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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Lina verschafft, jedes Mal ein Kind herausgeholt und ihm an einem anderen Ort »Wasser des Lebens« zu trinken gegeben. Wie zum Beweis hielt er dem Rektor den Drahtbügel, seinen Freund, entgegen, der alle Türen der Stadt öffnen könne. Davon besitze er mehrere Exemplare, für den Fall, dass eines verloren gehe.
    »Was soll das sein: ›Wasser des Lebens‹?« Barna begann allmählich die Geduld zu verlieren. »Hast du dieses Gebräu auch der kleinen Angelina eingeflößt?«
    Leo nickte. »Mädchen muss sauber werden. ›Wasser des Lebens‹ macht alle Kinder rein.«
    »Sie sagt, es sei überaus salzig gewesen. Hast du sie denn dazu gezwungen?«
    Der Hüne zog die Schultern hoch. »Wollten erst nicht trinken, sie nicht und die anderen auch nicht. Aber mussten doch! Der padrone hat gesagt, sie müssen. Und Leo macht immer, was der padrone v erlangt. Leo geht jetzt?«
    »Du wirst noch eine sehr lange Zeit hierbleiben müssen«, sagte der Rektor. »Bringt ihn nach unten, in die hinterste Zelle!«
    Als man Leo hinausgeführt hatte, tauschten Barna und di Nero einen besorgten Blick.
    »Er meint Savo«, sagte der Rektor halblaut, »denn Savo ist sein Dienstherr. Meinst du, unser Freund könnte etwas mit diesen hässlichen Kindermorden zu tun haben? Denn dieser Halbidiot scheint ja kaum zu begreifen, was er sagt. Und jenes ›Wasser des Lebens‹, von dem er ständig faselt, was soll das sein? Kannst du dir davon einen Begriff machen?«
    Enea di Nero wollte zuerst energisch den Kopf schütteln. Dann aber kamen ihm die zahlreichen Drohungen in den Sinn, die der Apotheker in Bezug auf Mamma Lina ausgestoßen hatte. Und auch die schmerzverzerrten Gesichter der Engel, denen jemand verdorbene Eier hatte zukommen lassen. Vom Domherrn wusste er, dass dafür eigentlich nur Savo infrage kam. Was also konnte er preisgeben, ohne sich selber in Gefahr zu bringen, jetzt, nachdem endlich der Umsturz gelungen war und sie die ersehnte Macht in Siena errungen hatten?
    »Ich weiß es nicht«, sagte er schließlich. »Wenn du eine ehrliche Antwort von mir hören willst, Nardo: Ich weiß es wirklich nicht!«
    »Für mich steht fest, dass wir Savo ebenfalls eingehend befragen müssen.« Barna war sehr blass geworden. »Denn leider lenken die Aussagen Leos schweren Verdacht auf ihn. Unsere neue Regierung darf nicht schon in den allerersten Stunden mit der Mauschelei und der alten Vetternwirtschaft fortfahren, derer wir die Abgesetzten angeklagt haben. Wer schuldig ist, muss bestraft werden, selbst wenn es einer aus unserem Kreis sein sollte.« Er strich sich mit der Hand über die Stirn, wirkte auf einmal sehr niedergeschlagen. »Und das ausgerechnet an diesem Tag der Tage, der eigentlich ein strahlender Triumph für uns alle hätte sein sollen! Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt.«
    »Was ist nun mit Monna di Cecco?«, fragte der Richter. »Sieht aus, als hättest du eine Unschuldige eingesperrt.«
    »Sie kommt natürlich frei.« Die Stimme des Rektors klang mühsam beherrscht. »Ihr Vater erwartet sie bereits.«

    ❦

    Gemma konnte das Kerzenlicht im Uffizium des Rektors kaum ertragen, so entwöhnt jeglicher Helligkeit waren ihre Augen nach den endlosen Kerkertagen. Sie musste blinzeln, die Augen ständig reiben, und es fühlte sich dabei an, als wären Sandkörner oder winzige Splitter in ihnen. Fast angeekelt, wies sie Wein, Brot und Käse zurück, die man ihr zur Stärkung offeriert hatte, und beschränkte sich allein auf Wasser, das sie allerdings in großen, durstigen Zügen trank. Es schien ihr nichts auszumachen, dass sie in ihren verdreckten, stinkenden Kleidern inmitten dieses schönen Raumes saß. In gewisser Weise schien sie sogar zu genießen, wie peinlich und schier unerträglich den anderen Anwesenden ihr Anblick offenbar war.
    »Wir müssen uns bei Euch entschuldigen«, sagte Barna mit einem gezwungenen Hüsteln. »Wir wissen jetzt, dass Ihr unschuldig seid. Denn inzwischen wurde der Mörder gefasst, der auch bereits umfassend gestanden hat.«
    »Ich hätte niemals heimlich hier eindringen dürfen.« Gemma griff abermals nach dem Wasserbecher. »Das war ein großer Fehler, und dafür möchte ich mich entschuldigen. Doch dass ich keine Mörderin bin, hättet Ihr trotzdem wissen müssen. Dabei habt Ihr mir ja nicht einmal die Möglichkeit …«
    »Wir alle sind sterblich und daher nicht unfehlbar!«, unterbrach Barna sie. »Nehmt also die Entschuldigung an, Monna di Cecco, ich bitte Euch!«
    Langsam wandte Gemma ihm ihr

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