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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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bin mir sicher«, sagte er so überzeugend er nur konnte. Jetzt auch die kleinste Schwäche zu zeigen, könnte schwerwiegende Folgen haben. »Ich bin ein ehrbarer Witwer, wie Ihr sicherlich wisst, Messer Barna. Seit ich meine Frau und mein Kind verloren habe, ist mir nichts als das Malen geblieben. Diesem Handwerk diene ich mit all meinen Kräften und in tiefster Demut – ebenso wie der himmlischen Jungfrau, die unsere schöne Stadt und ihre Menschen beschützt.«
    »Es beruhigt mich, dies aus Eurem Mund zu hören«, erwiderte der Rektor. »Denn in unserer schönen Stadt entsteht leider nur allzu schnell hässliches Gerede. Und es gibt anderseits so viele andere begabte Maler, die Tag und Nacht auf Aufträge lauern. Wir haben uns also verstanden, Minucci? Denn sollte sich herausstellen, dass Ihr nicht …«
    Er hielt inne, als Savo Marconi und sein Gehilfe Leo sich mit raschen Schritten näherten.
    »Ich hab alles fertig!«, rief der Apotheker. »Aber Ihr plündert mich regelrecht aus. Sogar meine allerletzten Vorräte sind jetzt erschöpft, und es kann dauern, bis ich sie in der entsprechenden Qualität wieder ergänzen kann. Beten wir also, dass diese Medizin die Halsbräune tatsächlich eindämmt! Denn sollte morgen unversehens der Schwarze Tod Siena abermals heimsuchen, stünden wir ohne ein einziges Pestkraut da und wären somit wohl oder übel samt Mann und Maus verloren.« Er runzelte die Stirn. »Wohin damit?«
    »Alles sogleich in den Großen Saal«, befahl der Rektor. »Celestina und die Mantellatinnen werden überglücklich sein. Sie versprechen sich wahre Wunder von Euren Pillen, Messer Marconi.«
    Leo, den Sack über der Schulter, starrte reglos zu Boden, als sei er kein atmendes Wesen aus Fleisch und Blut. Nicht einmal Matteo schenkte er einen Blick, als hätte er nie dessen Haus betreten und hier niemals dem Maler Modell gesessen.
    »Leo! Schläfst du schon wieder im Stehen?«, sagte der Apotheker. »Deine Freunde, die Kinder, sind sterbenskrank. Willst du sie noch länger warten lassen?«
    »Ich gehe also?«, fragte der Hüne.
    Marconi nickte.
    »Es wird immer schlimmer mit ihm«, sagte er resigniert, nachdem der massige Körper aus der Kapelle verschwunden war. »Man könnte fast den Eindruck haben, sein bisschen Hirn verdunste unaufhaltsam wie Essig an einem glühenden Sommertag. Aber was soll ich dagegen unternehmen? Ihn wegschicken? Wer würde jemanden wie Leo schon aufnehmen? Bleibt mir also nichts anderes, als damit zu leben. Schließlich bin ich sein Herr und für ihn verantwortlich.«
    »Lasst uns in mein Uffizium gehen!«, sagte der Rektor, der plötzlich unruhig wirkte. »Das Hospital schuldet Euch einen stattlichen Betrag für Eure Aufwendungen.«
    »Ein Drittel davon führt in Euren Büchern bitte als Spende eines frommen Christenmenschen, den das Leid der Kinder rührt«, sagte der Apotheker. »Und was den Rest betrifft, so …«
    »Ihr sollt Euer Geld bekommen.« Jetzt wurde Barna fast hektisch. »Und zwar auf der Stelle. Kommt!«
    Savo Marconi schien ihn nicht zu hören. Er war zurückgetreten und ganz in die Betrachtung des Freskos vertieft.
    »Was für eine ungewöhnliche Arbeit!«, sagte er zu Matteo gewandt. »Vor allem die Farben – alles so frisch und leuchtend. Möchte wissen, woher Ihr Eure Pigmente bezieht, das muss eine gute Quelle sein. Und die Figuren …«
    »Ja?«, unterbrach ihn der Maler, innerlich aufs Neue angespannt. »Was soll mit den Figuren sein?«
    »So ungemein lebendig, findet Ihr nicht auch, Messer Barna? Als sei man ihnen gerade erst auf dem Campo begegnet.«
    »Kommt Ihr jetzt?« Die Stimme des Rektors klang dringlich.
    »Aber natürlich, geehrter Signore!« Marconi tat, als ziehe er einen unsichtbaren Hut, und folgte ihm.

    ❦

    »Das mit dem Geld hat doch keine so große Eile!«, sagte Savo Marconi, als die Türe des Uffiziums sich hinter ihnen geschlossen hatte.
    »Umso besser.« Der Rektor ließ sich auf einen Stuhl sinken, verschränkte die Hände und machte keinerlei Anstalten, die silberne Kassette aus ihrem Versteck zu holen. »Santa Maria della Scala ist dir mehr als dankbar, wenn es die teure Medizin erst später bezahlen muss. Die Epidemie kostet uns ohnehin schon mehr als genug. Gäbe es nicht die unermüdlichen Mantellatinnen, die uns für Christi Lohn unterstützen, unsere Lage wäre noch um einiges vertrackter.« Sein Blick bekam auf einmal etwas Flackerndes. »Du hast ihn schon predigen gehört?«
    »Wen meinst du?«
    »Wen schon! Jenen

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