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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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nickte. Sein Vater hatte ihm von solchen Rittern erzählt, die von Turnier zu Turnier zogen und durch ihr Geschick zu einigem Wohlstand gelangten, denn immer fielen Pferd und Rüstung dem Sieger zu. Oft waren es Zweitgeborene ohne ausreichenden Erbanspruch, die sich auf diese Weise durchs Leben schlugen, dabei jedoch frei und ungebunden blieben. Allerdings war ihr Ruf nicht der beste. Böse Zungen setzten sie mit Raubrittern gleich.
    »Meine Mutter begegnete ihm bei einem Turnier, das ihr Vater zu Ehren der Schwertleite seines jüngsten Sohnes ausrichten ließ. Mein Vater war der Stärkste von allen, kein Gegner konnte ihm widerstehen, nicht einmal die Söhne des Herzogs. Er hat mir oft davon erzählt. Meine Mutter verliebte sich sofort in ihn, doch ihr Vater war dagegen. Die Tochter eines Herzogs konnte unmöglich einen fahrenden Ritter ohne eigenes Gut zum Gatten nehmen. Er verbot ihnen jede weitere Zusammenkunft.« Theas Augen schimmerten feucht, doch es war ihr gelungen, die verräterischen Tränen fortzublinzeln. »Vermutlich war dies das einzige Mal, dass meine Mutter ungehorsam war. Sie floh mit meinem Vater, in der Hoffnung, ihr Vater werde einer Ehe zustimmen, wenn sie erst schwanger wäre, um jede Schande von der Familie abzuwenden.«
    Wieder schwieg Thea, die Hände zu Fäusten geballt und den Kopf gesenkt.
    »Aber ihr Vater stimmte nicht zu«, sagte Philip, in der Hoffnung, sie möge weitererzählen.
    »Nein, das tat er nicht. Er ließ sie bis zu meiner Geburt auf der Burg festhalten und anschließend in ein Kloster bringen.« Theas Augen blitzten voller Hass. »Aber damit nicht genug. Mein hochwohlgeborener Großvater hatte nichts Besseres zu tun, als meinen Vater einer Meintat zu beschuldigen. Man erklärte ihn für ehrlos, raubte ihm die Ritterwürde und stieß ihn in den Dreck, auf dass er sich niemals wieder erheben möge. Mich übergab man in seine Hände, um ihn weiter zu demütigen und sich zugleich des Bastards zu entledigen. Ich war ja nur ein Mädchen, ein Kind der Schande. Unter Hohngelächter trieben der Herzog und seine Söhne ihn in die Wälder – waffenlos, nur mit einem Hemd bekleidet und mit einem nackten Säugling auf den Armen. Vielleicht hofften sie, er werde mich töten oder aussetzen, vielleicht war es ihnen auch gleichgültig, und sie genossen nur den Anblick des zutiefst gedemütigten Gegners. Doch mein Vater ließ sich nicht in den Staub treten. Was ihm blieb, war seine Stärke. Er schwor ihnen Rache. Sie würden noch von ihm hören. Von ihm und dem Kind, das sie verachteten. Eine Tochter aus seinem Blut sei mehr wert als alle ihre Söhne.«
    »Du hast das rote Haar von deinem Vater geerbt, nicht wahr? Er wurde zu Barbarossa, dem gefürchteten Räuber.«
    Sie nickte. »Inzwischen zittern alle vor ihm, die ihn einst verlachten. Meine Mutter aber blieb in ihrem Kloster, anstatt zu ihm zu fliehen. Ich war vier, als er versuchte, sie zu uns zu holen. Ich wartete bei den Männern, während Vater über die Klostermauer stieg. Ich hatte mich so darauf gefreut, endlich meine Mutter zu sehen, von der er mir so viel erzählt hatte. In meinen Träumen war sie der reinste Engel, der von nun an nur für mich da wäre. Doch dann kehrte er zurück, allein. Sie hatte sich geweigert, ihm zu folgen. Von diesem Tag an war mein Vater ein anderer. Er hörte auf, Geschichten zu erzählen, und am Feuer lachte er nur noch, wenn reichlich Bier geflossen war. Es war, als hätte sie ihm die Lebensfreude gestohlen. Und das kann ich ihr nicht verzeihen. Er verlor alles, dennoch behielt er mich bei sich. Trotz aller Entbehrungen zog er mich auf, lehrte mich alles, was er auch einen Sohn gelehrt hätte. Aber meine eigene Mutter zog die Behaglichkeit des Klosters dem freien Leben an der Seite des Mannes, der sie liebte, und ihres Kindes vor. Kann ich etwas anderes als Verachtung für sie empfinden?«
    Philip schwieg. Was sollte er auch sagen? Thea hatte nie etwas anderes als Mord und Raub kennengelernt. Es war ihre Welt. Wie sollte sie ahnen, dass ihre Mutter alles gewagt hatte, ja, sogar ihre Ehre geopfert hatte für den Versuch, ein gesellschaftlich anerkanntes Leben an der Seite ihres Geliebten zu führen? Dass sie ihm nicht auf den Pfad der Gesetzlosigkeit gefolgt war, konnte Philip ihr nicht verdenken.
    »Du sagst nichts?« Auf einmal war der feurige Glanz in Theas Augen erloschen.
    Da erst zog er sie tröstend an sich, so wie er es schon viel früher hätte tun sollen.
    »Du liebst deinen Vater sehr,

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