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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Schwindel schnell bemerkt.
    Ich lief in die Stadt. Im Zentrum war immer etwas los. Es wurde viel gebaut. Da schaute ich mir die Baustellen an und stellte mir vor, dass sie uns eines Tages einmauerten. Dass sie einfach eine Mauer um unser Haus zogen, damit wir isoliert waren wie die Pestkranken, von denen Vater mir früher erzählt hatte. Manchmal stellte ich mir auch vor, dass ich Thomas traf. Den richtigen, mit seiner Brille und einem Buch. Dass wir uns irgendwohin setzten und beide in einem Buch lasen.
    Ich hatte auch Bücher – gekaufte. Ich hatte sie eigens bestellen müssen, und sie waren ziemlich teuer gewesen. Aber Geld hatte ich genug. Von den dreihundert Mark für den Haushalt, die ich Vater jede Woche abverlangte, brauchte ich nicht mal ein Drittel, und wir lebten trotzdem üppiger als vorher. Und auf dem Schulhof verkaufte ich keine Haarspangen mehr. Lippenstifte wohl noch und andere Make-up-Sachen, aber hauptsächlich Parfüms und andere Dinge, die viel Geld brachten und die man leicht einstecken konnte, einmal sogar einen Walkman.
    Für Magdalena hatte ich auch einen besorgt. Sie hatte ihn im Bett immer bei sich. Die Gefahr, dass Mutter sie damit erwischte, bestand nicht. Mutter kam nicht mehr in unser Zimmer. Sie pendelte nur noch zwischen dem Hausaltar und ihrem Bett hin und her, hatte ihre sämtlichen irdischen Verpflichtungen an mich abgetreten.
    Ich machte das Frühstück für alle und versorgte Magdalena, bevor ich zur Schule ging. Ich kochte zu Mittag, wenn ich heimkam. Ich machte die Einkäufe, die Wäsche und hielt das Haus sauber. Und jede freie Minute verbrachte ich mit Magdalena, bis sie dann abends im Bett lag und ich auf Tour ging.
    Ein Mädchen aus meiner Klasse nahm mir regelmäßig die neuesten Schlager auf Kassette auf. Dafür schenkte ich ihr schon mal eine Kleinigkeit. Sonst hätte Magdalena ja nichts von dem Walkman gehabt. Sie liebte Musik. In den drei Stunden, während ich unterwegs war, hörte sie eine Kassette nach der anderen, bis ich zurückkam.
    Bevor ich ins Haus ging, machte ich noch einen kurzen Abstecher in den Schuppen. Dort lagen keine Süßigkeiten mehr unter den Kartoffelsäcken. Dafür lagen jetzt eine Menge anderer Sachen da, auch Zigaretten und ein kleines Feuerzeug. Ich zündete mir eine Zigarette an und nahm ein paar Züge. Dann drückte ich sie sorgfältig aus und steckte sie zurück in die Packung. Auf die Weise kam ich mit einer Zigarette ein paar Tage lang aus.
    Ich machte mir gar nichts aus Rauchen. Mir wurde schwindlig davon, husten musste ich auch oft. Aber Magdalena fand es chic, wenn man rauchte. Und sie konnte riechen, ob ich es getan hatte. Ein paar Monate später, nach der Zeit mit Thomas, hörte ich auf damit. Ich erzählte ihr, mein neuer Freund hasse Zigaretten und könne es nicht leiden, wenn ein Mädchen rauchte. Er hätte zu mir gesagt, da könnte er auch gleich einen Aschenbecher küssen. Und ich wolle da lieber kein Risiko eingehen, weil er phantastisch aussähe und ich schon ein feuchtes Höschen bekäme, wenn er mir nur an die Beine fasste. Magdalena verstand das.
    Den neuen Freund – ich weiß nicht mehr, wie ich ihn genannt habe, es waren so viele Namen im Laufe der Zeit – machte ich drei Jahre älter. Er war dann auch der erste, mit dem ich schlief. Und Magdalena bat mich, ihr zu zeigen, wie das war.
    Ich habe wirklich für sie getan, was ich tun konnte. Manchmal sagte sie: «Wenn ich alt genug bin, selbst zu entscheiden, dann lasse ich mich noch einmal operieren. Ich finde schon einen Arzt, der es tut.»
    Wir wollten zusammen in die USA fliegen, in eines der großen Herzzentren. Immer wieder haben wir ausgerechnet, wie viel Geld wir zusammenbekämen bis zu ihrem achtzehnten Geburtstag, wenn wir jede Woche hundert Mark auf die Seite legten. Ich hatte ihr gesagt, so viel könnte ich vom Haushaltsgeld sparen. Dass es eigentlich doppelt so viel war, mochte ich ihr nicht sagen, damit sie nicht stutzig wurde und sich ausrechnete, dass ich klaute wie eine Elster.
    Sie meinte, mit hundert Mark in der Woche sei es nicht zu schaffen. Und ich erzählte ihr, dass ich am Bahnhof eine Brieftasche mit tausend Mark gefunden hätte. Und dass ich jetzt immer die Augen offen hielte, weil doch viele Leute ziemlich schlampig mit ihren Sachen wären und gar nicht merkten, wenn sie etwas verloren.
    Magdalena lachte. «Du bist lieb», sagte sie. «Aber du bist ein Schaf. Da müsstest du schon eine Bank überfallen, um das Geld zusammenzubringen. Sich darauf

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