Die Sündenheilerin (German Edition)
Herz.
»Hast du jemals daran gedacht, ein anderes Leben zu führen?«, flüsterte er, nachdem er sich vorsichtig von ihr gelöst hatte.
Sie funkelte ihn zornig an. »Was soll die Frage?«
»Nichts, ich dachte nur …«
»Hör auf damit!« Sie stieß die Worte zwischen den Zähnen hervor. »Du weißt, was ich von dir will. Du bist recht anstellig auf dem Liebeslager und weißt dein Schwert zu führen. Aber ich bestimme, was du wann zu tun hast. Ist dir das klar?«
Er schwieg und sah ihr unverwandt in die Augen.
»Ist dir das klar?«, wiederholte sie mit Nachdruck. Ihr finsterer Blick verhieß nichts Gutes. Sie verlangte seine sofortige Unterwerfung. Was würde wohl geschehen, wenn er es nicht täte? Würde sie erneut ihr Schwert ziehen? Oder hielten sich gar Männer in der Nähe versteckt?
»Was ist, wenn ich Nein sage?«
»Das wagst du nicht!« Sie stieß ihn zurück. Ihre Hand glitt zum Schwert, zielsicher, wie er es von ihr gewohnt war. Er hörte kaum das Sirren, so schnell hatte sie ihre Waffe gezogen.
Philip lachte. »Was soll das, Thea? Willst du mich umbringen?«
»Treib es nicht zu weit!« Ihr Schwert zielte auf seine Brust. Einen Augenblick lang überlegte er, wie er aus ihrer Reichweite hechten und seine eigene Waffe ziehen könnte, doch sogleich verwarf er den Gedanken wieder. Er wollte Thea nicht verletzen.
Langsam hob er die Hände.
»Ich habe es verstanden. Du kannst die Waffe senken.«
Sie schaute ihn misstrauisch an, doch dann zuckten ihre Mundwinkel.
»Du bist ein Schelm.« Lachend steckte sie ihr Schwert ein. »Du wolltest nur wissen, ob ich es ernst meine.«
»Was willst du wirklich von mir, Thea? Es geht dir doch nicht allein um unser Beisammensein, oder?«
»Das weiß ich noch nicht. Ich muss erst wissen, ob ich dir vertrauen kann.«
»Wie soll ich dir meine Ergebenheit beweisen?«
»Ich werde dir noch die Gelegenheit dazu geben.«
Sie trat zu ihrem Pferd, ohne ihn weiter zu beachten. Erst als sie im Sattel saß, lenkte sie ihre Stute noch einmal auf ihn zu.
»Ich erwarte dich morgen um die gleiche Zeit, schöner Mann. Wirst du da sein, oder habe ich dich heute verschreckt?«
»Nicht genug, um mich von dir fernzuhalten.«
Als sie ihr Pferd antrieb und im Wald verschwand, erwog er kurz, ihr zu folgen und das Lager der Räuber ausfindig zu machen. Nein, sie würde es bemerken, und damit wäre alles verloren. Er ging zu seinem Rappen und schwang sich erleichtert in den Sattel. Nicht er spielte mit ihren Gefühlen, sondern sie mit ihm, zumindest glaubte sie das. Und doch blieb die Scham. Sie mochte eine Räuberin sein, unberechenbar und wild, doch es war nicht ihr Verschulden. Sie kannte es nicht anders. Von allen Verbrechen, die Barbarossa auf sein Haupt geladen hatte, erschien Philip dies am schwersten.
Die Sonne stand noch hoch am Himmel, als er nach Birkenfeld zurückkehrte. Er hatte seinen Rappen zu einem scharfen Galopp getrieben, aber jetzt lahmte er. Sofort hielt Philip an und stieg ab. Das Eisen der linken Hinterhand hatte sich gelockert. Nichts Schlimmes, der Hufschmied würde es rasch beheben, aber zur Sicherheit führte er das Tier den Rest des Weges am Zügel.
»Was ist Euch geschehen?«, rief ihm der Torwächter entgegen.
»Nur ein lockeres Eisen.«
Man öffnete ihm das Tor, und Philip führte seinen Wallach geradewegs zur Schmiede.
Er musste nicht lange warten. Mattes der Schmied kümmerte sich sogleich darum. Der Rappe schnaubte und warf unwillig den Kopf hoch, als der Schmied den Huf anhob. Philip hielt ihn kurz am Zügel und strich ihm beruhigend über die Nüstern.
»Euer Pferd hat Feuer im Leib«, sagte Mattes, während er das lockere Eisen vollends löste.
»Ich bin ganz zufrieden mit ihm.«
»Das glaube ich gern. Ich habe selten ein besseres Pferd gesehen. Nicht einmal der Fuchs von Herrn Dietmar könnte mit Eurem Rappen mithalten.«
Mit geübtem Blick begutachtete der Schmied das alte Eisen. »Er müsste ohnehin bald neu beschlagen werden. Soll ich es gleich erledigen?«
Philip nickte. Das letzte Mal hatten Said und er die Pferde in Italien beschlagen lassen.
Mattes war ein Meister seines Faches, schnell und sicher entfernte er die alten Eisen, ließ sich nicht vom unwirschen Wiehern und Schnauben des Rappen schrecken und passte rasch die neuen an. Immer wieder tanzte der Hammer auf dem Amboss, loderte das Schmiedefeuer auf, während Philip seinen Wallach beruhigte. In Italien hatte ein unvorsichtiger Lehrjunge schmerzhafte Bekanntschaft mit den
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