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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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oder die Furcht fast den Atem raubte.
    Als die Aufzugtür zur Seite glitt, stieß er sie in die Kabine. Dabei presste er die linke Hand weiter auf ihren Mund. Mit der rechten schlug er hart gegen ihren Kopf. Für einen kurzen Moment verlor sie das Bewusstsein und stürzte zu Boden. Als sie wieder zu sich kam, waren ihre Hände auf dem Rücken gefesselt, ihr Mund mit einem Knebel zugestopft. Einige Haarsträhnen hingen ihr wild ins Gesicht. Sie schielte darunter hervor zur geschlossenen Aufzugtür. Eine der Tasten daneben war mit einem kleinen Holzkeil blockiert. Der Mann betrachtete sie. Dabei neigte sein Kopf sich leicht zur rechten Seite, was ihr seltsam vertraut vorkam. Während sie sich aufzurichten versuchte, starrte sie auf seine helle Gummischürze. Sie bedeckte fast den ganzen Körper des Mannes. Diese Maskerade flößte ihr zusätzlich Angst ein. Trotzdem durfte sie nicht aufgeben. Nachdem sie sich mühevoll aufgerappelt hatte, überlegte sie fieberhaft, wie sie den Mann in Schach halten konnte, der ihr nun bedrohlich nahe stand. Mit aller Kraft wollte sie ihr Knie gegen sein Geschlechtsteil rammen. Als hätte er ihr Vorhaben erraten, drehte er sich im entscheidenden Moment zur Seite. Ihr Knie traf nur seinen Oberschenkel, vielleicht auch die Hüfte.
    »Dir werde ich es zeigen, du Hure«, zischte er. Plötzlich blitzte eine spitze Klinge in seiner Rechten.
    »Bitte nicht«, flehte sie, obwohl sie wusste, dass ihr Flehen wenig nutzen würde.
    Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen. Stattdessen starrte sie auf die Waffe in seiner Hand, die sie jetzt als Dolch erkannte. Mit einem Mal erinnerte sie sich auch, wo sie eine solche Gummischürze gesehen hatte. Im Operationsraum der städtischen Kliniken. Der Mann musste verrückt sein, aber was nutzte ihr diese Erkenntnis? Er würde sie niedermetzeln, und sie wusste nicht einmal warum.
    Noch stach er nicht zu, weidete sich ausschließlich an ihrer Angst. Sie konnte nicht einmal in seine Hand beißen wie im Wald, saß wie die Maus in der Falle, zur Untätigkeit verdammt. In dem engen Raum fühlte sie sich doppelt gefangen. Trotzdem musste sie ihn hinhalten. In ihrem Kopf rotierten die Gedanken. Wie ging man am besten mit einem Verrückten um? Reden, immer weiterreden, doch genau das konnte sie mit dem Knebel nicht. Vielleicht würde sie nie erfahren, warum er gerade sie ausgesucht hatte. Für einen kurzen Moment hatte sie ihren Mann Klaus Eberhard in Verdacht, aber dieser Gedanke war einfach lächerlich. Dann fiel ihr dieser Frauenmörder ein, von dem sie gelesen hatte. In ihr krampfte sich alles zusammen. Die Zeitungen hatten ausführlich darüber berichtet, wie dieser Wahnsinnige die Frauen zugerichtet hatte.
    Sie hatte keine Chance. Trotzdem wollte sie nicht kampflos aufgeben und trat nach ihm. In diesem Moment schlitzte der Dolch ihren leichten Mantel auf. Blut sickerte durch den dünnen, hellen Stoff und hinterließ hässliche Flecken. Merkwürdigerweise verspürte sie keinen Schmerz. Erst als der Dolch in seinen Händen ihren Pullover und die Haut darunter zerfetzte.
    »Genau das hast du verdient«, erklärte er höhnisch, während er den Dolch hob und mit aller Wucht in ihren Bauch rammte.
    Ihr Schrei drang nicht an die Oberfläche. Jetzt wünschte sie nur noch einen schnellen Tod. Doch der Mann wollte sie leiden lassen und versetzte ihr keine tödlichen Stiche. Nur der Schmerz kam ihr zu Hilfe, ließ sie ohnmächtig werden. Erst nachdem sie das Bewusstsein verloren hatte, ritzte er ein Herz in ihre Brust, dann durchstach er es.
    Augenblicklich erlosch der Hass in seinen Augen. Ein Gefühl von Frieden durchströmte ihn, ließ ihn freier atmen, auch wenn er wusste, dass dieser Frieden nicht von Dauer sein würde. Noch war sein Werk nicht vollendet. Nicht eher, als er zum letzten Schlag ausgeholt hatte, dem genialen Coup, der nicht nur den sündigen Frauen eine Lehre erteilen würde. Berauscht von diesem Gedanken warf er noch einen Blick auf die Leiche. Die zerfetzte Kleidung war blutdurchtränkt, aber dafür entdeckte er nur wenige Spritzer an den Aufzugswänden. Selbst die Gummischürze war fast unbefleckt. So rein wie die toten Frauen.
    »Bis dass der Tod euch scheidet«, murmelte er immer wieder vor sich hin, während er seine Handschuhe an einem feuchten Tuch abwischte.
    Mit einem letzten Blick auf die Tote band er die Schürze ab und stopfte sie samt Tuch in den Beutel. Anschließend zog er den kleinen Holzkeil aus der Taste und verließ den Aufzug,

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