen Talglichter gesehen, den Gestank aus Moder, verfaultem Stroh und Angst gerochen. Dennoch blieb ihr Schritt fest, als sie an Philips Seite die steinernen Stufen hinabschritt. Für wie viele Menschen mochten es Treppen in die Verzweiflung gewesen sein? Was mochte Barbarossa gedacht haben, als man ihn hier hinunterführte? Schützte seine heiße Wut ihn vor der Angst?
    Der Geruch brennender Holzscheite mischte sich in den Moder, je tiefer sie nach unten stiegen. Ob Meister Hans schon begonnen hatte? Bei dem Gedanken daran zogen sich ihre Eingeweide schmerzhaft zusammen. Vielleicht hätte sie doch auf Philip hören sollen.
    Es hatte noch nicht begonnen, jedenfalls nicht mit aller Härte. Barbarossa war mit dem Rücken zur Wand angekettet, die Arme hoch über dem Kopf. Allein diese Art der Fesselung musste schmerzhaft sein, noch dazu mit seiner Schulterwunde. Der alte Räuber ließ sich jedoch nichts anmerken. Im Gegenteil, er lachte, als sie eintraten.
    »Oho, hoher Besuch! Willst deinem Liebchen zeigen, was aus dem Mann wird, der beinahe dein Schwiegervater geworden wäre?«
    Philip schwieg, doch Lena spürte, wie sich die Muskeln seines Arms unter ihrer Hand anspannten.
    »Nein, das will er nicht.« Lena ließ Philip los und trat so nahe vor den Räuber, dass sie seinen Schweiß roch.
    »Also wolltest du es?« Er grinste sie höhnisch an. »Hast wohl Sehnsucht gehabt, was? Hast dich die ganze Zeit gefragt, wie es gewesen wäre, wenn ich dich damals mitgenommen hätte.«
    Sie hielt seinem Blick stand. In ihren Albträumen hatte sie dieses Gesicht immer wieder gesehen. Die blutrote Seelenflamme, aus der schon die Hölle zu leuchten schien. Ein Mann bar jeder Menschlichkeit.
    »Hat dich geil gemacht, wie?« Er lachte. »Ich hab gesehen, wie deine Brustwarzen sich an den blutigen Stoff schmiegten. Du hättest es gern gehabt, wenn ich dich genommen hätte, nicht wahr?«
    Noch ehe Lena antworten konnte, war Philip an ihrer Seite und schlug dem Mörder mit aller Kraft ins Gesicht.
    »Komm, Lena, das musst du dir nicht länger anhören!« Er griff nach ihrer Hand.
    Barbarossa lachte trotz des harten Schlags.
    »Bitte, Philip, tritt ein Stück zurück. Ich will mit ihm allein sprechen.«
    »Mit diesem Abschaum? Wozu? Damit er dich weiter beleidigt?«
    In Philips Augen sah sie all den Schmerz, den sie selbst empfunden hatte. Barbarossa war der Mörder ihres Bräutigams. Der Mörder ihres Vaters. Ihrer ganzen Familie.
    »Bitte, Philip.«
    Er zögerte kurz, dann nickte er und gesellte

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