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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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wirklich ein spöttisches Lächeln, oder bildete er es sich nur ein?
    »Wir brauchen keinen Kämpen. Geht zurück ins Bett, Ihr könnt hier nicht helfen.«
    Er ließ die Waffe sinken. »Sagt mir, was geschehen ist.«
    »Die Gräfin ist erkrankt. Und nun lasst mich durch, damit ich ihr zu Hilfe eilen kann.«
    Er trat beiseite. Im Vorübereilen berührten sich ihre Körper, sie schien es kaum wahrzunehmen, schon entschwand sie seinen Blicken, doch er hatte das Gefühl, ein Teil ihrer Wärme sei bei ihm geblieben. Er atmete tief durch, nahm die gellenden Schreie kaum mehr wahr, die noch immer die Burg erzittern ließen. Als er sich umwandte, stand Said hinter ihm.
    »Was für ein Land.« Der Araber schüttelte ungläubig den Kopf.
    Gemeinsam stiegen sie hinauf zu ihrer Kammer und verschlossen die Tür hinter sich. »Welche Krankheit mag solches Leid verursachen, dass die Schreie einem die Seele zerschneiden?«, fragte Philip den Freund.
    Said antwortete nicht, betreten blickte er zu Boden. Sofort bereute Philip seine Frage. Es gab tausend Möglichkeiten, doch in den Augen seines Freundes stand die Einzige, deren er sich erinnerte. Auch Philips Gedanken schweiften zurück in jene Nacht, die sich unauslöschlich in beider Gedächtnis gebrannt hatte. Fünf Jahre war er alt gewesen, Schreie gellten durch die Nacht, rissen ihn aus dem Schlaf, trieben ihn zum Fenster. Eine Frau, blutend, wimmernd, einen kleinen Knaben an der Hand. Ihr hochschwangerer Leib durchbohrt von einem Schwert, doch sie lief weiter, stürzte, der kleine Junge an ihrer Hand sagte kein Wort, während ihr Mann, selbst schwer verletzt, mühsam versuchte, sie zu verteidigen. Die Stimme seiner Mutter, die den Namen seines Vaters rief. Sein Vater, der furchtlos nach draußen stürmte, sich den Männern entgegenstellte, die der Frau und ihrem Sohn zu Leibe rückten. Der Seite an Seite mit ihrem verletzten Gatten kämpfte, ohne ihn zu kennen. Schreie, das Geräusch, als Metall auf Metall schlug, grässliches Kratzen über eine Rüstung, ein Stöhnen. Selbst blutend, brachte Philips Vater die sterbende Frau und ihre Familie in sein Haus. In dieser Nacht verlor Said seine Mutter, aber Philip fand einen Freund und Bruder.
    Am nächsten Morgen fühlte er sich wie zerschlagen, konnte sich nicht mehr erinnern, ob die Schreie wirklich die ganze Nacht angehalten hatten oder ob es nur der Nachklang der alten Erinnerung war. Er warf einen Blick auf Said, der erstaunlich friedlich schlief. Leise, um den Freund nicht zu wecken, stand Philip auf und öffnete den hölzernen Fensterladen. Morgenluft strömte in die Kammer, kühl und frisch, belebte seine Seele, vertrieb die düsteren Bilder. Er griff nach einer seiner Reisetaschen, öffnete sie und zog ein schweres Buch heraus, der Einband aus dickem Leder mit Goldbeschlägen, die Seiten aus feinstem Pergament. Der größte Schatz, den er sein Eigen nannte. Er schlug die Seiten auf, suchte nach einer bestimmten Stelle, überflog die arabischen Schriftzeichen, die ihm seit seiner Kindheit vertraut waren. Manchmal fragte er sich, ob er wohl der einzige Christ war, der eine Abschrift dieses Buches besaß, des größten Hortes an Wissen, den die Sarazenen hüteten. Der Preis war hoch gewesen, nicht mit Gold zu begleichen, sondern mit Blut.
    Mit einem lauten Knall schlug er das Buch zu. Keine bösen Erinnerungen mehr, nicht heute, an einem Tag, da die Sonne den Raureif von den Bäumen küsste.
    »Glaubst du, du brauchst es?«
    Er fuhr herum. Er hatte gar nicht bemerkt, dass Said aufgestanden war.
    »Ich weiß nicht recht. Ich dachte, es könnte nicht schaden.« Langsam, fast liebkosend strichen Philips Finger über den ledernen Einband. »Ich werde ins Dorf reiten und sehen, was ich dort bekommen kann.«
    »Sei ehrlich zu mir, Philip. Was verschweigst du mir?«
    Das Bild des sterbenden Räubers flammte in Philips Gedächtnis auf. Hände, die sich schmerzverkrallt in dunkle Erde wühlen, Gedärm, das auf dem Waldboden zittert. Ein würgendes Gefühl stieg in Philips Hals auf. Er hatte noch nie Geheimnisse vor Said gehabt.
    Ihre Blicke trafen sich. Eine kleine Ewigkeit verging, ehe er die Augen niederschlug.
    »Ist es so schlimm?« Es lag kein Vorwurf in Saids Stimme, eher Mitgefühl.
    Philip schluckte, dann straffte er den Rücken. »Schlimmer.«
    »Manche Last trägt sich leichter, wenn man sie teilt.«
    »Diese nicht«, widersprach Philip. »Vertrau mir einfach.«
    »Vertraue ich dir nicht immer?« Der kleine Araber lächelte

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