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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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fragen. Aber eigentlich gehen wir von einer zufälligen Begegnung von Opfer und Täter aus.«
    Während sich Pielkötter erhob, stürzte Karsting den restlichen Cognac in einem Zug hinunter. Eilig begleitete er den Kriminalhauptkommissar hinaus.

    Auch das noch. Mark Milton musste scharf bremsen, um nicht in das Stauende zu rasen, das sich plötzlich vor ihm aufgetan hatte. Genervt schaltete er das Autoradio ein. Hagebaumarkt, mach dein Ding, sang Mike Krüger. Normalerweise fand Mark diese Werbung sehr witzig, aber heute hatte er dafür keinen Sinn. Immerhin befand er sich auf dem Weg zu seinen Schwiegereltern. Leider nicht einmal, um seine Familie von dort abzuholen. Susanne war inzwischen mit den Kindern zurückgekehrt und hatte sich wenig später zu einer ehemaligen Kommilitonin nach Bremen aufgemacht.
    Als der Verkehrsfunk einen Stau zwischen Duisburg und Essen-Fronhausen meldete, stand er gerade im sogenannten Spaghett i knoten am Kreuz Kaiserberg, diesem Knäuel aus über- und untereinander verlaufenden Autobahnauf- und abfahrten. Warum ausgerechnet heute, fragte Mark stumm, obwohl er genau wusste, wie unsinnig diese Frage war. Die A 40 war um diese Uhrzeit so gut wie immer dicht. Eine Art Probe für die Aktion »Still-Leben-Ruhrschnellweg«, dachte Mark in einem Anflug von Sarkasmus. Dabei würde der Verkehr wegen der Riesentafel nur von Dortmund in Richtung Duisburg stillstehen. Die Gegenrichtung wollte man zur Mobilitätsspur erklären, allerdings nur für Fahrbares ohne Motor.
    Am liebsten hätte Milton die nächste Ausfahrt genommen und wäre in den Wäldern rund um den Kaiserberg spazieren gegangen, doch das wäre ihm wie eine Flucht vorgekommen.
    Die Autos vor ihm hatten sich seit Minuten nicht einen Zentimeter vorwärts bewegt, und es sah nicht so aus, als ob sich daran in der nächsten Zeit etwas ändern würde. Susannes Eltern würden nicht gerade begeistert sein, wenn er verspätet bei ihnen eintraf. Sicherlich hatten die Herrschaften Wichtigeres zu erledigen, als auf den ungeliebten Schwiegersohn zu warten. Schließlich spielten sie sowohl Tennis als auch Golf. Außerdem waren sie Mitglied in unzähligen Organisationen, zumindest seit sich Hartmut Henkelmann teilweise aus seinem Schrottgroßhandel zurückgezogen und einem tatkräftigen Geschäftsführer die Zügel überlassen hatte. Nur zu gern hätten sie Susanne an dessen Stelle gesehen oder wenigstens einen geeigneten Schwiegersohn.
    Auch wenn man Susannes Eltern kaum mit seinen eigenen vergleichen konnte, so ähnelten sie sich doch hinsichtlich einer genauen Erwartungshaltung, was den Werdegang ihrer Kinder betraf. Warum durften sich Kinder nicht einfach frei entfalten? Er selbst nahm sich fest vor, für Lena und Jens keinerlei berufliche Schablonen zu entwickeln. Nun, die Generation vor ihm war jedenfalls an ihren Vorstellungen gescheitert. Er selbst hatte in den Augen seiner Eltern einen völlig überflüssigen Beruf gewählt, und Susanne befähigte das Studium der Kunsthistorik auch nicht gerade dazu, das Schrottimperium ihrer Erzeuger zu leiten.
    Mitten in seine Gedanken hinein ertönte eine Hupe. Erschrocken sah Mark hoch. Die Autos vor ihm hatten sich tatsächlich um einige Meter weiterbewegt. Wie durch ein Wunder zog der Verkehr plötzlich an, als hätte es niemals ein Hindernis gegeben. Falls er etwas mehr Gas gab, konnte er fast noch pünktlich in der Höhle des Löwen erscheinen.
    Tatsächlich fühlte er sich in einer schlechten Position. Offensichtlich war er nicht in der Lage, Susanne dauerhaft glücklich zu machen, genau wie seine Schwiegereltern es immer prophezeit hatten. Er hatte versagt, genau wie bei Lea. Nein, nur jetzt nicht an das schreckliche Ende dieser Ehe denken.
    Bei der Ausfahrt Essen-Zentrum verließ er die Autobahn und hielt sich in Richtung Süden. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis er sich durch den Feierabendverkehr bis Bredeney durchgekämpft hatte, aber diesen Zeitaufwand hatte er wenigsten einkalkuliert. Als er endlich vor der Villa seiner Schwiegereltern parkte, atmete er hörbar aus. Zu seinem Erstaunen war er fast pünktlich. Eilig lief er die mit grauen Granitsteinen gepflasterte Auffahrt hoch, die schnurgerade zu dem Eingangsportal mit zwei protzigen Säulen führte. Hoffentlich empfängt mich jetzt nicht ein Dienstmädchen, dachte er. Aber dann öffnete sich die Tür plötzlich, ohne dass er geläutet hatte, und er stand seinem breitschultrigen, noch recht rüstigen Schwiegervater Hartmut Henkelmann

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