Die Sünderinnen (German Edition)
Die könnte glatt Reklame für eine Spülung oder Haarkur machen, dachte Pielkötter. Nachdem sie aufgestanden war und ihn lächelnd begrüßt hatte, sprach er ihr eher eine Karriere als Model zu. Was seine Empfangsdame anging, hatte Garden zumindest Geschmack. Pielkötter würde es jedenfalls nicht wundern, wenn die Dame für den Besitzer der Immobilienfirma noch ganz andere Funktionen wahrnähme, als die einer Büroangestellten. Als er ihr seine Dienstmarke zeigte, zuckte sie leicht zusammen.
»Die Sache mit Frau Garden ist einfach zu schrecklich«, hauchte sie. »Wer kann so etwas getan haben?«
»Das herauszufinden, ist genau meine Aufgabe«, erklärte Pielkötter ungewohnt väterlich. »Und ich versichere Ihnen, wir nehmen diese Aufgabe äußerst ernst«. Anscheinend kitzelte die Frau verborgene Beschützerinstinkte aus ihm heraus.
»Kannten Sie Frau Garden eigentlich persönlich?«
»Kennen ist übertrieben«, antwortete sie mit einer hart klingenden Stimme, die nicht recht zu der zierlichen Gestalt mit den wohlproportionierten Rundungen passen wollte. »Ich arbeite erst seit gut einem Jahr für diese Firma. Allerdings war sie einmal hier im Büro. Sie brauchte eine Unterschrift von Herrn Garden. Es ging um den Jungen. Damals war er noch nicht volljährig. Die beiden teilen sich nämlich das Sorgerecht.«
»Dann verlief die Scheidung wohl einvernehmlich.«
»Das nehme ich an«, erwiderte sie, wobei sie sich eine widerspenstige Haarsträhne hinter das rechte Ohr klemmte. »Jedenfalls redet Herr Garden kein böses Wort über seine Exfrau. Falls Sie möchten, führe ich Sie jetzt zum Chef. Sicher erwartet er Sie schon.«
Pielkötter gewann den Eindruck, dass sie sich seinen Fragen nicht länger aussetzen wollte. Mit wiegenden Hüften lief sie vor ihm einen kleinen Gang entlang und öffnete dann die Tür zu Dominik Gardens Büro. Beeindruckt ließ Pielkötter seinen Blick durch den riesigen Raum schweifen. Wenn er da an die mickrigen, nicht gerade luxuriös ausgestatteten Büros der Polizei dachte, konnte der Unterschied kaum gewaltiger ausfallen. Ein ebenso exklusives wie geschmackvolles Standregal aus Chrom und Glas trennte den vorderen Arbeitsbereich von einer wohnlichen Einrichtung im hinteren Raum. Herr Garden saß hinter einer nierenförmigen Marmorplatte auf drei Metallfüßen, die bis auf den Computer nur noch entfernt an einen Schreibtisch erinnerte.
»Ich habe Sie schon erwartet«, erklärte Garden, als wollte er die Einschätzung seiner Angestellten ausdrücklich bestätigen. Eilig erhob er sich und drückte Pielkötter die Hand, bis dieser den berüchtigten Blick aufsetzte, der einige seiner Untergebenen in einen gewissen Aufruhr zu versetzen pflegte.
»Setzen wir uns lieber nach hinten«, schlug Dominik Garden völlig unbeeindruckt vor und führte seinen Besucher zu einer olivgrünen Ledersitzgruppe hinter dem Raumteiler.
Über der breiten Couch hing eine Farbexplosion in Rot, die in einer Art Ascheregen unterzugehen drohte. Wahrscheinlich hat er für das Gemälde ein kleines Vermögen bezahlt, dachte Pielkötter. Wegen der Ästhetik konnte Garden diese verwirrenden Farbkleckse kaum aufgehängt haben. Damit schmückten sich seiner Einschätzung nach nur Menschen, die keinerlei offene Wünsche mehr hatten und ihr Geld nicht anders auszugeben wussten.
»Irgendwie kann ich die Sache immer noch nicht glauben«, erklärte Garden, während er sich in einem der wuchtigen Ledersessel mit hüfthoher Lehne niederließ.
Pielkötter hatte schon ihm gegenüber auf der Couch Platz genommen.
»Furchtbar, dass ausgerechnet Eva Maria so enden musste. Sie war eine wunderbare Frau und eine noch bessere Mutter.« Er bemerkte Pielkötters überraschten Gesichtsausdruck. »Sicher finden Sie es merkwürdig, dass ich so positiv von ihr rede. Schließlich waren wir geschieden. Aber wir haben uns in gutem Einvernehmen getrennt. Sogar das Sorgerecht haben wir uns geteilt.«
»Darüber bin ich informiert«, erklärte Pielkötter schnell, als sein Gegenüber eine winzige Sprechpause einlegte. Er unterbrach nur ungern, befürchtete jedoch, dass Garden geneigt war, die Lobeshymne auf sich und seine Frau noch weiter auszudehnen.
»Dann wissen Sie sicher auch, dass mein Sohn jetzt bei mir lebt und dass ich wirklich keinerlei Motiv gehabt hätte, meine Frau umzubringen.«
»Das hat auch niemand behauptet«, wandte Pielkötter ein.
»Glauben Sie etwa, ich hätte es wegen der Unterhaltszahlungen getan? Oder weil ich
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