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Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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sobald sich die Tür einen Spalt geöffnet hatte.

    Pielkötter wohnte in einem kleinen Reihenhaus aus den sechziger Jahren. Als er von Münster in den Duisburger Norden gezogen war, hatte er die Immobilie günstig erstanden. Die Besitzer hatten mehr Energie in den Scheidungskrieg investiert als in eine vernünftige Verkaufsstrategie. Zwar war der kleine Garten ziemlich verwildert gewesen, aber dafür war die Bausubstanz recht solide. Nach der ersten Umgewöhnungsphase hatten sich die Pielkötters hier immer sehr wohl gefühlt, auch wenn ein paar Quadratmeter Wohnfläche mehr nicht geschadet hätten. Allerdings hatte sich dieses Problem durch Jan Hendriks Auszug von allein gelöst, wenn auch nicht auf die Art und Weise, wie seine Eltern sich das erträumt hatten.
    »Riecht lecker«, brummte Pielkötter, als er an diesem Abend die Küche betrat.
    »Sauerbraten mit Rotkohl und hausgemachten Kartoffelklößen«, erwiderte Marianne. »Ich hoffe nur, Sebastian mag das.«
    »Das hoffe ich für ihn mit. Ne Extrawurst gibt es für den Herrn Doktor jedenfalls nicht.«
    »Willibald«, entgegnete Marianne vorwurfsvoll, während sie mit einem Kochlöffel in einem riesigen Topf herumrührte. »Das Thema hatten wir doch schon. Ich denke, du bist auf dem Weg, dich mit der Sache abzufinden. Zudem hast du sogar zugegeben, dass du Sebastian nicht unsympathisch findest.«
    »Ja, ja, ich weiß. Aber denk an die Nachbarn. So neugierig wie die sind. Die kriegen doch mit, dass unser Sohn statt mit einem hübschen Mädchen mit einem Freund nach Hause kommt.«
    »Auf einmal denkst du also an die Nachbarn«, sagte Marianne ironisch und sah ihn über den Rand ihrer Brille an. »Sonst ist dir deren Meinung doch auch mehr als egal. Und auf die Koslowskis bist du sowieso dauernd sauer, weil deren Hund immer in unseren Vorgarten scheißt.«
    »Womit ich ja wohl Recht habe.«
    »Hilf mir lieber beim Tischdecken«, seufzte Marianne.
    Pielkötter brummte irgendetwas Unverständliches und trottete ins Wohnzimmer. Inzwischen konnte er sich kaum noch vorstellen, aus welchem Grund er diesem inoffiziellen Versöhnungsessen zugestimmt hatte. Als er nervös nacheinander fast alle Türen des Wohnzimmerschranks öffnete, fiel ihm die volle Cognacflasche ins Auge. Zu gerne hätte er sich ein kleines Gläschen genehmigt. Leider hatte er Bereitschaft.
    »Das gute Geschirr?«, schrie er. »Oder das von Tante Annegret?«
    »Natürlich das Gute«, tönte es genervt aus der Küche. »Muss man sich immer selber um alles kümmern?«
    Missmutig deckte Pielkötter den Tisch.
    »Auch Servietten?«
    »Ja, doch!«
    »Die mit der Kaffeekanne drauf oder die einfachen gelben.«
    »Aber die mit der Kaffeekanne passen doch nicht.«
    Warum mussten Frauen nur immer alles so kompliziert machen? Er als Mann würde niemals darauf achten, ob das Dekor der Serviette zum Essen passte. Auch bei Jan Hendrik war ihm ein solches Gehabe bisher nicht aufgefallen. Als er den Tisch fertig gedeckt hatte, lief er wieder in die Küche zurück. Marianne hielt ihm einen Löffel mit dampfendem Rotkohl vor die Nase.
    »Probier mal«, forderte sie ihn auf. »Ich denke, da fehlt etwas Salz.«
    »Ne, kein Salz mehr. Schmeckt genau richtig.«
    »Dann könntest du schon den Wein aus dem Keller holen. Wenn die Jungs erst da sind, bleibt dafür kaum Zeit.«
    Mit missbilligendem Blick stiefelte Pielkötter die Kellerstufen hinunter. Welchen Aufwand Marianne wieder betrieb, wie für einen Staatsbesuch. Obendrein durfte er von dem guten Wein kaum etwas trinken. Am meisten aber wurmte ihn, dass Marianne Jan Hendrik und seinen Freund als die »Jungs« bezeichnet hatte, ganz so, als gehöre dieser Fremde schon zur Familie. Irgendwie glaubte er sowieso, dass Marianne insgeheim viel früher von der Beziehung ihres Sohnes zu einem Mann gewusst hatte, als sie zugeben wollte. Wahrscheinlich kannte sie diesen Doktor schon so gut, wie er sich das kaum vorstellen konnte. Mitten in diese Überlegung hinein ertönte die Türglocke. Er hatte das obere Ende der Kellertreppe fast erreicht, blieb aber noch für einen Moment stehen. Er wusste selbst nicht warum. Seufzend öffnete er dann die Haustür. Zuerst sah er Sebastian mit einem riesigen Baguette im Arm. Dahinter stand Jan Hendrik.
    »Hallo«, grüßte Sebastian und wollte ihm die Hand reichen.
    »Kommt rein«, erwiderte Pielkötter und hielt demonstrativ beide Arme mit jeweils einer Weinflasche hoch.
    Während sie die Garderobe ablegten, tauchte Marianne in der

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