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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Beinlinge spannten und dessen Wams aus feinstem roten Damast geschneidert war, daneben padre Bernardo in seiner staubigen, zer schlissenen Kutte, mager und sehnig, die dunklen Augen tief in den Höhlen liegend.
    »Ihr seid hungrig?« Roccos beringte Hand deutete auf die restlichen Köstlichkeiten der Tafel, immer noch mehr als genug, um eine gierige Dutzendschaft zu sättigen. »Oder durstig? Dann bedient Euch ungeniert!«
    Eine gereizte Kopfbewegung, mehr hatte der Prediger für dieses Angebot nicht übrig.
    »Du hast mich um eine Antwort gebeten«, sagte er. »Du sollst sie haben.«
    Savo Marconi und der Domherr Carsedoni stießen sich unter dem Tisch an. Beide hatten Bernardo inzwischen predigen hören. Seitdem hielten sie ihn für ebenso wirkungsvoll wie gefährlich. Auch Antonio Mazzei, dessen Familie Mietshäuser in der Stadt und zahlreiche Ölmühlen und Weinberge in der Umgebung gehörten, wirkte äußerst besorgt.
    Der Prediger schaute langsam in die Runde, und nicht jeder der anwesenden Männer brachte es fertig, seinem brennenden Blick standzuhalten.
    »Ich soll hier sprechen?«, fragte er und nahm nun nicht minder streng den Tisch mit seinen abgegessenen Platten, die geschnitzten Truhen, bunten Teppiche und kostbaren Kandelaber ins Visier. Plötzlich wirkte der eben noch so noble Raum stickig und überladen. Das spezielle Interesse Bernardos jedoch schien das unberührte neunte Gedeck auf sich zu ziehen, von dem er seinen Blick kaum mehr lösen konnte. »Ist es das, was du willst?«
    »Das alles sind Freunde«, sagte Rocco Salimbeni, und Enea di Nero wünschte, es hätte nicht ganz so großspurig geklungen. »Abgesandte der wichtigsten Contraden, mit denen ich eben den Ablauf des diesjährigen Palio besprochen habe. Welche Geheimnisse sollte ich vor ihnen haben?«
    »Wer seine Zunge beherrscht, lebt ohne Streit.« Es klang wie ein tiefes Grollen. »Wer dagegen Gerede verbreitet, dem fehlt es an Verstand.«
    Im fleischigen Gesicht Salimbenis zuckte es kurz, aber es gelang ihm, die Beherrschung zu wahren.
    »Dann folgt mir nach nebenan!«, sagte er. » Signori « – eine angedeutete Verneigung zu seinen Gästen –, »ich bin in Kürze wieder bei Euch.«
    Kaum hatte sich die Flügeltür hinter den beiden geschlossen, begann ein Teil der Gäste zu streiten.
    »Jetzt kann er vereinbaren, was immer er möchte«, sagte Giordano Rivalto, dessen Vorfahren bereits als Fernhändler quer durch Europa gereist waren, und Domenico Carsedoni pflichtete ihm eifrig bei. »Und ich wette, genau das wird er auch tun!«
    »Ich vertraue auf ihn«, rief der Rektor, »und vermag nicht zu begreifen, weshalb ihr immer gleich so misstrauisch seid.«
    »Weil für uns jede Menge auf dem Spiel steht«, sagte Savo Marconi. »Vielleicht deswegen.«
    »Bist du denn niemals zufrieden? Jetzt ist es uns nach langem Bemühen endlich gelungen, einen Salimbeni für unsere Sache zu gewinnen …«
    »… aber welchen von ihnen? Rocco ist nur ein Mitglied dieser Familie, die mehr Köpfe besitzt als die giftige Hydra«, fiel der Apotheker ihm ins Wort. »Was ist beispielsweise mit seinem Bruder Cesare, der anfangs so aufgeschlossen und begeistert schien? Jetzt ist er auf einmal unerreichbar, jedenfalls für uns. Halten ihn tatsächlich unaufschiebbare Geschäfte ab – oder hat er längst die Seiten gewechselt, ohne uns in Kenntnis zu setzen?«
    »Die Salimbeni haben stets für die Sache Sienas gekämpft.« Barna war aufgesprungen. »Siehst du nicht die balzana , die diese Wand ziert? Die Salimbeni gehören beinahe ebenso lang zur Stadt wie die Gründungszwillinge!«
    Marconi stand nun neben ihm.
    »Es gehört nicht besonders viel Mut dazu, sich für alle sichtbar ein schwarz-weißes Wappen an die Wand pinseln zu lassen, um patriotische Gefühle zu demonstrieren«, sagte er. »Allerdings schon ein ganzes Stück mehr, um hinter dem Rücken der Verbündeten heimlich Kontakt mit dem Kaiser aufzunehmen.«
    »Woher willst du das wissen?« Der Apotheker genoss nun die ungetrübte Aufmerksamkeit des Rektors.
    »Weil ich zum Glück hervorragende Verbindungen habe.« Eine mehr als bescheidene Geste. »Und diese im Dienst unserer Stadt seit Jahren pflege und ausbaue. Willst du alles hören?«
    Nardo Barna nickte.
    »Es heißt, Giovanni d'Agnolino sei nach Florenz geritten. Was mag wohl der Anlass dieser plötzlichen Reise sein, was meinst du? Um sich dort bei Kaiser Karl für unsere gerechte Sache einzusetzen, so ganz allein und ohne jeden Beistand? Eine

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