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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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erst recht, da jeder Blick sich lohnte und er es zu genießen schien. Hastig schüttelte sie ihre Unsicherheit ab und wandte sich stattdessen seinem Begleiter zu.
    Im Gegensatz zu Philip hatte dieser nur den seltsamen Reisemantel abgelegt. Darunter kam ein langes sandfarbenes Kleidungsstück zum Vorschein, das ihm trotz des breiten Gliedergürtels so locker über den Leib fiel, dass Lena seine Statur nicht einmal erahnen konnte. Ähnlich verhielt es sich mit den aufgeplusterten Beinkleidern, die ihr schon im Hof aufgefallen waren. Auch trug er noch immer diesen seltsamen Kopfputz. Seine dunklen Augen schauten weiter fragend, aber die Offenheit war verschwunden. Im Hof hatte sie ihn für den harmlosen Begleiter seines Herrn gehalten, doch nun wirkte er auf sie wie ein Jagdhund, der ein fremdes Revier auskundschaftet. Im Feuer des Kamins blitzte die silberne Dolchscheide auf, die in seinem Gürtel steckte. Sie glich jener, die Philip trug, als sei sie ihr Zwilling. Ob es wohl etwas Besonderes damit auf sich hatte? Oder waren diese Waffen in Ägypten so alltäglich, dass sie dort ein jeder trug? Doch dazu erschienen sie Lena viel zu kostbar.
    Noch während Lena in ihre Betrachtungen versunken war, ergriff der Ägypter das Wort.
    »Ich möchte Euch und Eurem Weib« – dabei nickte er Lena zu – »noch einmal für die freundliche Aufnahme auf Burg Birkenfeld danken.«
    Heißes Blut schoss Lena in die Wangen, doch nicht nur in die ihren. Auf einmal schien Graf Dietmars Kopf zu glühen. Nie hätte sie gedacht, dass ein Mann auf diese Weise erröten könnte. Schwester Ludovika starrte Lena an und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.
    »Frau Helena ist ebenso zu Gast wie Ihr«, brachte Dietmar hastig hervor. »Gemeinsam mit der ehrwürdigen Schwester Ludovika kam sie gestern an, um meiner erkrankten Gemahlin beizustehen.«
    »Verzeiht mir meine Unwissenheit.« Philips Worte klangen bescheiden, doch das Funkeln seiner Augen verriet, welche Schlüsse er für sich gezogen hatte. Glaubte er etwa, sie würde mit dem Grafen tändeln? Und dann zwinkerte er ihr auch noch zu! Lena wäre am liebsten im Erdboden versunken. Wie konnte dieser Mann sie nur so brüskieren? Am schlimmsten waren Ludovikas Blicke. Glaubte sie etwa den unausgesprochenen Worten eines Fremden?
    Das Erscheinen des Kaplans erfüllte sie mit Erleichterung, denn Graf Dietmar nahm es zum Anlass, die Tafel zu eröffnen.
    Auch an diesem Abend gab es wieder ein reichhaltiges Mahl, das andernorts wohl eher zu Festtagen aufgetragen worden wäre. Marinierte Fasane mit Blaukraut, knuspriges weißes Brot und hart gekochte Eier. Wie üblich sprach der Kaplan ein kurzes Tischgebet. Mit einer gewissen Genugtuung nahm Lena die Verunsicherung der beiden Ägypter wahr, wenngleich es dem Christen nicht schwerfiel, in den Wortlaut mit einzustimmen. Sein heidnischer Gefährte dagegen senkte nur den Blick. Lena konnte nicht umhin, ihn zu beobachten. Unter den Lidern schielte sie immer wieder zu ihm hinüber. Was mochte dieser Heide wohl denken? Lauschte er den Worten des Kaplans? Oder waren seine Gedanken bei seinem eigenen Gott? Seine Hände lagen unter dem Tisch, sie entdeckte keine Regung, die etwas über ihn verraten hätte. Da hob er den Kopf und sah sie an. Seine schwarzen Augen schienen sie festzunageln. Für einen Moment fühlte sie sich ertappt, doch sie hielt dem Blick stand. Versuchte, in seinen Augen zu lesen, wie sie es bei jenen tat, die Hilfe bei ihr suchten. Seine Seelenflamme strahlte hell und rein. Sie fand keine Finsternis oder Bosheit, aber auch keine Offenheit. Philips Zurückzucken kam ihr in den Sinn, der kurze, tief verletzte Blick, als Graf Dietmar ihn nach dem Glauben seines Gefährten gefragt hatte. Jetzt leuchtete dasselbe in den Augen des Heiden auf. Nein, sie wollte ihn nicht den Heiden nennen – er hatte doch einen Namen. Wie hatte er sich vorgestellt? Said al-Musawar. Auf einmal war alle Genugtuung aus ihrem Herzen getilgt, und eine seltsame Scham ergriff Besitz von ihr. Konnte sie ihn wegen seines Glaubens verurteilen?
    Es war wie ein stummer Dialog, über den hinweg sie kaum das Ende des Tischgebetes wahrnahm.
    Erst als eine Magd die Becher mit Wein füllte, löste Said sich von ihrem Blick und lehnte den köstlichen Trunk ab. Zwischen die Brauen des Grafen grub sich eine tiefe Falte, doch bevor er etwas sagen konnte, hatte Philip das Wort ergriffen.
    »Ihr müsst es meinem Freund nachsehen, sein Glaube verbietet ihm den Genuss berauschender

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