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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schnellte nach vorn, giftiger und widerlicher als die jeder Natter, so jedenfalls empfand Gemma es in diesem Augenblick. Angeekelt schlug sie ihre Zähne hinein, so fest sie nur konnte. Mit einem gellenden Schrei ließ Lupo von ihr ab. Erst schüttelte er sich, um den Schmerz loszuwerden, dann holte er aus und versetzte ihr eine harte Ohrfeige. Ihr Kopf flog zur Seite. Blut rann aus ihrem Mund.
    »Du willst noch immer nicht zur Vernunft kommen?«, schrie er. »Nach allem, was schon geschehen musste, damit du deine Fehler einsiehst? Was noch soll ich anstellen, damit du endlich kapierst, wohin du gehörst, kannst du mir das verraten? Eine Madonna willst du sein? Dass ich nicht lache! Dieser dämliche Maler versteht nichts, aber auch gar nichts von Weibern. Eine Sünderin bist du, ganz und gar keine Heilige, und um keinen Deut besser als all die anderen dreckigen Huren.«
    »Binde mich los«, forderte Gemma mit zitternden Lippen. »Es ist genug, Lupo! Mehr als genug! Ich verlange, dass du mich sofort losbindest!«
    »Du verlangst – hab ich da richtig gehört? Du willst mich wohl erst richtig wütend machen. Kannst du haben, mein Engel!« Wieder packte er ihre Haare, riss noch grober an ihnen als zuvor.
    »Ich bin keines deiner billigen Weiber«, schrie Gemma. Sie hatte Angst vor diesem Wahnsinnigen, riesengroße Angst sogar, aber das würde sie ihm nicht zeigen, solange noch ein Funken Leben in ihr war. »Mit mir kannst du nicht so umgehen wie mit ihnen.«
    »Und ob ich das kann! Alles kann ich mit dir machen, alles , denn du bist meine Frau – und damit mein Eigentum.«
    »Da täuschst du dich! Mein Vater wird das niemals zulassen. Mein Vater wird dich zur Rechenschaft ziehen und …«
    »Dein Vater ist ein feiger alter Mann, der dich an mich verkauft hat. Basta! Und jetzt gehörst du mir. Mir !«
    Entsetzt starrte Gemma auf seine stramme Erektion, die sie weit mehr erschreckte als all sein wüstes Schimpfen und Toben. Im Lauf ihrer Auseinandersetzung schien Lupo immer erregter geworden zu sein. Unter seinen wütenden Griffen zerriss der dünne Stoff ihres Rocks wie eine Handvoll welker Blätter. Schon lag sie halb nackt vor ihm, im nächsten Augenblick würde er sich auf sie stürzen, um sie …
    Das durfte nicht geschehen!
    »Hör auf!«, schrie sie, zunehmend verzweifelt. »Lass mich sofort in Ruhe – mir ekelt vor dir!«
    »Ja, komm schon, weiter so! Vielleicht werden wir beide ja doch noch eine schöne Zeit miteinander haben!«
    »Fass mich nicht an, du Widerling!« Sie hasste es, wie sie vor ihm liegen musste, entblößt, hilflos, seinen gierigen Blicken ausgeliefert. Was konnte sie nur tun, um ihm endlich Einhalt zu gebieten? »Ich weiß alles von dir!«, stieß sie schließlich hervor.
    Er ließ so jäh von ihr ab, dass sie erschrak.
    »Was weißt du?« Seine Stimme klang plötzlich flach. Gemma hatte ihren Zweck erreicht. Auch Lupos Erektion war fast verschwunden.
    »Über Fiamma und Angelina – dein Hurenkind, das jetzt bei Mamma Lina lebt. Denkst du, ich bin so dumm, dass ich das nicht herausbekomme? Wo man doch nur Bartolos und deine Rechnungsbücher aufschlagen und lesen muss!«
    »Du hast mein Hurenkind in unseren Rechnungsbüchern gefunden?«
    »Spar dir deine Lügen! Ich weiß alles.«
    Außerstande, seinen Anblick weiterhin zu ertragen, schloss sie die Lider. Ein Fehler, wie sich sogleich herausstellte, denn bevor sie sich noch versah, hatte er ihr die Finger in den Mund gezwängt, um ihn aufzubekommen und den widerlichen Knebel hineinzustopfen.
    Gemma riss die Augen auf, weil sie keine Luft mehr bekam, und sah gerade noch, wie Lupo sein Folterinstrument packte und zur Tür hinausging. Dann hörte sie, wie von außen zweimal sorgfältig zugesperrt wurde.
    Nun war sie in ihrer Not allein.

    ❦

    Sie brauchten Geld, dringend sogar, denn die Schar der Engel schien sich von Tag zu Tag auf wundersame Weise zu vermehren, obwohl es in letzter Zeit auch einige gegeben hatte, die den alten Stadtpalazzo in der Morgendämmerung hatten verlassen müssen. Nur zufällig und weil er in letzter Zeit ohnehin kaum noch schlafen konnte, war Giovanni Zeuge einer solchen Szene geworden: der Prediger, der mit drohender Geste einige Jungen aus dem Haus wies – und diese, die wie Geschlagene ohne Hab und Gut in eine ungewisse Zukunft ziehen mussten. Warum hatte er sie hinausgeworfen? Weil man sie der gleichen Todsünde bezichtigt hatte, die auch Giovanni unentwegt quälte?
    Er kämpfte ja dagegen an, Tag und Nacht,

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