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Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition)

Titel: Die Sünder - Tales of Sin and Madness (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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Zittern rann ihm nun auch der kalte Schweiß in Strömen über den Körper.
    Er brauchte unbedingt etwas zu trinken.
    Es war die längste Fahrstuhlfahrt, die Jackson je erlebt hatte. Er schwor sich, dass er diesen Lift nie wieder benutzen würde. Künftig würde er nur noch die Treppe nehmen, auch wenn sie noch so düster, widerwärtig stinkend und voller Junkies war. Selbst in Nächten, in denen er seinen Bedürfnissen nachgab, würde er in Zukunft über die Treppe gehen, ganz egal, wie viel Überwindung es ihn auch kosten mochte.
    Der Fahrstuhl hielt auf seiner Etage.
    Mit 18 zog er schließlich doch zu Hause aus, aber nicht, weil er von Belford oder seinen Eltern die Nase voll hatte. Nein, er liebte sie immer noch, auch seinen Onkel Walter. Er hatte einfach nur das Gefühl, dass es an der Zeit war, die Welt kennenzulernen und etwas aus sich zu machen. Er fuhr mit dem Zug nach New York, um Michael zu besuchen. Eigentlich sollte es nur ein kurzer Besuch werden. Er wollte nur für ein paar Tage bei ihm vorbeischauen und Hallo sagen, alles erleben, was New York zu bieten hatte, und es richtig krachen lassen, wie man so schön sagte. Aber die Stadt gefiel ihm so gut, dass er sich zum Bleiben entschloss. Anfangs wohnte er bei seinem Bruder, aber Michael verliebte sich schon kurze Zeit später in eine schwarze Barsängerin, sodass er sich eine eigene Wohnung suchen musste, was er auch tat: zwei winzige Zimmer mitten in Queens. Er fand einen Job in einer Wurstfabrik und versuchte nebenbei herauszufinden, was er mit seinem Leben anfangen wollte.
    Die Arbeit war nicht gerade weltbewegend und die Bezahlung alles andere als üppig, aber er lernte ein paar wirklich tolle Jungs kennen, mit denen er jeden Abend feiern ging und jede Menge Spaß hatte. Jetzt erkannte auch er die Reize dieser fantastischen Stadt und verstand, warum sein Bruder gewollt hatte, dass er zu ihm zog. Zuerst verliebte er sich in den Big Apple und ein Jahr später in eine atemberaubende Brünette.
    Das Leben war großartig.
    Mit einem letzten Ruck kam die Fahrstuhlkabine zum Stehen, während sich die Tür langsam öffnete.
    Scheiß Fahrstuhl!, fluchte Jackson, war jedoch erleichtert, dass er es bis in den obersten Stock geschafft hatte.
    Morgen würde er dem Hausmeister sagen, dass das Ding eine Generalüberholung nötig hatte.
    Aber im Moment wollte er nur noch in seine Wohnung und …
    Jackson stieß ein lautes Kreischen aus, als er sie sah.
    Nein, nein, nein, nein, nein, nein …
    Er blieb wie angewurzelt im Fahrstuhl stehen und starrte mit ungläubigem Entsetzen auf den schrecklichen Anblick, der sich ihm bot.
    Jackson hatte in seinem Leben schon viel Mord und Totschlag gesehen, aber beim Anblick des Blutbads, das sich über den orangebraunen Teppichboden ergoss, wurde ihm übel.
    Es kam ihm irreal vor, so als würde lediglich ein Film vor ihm ablaufen: die Frau auf dem Boden, der Mann, der über ihr kniete und ihren leblosen Körper aufschlitzte.
    Er hatte ein überwältigendes Gefühl von Déjà-vu. Ihm war furchtbar übel und er fühlte sich vollkommen verwirrt.
    Hilf mir, Gloria. Bitte, hilf mir!
    Der Mörder erhob sich, drehte sich zu ihm um und trat aus den Schatten auf Jackson zu.
    »Lass mich in Ruhe«, schrie Jackson. Er rannte zum Fahrstuhl zurück und trommelte panisch auf den Knopf für das Erdgeschoss.
    Nichts passierte.
    Er griff nach dem roten Notfalltelefon und hielt sich den Hörer ans Ohr.
    Das Rauschen dröhnte in seinen Ohren. Der Hörer knallte gegen die Wand, als er Jackson aus der Hand fiel.
    Der Mörder kam immer näher.
    »Was willst du?«, brüllte Jackson. »Lass mich in Ruhe. Ich werd’s niemandem sagen. Wie könnte ich auch? Ich bin wie du.«
    Der Mörder blieb stehen, als er den Fahrstuhl erreichte. Er starrte zu Jackson in die Kabine.
    Jackson starrte zu dem Mörder hinaus. Und sah …
    (Wer bist du wirklich? Ich weiß es nicht. Und ich glaube, du weißt es auch nicht. Du lebst in zwei Welten, in zwei Wirklichkeiten. Und jetzt, wo ich hier stehe, weiß ich nicht, ob ich dich bemitleiden oder hassen soll …)
    Er schrie.
    Ein mächtiges, knarrendes Donnern brachte Jackson zum Verstummen. Der Fahrstuhl begann zu beben. Jackson wich in eine Ecke zurück und hockte sich hin. Tränen liefen über seine Wangen.
    Das kann nicht sein, das kann nicht sein, das kann nicht sein …
    Er musste es sich eingebildet haben – es war schlicht nicht möglich.
    Während der Fahrstuhl weiter wie eine Achterbahn auf einem Jahrmarkt

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