Die Sündenheilerin (German Edition)
sich zu Leopold und Meister Hans in den Hintergrund.
»Was für ein gehorsamer, braver Ritter. Na, und liegt er auch vor dir auf den Knien und betet dich an? So wie es nur Schwächlinge tun?« Barbarossas Augen funkelten bösartig.
»Ich wollte Euch noch einmal sehen, Theodrich von Limbach«, sagte sie, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
Zum ersten Mal schwieg er. Berührte es ihn, dass sie seinen wahren Namen kannte?
»Ja, jetzt könnt Ihr Euch nicht mehr hinter dem Namen Barbarossa verstecken«, fuhr sie fort. »Der Mörder Barbarossa ist schon tot. Gestorben, als seine Bande ausgeräuchert wurde. Ich wollte mir Theodrich von Limbach ansehen.«
Sie sah ihm unverwandt in die Augen. Hielt der blutroten Seelenflamme stand, die Wutfunken sprühte.
»Ich kenne Euch besser, als Ihr ahnt, Herr Theodrich.«
Seine Hände ballten sich zu Fäusten, doch er sagte weiterhin kein Wort.
Lena trat noch weiter vor.
»Viel besser, als Ihr denkt«, flüsterte sie so leise, dass nur er es hören konnte. »Ich weiß von dem jungen Ritter, der seine Liebe Clara von Askanien schenkte. Der alles gegeben hätte, um sie als sein Weib heimzuführen. Der ihr Gedichte schreiben ließ und ihre Schönheit besang. Erinnert Ihr Euch auch, Herr Theodrich?«
»Schweig!«, brüllte er.
»Ich soll schweigen? Aber warum denn? Soll das Beste an Euch verloren gehen? Oder war es nur eine sentimentale Schwäche? So wie in jener Nacht, als Ihr zu ihr ins Kloster kamt, um sie zu holen?«
»Halt’s Maul!« Er riss an den Ketten. Sofort war Philip neben ihr, doch Lena schob ihn zurück.
»Lass, das geht nur uns beide an.«
Irgendetwas war in ihrem Blick, das Philip zurückweichen ließ. War es dasselbe, was Barbarossa sah?
»Ich werde nicht schweigen«, flüsterte sie dem Räuber zu. »Du sollst es immer und immer wieder hören. Weißt du noch, wie es war, als du vor ihr auf die Knie fielst und sie anflehtest, mit dir zu kommen? Erst den Saum ihres Habits küsstest, weil du ihr niemals anders als ehrfürchtig entgegentreten konntest? Und schließlich ihre Füße, doch sie blieb hart und schickte dich fort. Ließ sich nicht einmal mit dem Gedanken an euer gemeinsames Kind erweichen, dem du so viel mehr Zuneigung schenktest, als es die eigene Mutter tat.«
Ein unmenschlicher Schrei drang aus Barbarossas Kehle. Wie ein wildes Tier riss er an den Ketten, und da wusste Lena, dass sie gewonnen hatte.
»Du redest vor Herrn Philip über Thea, doch in Wahrheit bist du ihm dankbar, dass er von ihr schweigt, nicht wahr? Denn so ist wenigstens sie entkommen.«
»Du bist die Schlange, die Eva verführte!«, zischte er.
»Nein, ich bin nur diejenige, die die Wahrheit sagt. Du selbst warst der Schwächling, der vor einem Weib auf den Knien lag. Glaubst du, die Menschen werden noch Angst vor dir haben? Wenn sie erfahren, wer du wirklich bist? Wer Theodrich von Limbach wirklich war? Nicht der starke Ritter, der jeden im Turnier werfen konnte. Nicht der Mann, der Rache schwor und sich dem Satan verschrieb. Nicht das blutrünstige Ungeheuer, das alle Menschen fürchten. Sondern nur ein armer, schwacher Mann, der liebte. Ein gefühlvoller Ritter, der alles für eine Frau opferte, ihr zu Füßen lag und doch verstoßen wurde. Weil sie das Kloster dem Leben vorzog, das er ihr bieten konnte.«
Barbarossas Augen sprühten noch immer Wutfunken. »Halt endlich dein Maul!«
»Glaubst du wirklich, du könntest mir das Reden verbieten? Jetzt musst du dich meinen Worten stellen, du hast kein Schwert, nur deinen Mund, um mir entgegenzutreten. Warum hast du Clara nicht ergriffen und fortgeführt? Weil du es nicht konntest. Weil du sie zu sehr geliebt hast, um ihr wehzutun.«
»Du dreckiges Miststück! Ich bring dich um!«
Sofort war Philip wieder an ihrer Seite, doch ebenso sanft wie zuvor schob sie ihn zurück.
»Lass uns, Philip. Wir sind alte Bekannte und teilen viele Erinnerungen.«
Philip trat zurück. Die blutrote Flamme in Barbarossas Augen war nur noch ein schwaches Glimmen. Lena lächelte. All die Bilder, die er niemals mehr ansehen wollte, hatte sie ihm wieder vor Augen geführt. All die Erinnerungen an Clara. Gewiss, Lena hatte der Mutter Oberin geschworen, nicht darüber zu sprechen, doch in diesem Fall hätte die Äbtissin ihr Handeln gewiss gutgeheißen.
»Wenn ich es recht bedenke, bist du bemitleidenswerter als alle deine Opfer. Ich verzeihe dir, Theodrich von Limbach.«
»Glaubst du, ich will deine Vergebung?« Er spie es heraus.
»Das ist mir
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