Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünderinnen (German Edition)

Die Sünderinnen (German Edition)

Titel: Die Sünderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
Vom Netzwerk:
mit dem Aufzug nach unten gefahren, um Marion Karsting dort zusteigen zu lassen. Höchstwahrscheinlich hat er hier unten auf sie gewartet und hat mit ihr zusammen den Fahrstuhl betreten. Vielleicht hat er sie auch hineingestoßen. Der Kopf der Leiche liegt jedenfalls hinten.« Erst jetzt fiel Pielkötter auf, dass der Aufzug für ein Wohnhaus relativ große Ausmaße besaß. Vielleicht damit ein Sarg hineinpasste?
    »Sie brauchen mich nicht daran zu erinnern, dass ich hier den ganzen Bau umpflügen muss«, erwiderte Neubert inzwischen empört.
    Sobald Pielkötter den Tatort Tiefgarage endlich verlassen hätte, würde der Kriminalhauptkommissar Opfer einer kleinen Hetzkampagne werden, die Neubert zusammen mit seinem Assistenten zu starten gedachte. Neugierig beobachtete er Pielkötter, der leider noch nicht ans Gehen dachte.
    »Darf ich die Leiche kurz selbst untersuchen?«, fragte Pielkötter nun den Rechtsmediziner. Der nickte nur. Auch der Fotograf gab sein Einverständnis. Trotz eines gewissen Unbehagens, das er auch nach so vielen Dienstjahren noch nicht ganz abgelegt hatte, trat er ganz nah an das Opfer heran, beugte sich zu der Leiche hinunter und strich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Entsetzt zuckte er zurück. Das Gesicht kam ihm bekannt vor. Irgendwo war er dieser Frau schon einmal begegnet. Zunächst dachte er an das Präsidium. Schließlich hatte sie dort erst vor kurzem ihre Anzeige aufgegeben. Dennoch glaubte er nicht, sie dort gesehen zu haben. Ilona Schlomberger war jedenfalls erst zu ihm geeilt, nachdem Marion Karsting das Gebäude bereits verlassen hatte.
    Er zwang sich, noch einmal genau in das Gesicht der Toten zu schauen, und erinnerte sich plötzlich. Endlich stieß er die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten hatte. Sein Puls raste. Ganz sicher hatte er die Frau im Treppenhaus dieses Psychologen gesehen. Sie war die Treppe hinunter an ihm vorbeigeeilt. Für den Bruchteil einer Sekunde hatten sich ihre Blicke getroffen. Zwar starrte ihn Marion Karsting jetzt mit dem Blick einer Toten an, aber die Augen waren dennoch dieselben.
    Mark Milton also, dachte er, auch wenn er seine Mitarbeiter immer vor schnellen Schlüssen warnte. Damit gehörten inzwischen zwei der ermordeten Frauen zu seinen Patientinnen. Sein kriminalistischer Instinkt sagte ihm, dass dies auch für das dritte Opfer galt. Wahrscheinlich hatte Barnowski es nur versäumt, genauer zu recherchieren. Soweit er sich erinnerte, hatte der Mann von Eva-Marie Garden ausgesagt, seine Frau sei nicht in psychologischer Behandlung gewesen. Was aber wussten Ehemänner schon von den heimlichen Kontakten ihrer besseren Hälften? Insbesondere getrennt lebende Ehemänner. Automatisch musste Pielkötter an die intime Begrüßungsszene zwischen Marianne und Sebastian denken. – Sofern Mark Milton die Garden wirklich gekannt hatte, wovon er einfach ausging, würden dem Psychologen nicht mehr viele ruhige Minuten vergönnt sein.
    Nach einem letzten Blick auf die Tote wandte er sich ab. Am liebsten hätte er Marion Karsting die Augen geschlossen, aber das gehörte nicht zu seinen Aufgaben.
    »Falls mich jemand suchen sollte, ich bin in der dritten Etage bei diesem Gutenberg«, erklärte Pielkötter.

    Seufzend schaute er auf seine Armbanduhr. Inzwischen war es fast drei Uhr nachts oder besser in der Frühe. Keine gute Zeit für eine Befragung. Er zögerte kurz, entschied sich dann aber doch, auf das Angebot von Marion Karstings Nachbarn einzugehen. Seltsamerweise ohne Anzeichen von Müdigkeit verließ er den Tatort. Erst als er die Treppenstufen bis in die dritte Etage hinaufstieg, schien ihm die Luft auszugehen. Halt durch alter Knabe, dachte er, demnächst gibt es die Rente erst mit siebenundsechzig. Und dann fiel ihm der Spruch irgendeines Polizeigewerkschafters ein: Opa fährt Streife, und Enkel lungert arbeitslos auf der Straße herum. Verkehrte Welt. Was konnte man auch schon von einer Gesellschaft erwarten, in der so grauenvolle Morde passierten?
    Als er die dritte Etage erreicht hatte, hielt er sich noch eine Weile am Geländer fest. Interessiert schaute er sich um. Der linke Eingang war schon versiegelt. Geradeaus wohnte laut Türschild eine Katrin Mittag und direkt gegenüber dem Appartement des Opfers Thomas Gutenberg. Ohne Eile drückte Pielkötter auf die Klingel. Er musste noch eine Weile warten, ehe ein blonder Wuschelkopf im Türspalt erschien. Pielkötter hatte jedoch nichts anderes erwartet, vielleicht hatte sich der Mann

Weitere Kostenlose Bücher