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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Arm. »Das würdest du für uns tun?« Ihre Augen waren auf einmal feucht. »Den Mädchen auch?«
    »Warum denn nicht? Meine kleinen Schwestern haben es auch recht schnell gelernt, und außerdem bin ich froh, wenn ich mich bei euch nützlich machen kann«, sagte Gemma mit einem Lachen. »Das bisschen Kochen, musst du wissen, füllt mich nämlich bei Weitem nicht aus.«
    Lelio kam ihnen entgegengerannt, Mauro unerbittlich hinter sich herziehend. Die nackten Beinchen der Jungen unter den verblichenen Kitteln waren dünn und leuchteten weißlich wie frisch geschälte Weidenruten.
    »Du willst wohl gleich wieder krank werden!«, schalt Lina den Älteren. »Jetzt, wo dein Husten endlich etwas besser geworden ist. Sofort zurück ins Haus, alle beide, und die Beinlinge wieder angezogen – sonst werdet ihr mich kennenlernen!«
    Vor dem Eingang hielt sie Gemma zurück.
    »Eines noch«, sagte sie. »Die Kinder müssen es nicht unbedingt hören. Ich weiß, dass du im Schutz der Dunkelheit nach drüben gehst. Zu ihm.« Ihr Kinn deutete auf Matteo Minuccis Haus. »Damit solltest du aufhören – uns zuliebe.«
    Im ersten Augenblick glaubte Gemma, sich verhört zu haben. Dann spürte sie, wie Ärger in ihr aufstieg.
    »Ich hab nichts Unrechtes getan«, sagte sie. »Und selbst wenn, wäre es dann nicht ganz und gar allein meine Sache?«
    Von Lupos Überfall auf den Maler hatte sie Lina nichts erzählt. Inzwischen bereute sie ihre Verschwiegenheit. Musste Lina nicht unweigerlich auf seltsame Gedanken kommen? Auch hatte sie es nicht über sich gebracht, in Worte zu fassen, was sie für Matteo empfand. Denn sogar vor sich selber fiel es ihr noch immer schwer, diese Gefühle überhaupt zuzulassen.
    »Jemand, der so lebt, wie wir es tun, hat strengen Regeln zu folgen. Viele Augen schauen auf uns, Gemma! Wir stehen unter ständiger Beobachtung und können es uns nicht leisten, etwas Ungebührliches zu tun. Nicht, solange wir von Santa Maria della Scala und dessen Zuteilungen abhängig sind.«
    »Du willst Mantellatin werden, nicht ich.« Nur mit Mühe gelang es Gemma, ruhig zu bleiben. »Mich hat es niemals nach einem Schleier oder gar Ordenskleid gelüstet.«
    »Aber du lebst jetzt bei uns! Damit gelten die Regeln auch für dich. Wirst du also meiner Bitte folgen?« Linas Stimme klang drängend.
    »Das kann ich so nicht versprechen.«
    »Wirst du wenigstens ernsthaft darüber nachdenken?«
    Ein winziges Nicken, mehr brachte Gemma bei aller Anstrengung nicht zustande.
    Lina sah sie zwingend an, als versuche sie, sie doch noch umstimmen, dann jedoch schien sie sich für den Moment damit zufriedenzugeben.

    ❦

    »Er ist da!«
    Die fröhliche Stimmung der Tischgesellschaft erstarb schlagartig. Die Tafel war reich gedeckt gewesen, und äußerst zügig waren die Schüsseln geleert worden. Noch immer hing der Duft nach Rosmarinporchetta, geröstetem Kalbfleisch, Lamm in Sauce und vielen weiteren Köstlichkeiten im Raum. Auf den ersten Blick hätte man das Ganze für ein üppiges Festmahl unter Freunden halten können, jetzt aber zeigten die versteinerten Mienen und Gesten, unter welch starker Anspannung die Versammelten standen. Acht Männer saßen um den großen Tisch, aber es waren neun Gedecke aufgelegt – die geheiligte Zahl jenes alten Rates, der Siena mehr als sieben Jahrzehnte Ruhm, Reichtum und Ehre gewährleistet hatte.
    »Führ ihn herein!«, befahl Rocco Salimbeni, der Gastherr dieser Runde. »Hat er uns nicht schon mehr als lange warten lassen?«
    Der Diener zuckte unschlüssig die Schultern und gab deutlich zu erkennen, wie unbehaglich er sich fühlte.
    »Er ist nicht allein. Bei ihm ist eine Horde verdreckter Kinder, wild wie junge Wölfe. Sie haben bereits ein paar Blumen aus den Kübeln gerissen, aber ich fürchte, das ist erst der Anfang. Wollt Ihr, Herr, dass ich die ebenfalls …«
    Rocco Salimbeni erhob sich. Paolo Caggese, der reichste Seidenhändler der Stadt, folgte seinem Beispiel.
    »Ich kann Euch beistehen«, sagte er. »Ein Wort von Euch genügt.«
    »Nicht nötig.« Eine herrische Geste verwies ihn zurück an seinen Platz. »Mit Kindern, herausgerissenem Gestrüpp und zornigen Gottesmännern bin ich bislang noch immer ganz gut allein fertig geworden.«
    Rocco ging hinaus, und wirklich dauerte es nur eine Weile, bis er mit dem Prediger zurückkehrte – ohne die Kinder, was allen als Erstes auffiel. Ein seltsames Paar, der muskulöse, elegant gekleidete Bankier, um dessen stramme Schenkel sich gelbseidene

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