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Die Süße Des Lebens

Die Süße Des Lebens

Titel: Die Süße Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulus Hochgatterer
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von Anakin Skywalker, der zu Darth Vader wird, und wie er da nach dem Kampf mit Obi-Wan auf dem Lavahang liegt und nichts mehr hat, keinen Arm und keine Beine und keinen Atem und auf und auf nur noch verbrannte Haut, und wie dann der Imperator kommt und ihm ein neues Gesicht gibt. Die Tiere beruhigen sich, während ich spreche. Alle hören mir zu.
    Zwölf Kaninchen, fünf schwarz-weiß gefleckt, zwei weiß mit roten Augen, eines weiß mit blauen Augen, eines schwarz mit weißem Brustfleck, drei grau. Sieben Meerschweinchen, fünf glatt, zwei gewirbelt. Das weiße Kaninchen mit den blauen Augen heißt Kylie Minogue. Rolands Schwester hat es so getauft.
    Ich öffne den Rucksack. Ich stelle das Ding, das Daniel mir geschenkt hat, mit dem Kopf nach unten auf den Boden. Es ist ein Fausthammer. Er hat einen Holzstiel mit ovalem Querschnitt.
    Ich setze die Darth-Vader-Maske auf. Ich atme wie er. Danach öffne ich die Meerschweinchenbox und nehme eins der Tiere heraus. Es ist grau mit einem dunkelbraunen Hinterteil. Es quietscht nicht. Es schaut mich nicht einmal an.

Neun
    Der dunkelgrüne Golf fährt seit eineinhalb Wochen auf neuen Winterreifen. Sie stechen immer noch heraus wie schwarz angemalt. Eine junge Polizistin, die über die internen Abmachungen offenbar nicht Bescheid wusste, hat Robert angehalten und die Profiltiefe gemessen. Robert, der immer alles besser weiß, steht da und zahlt fünfundvierzig Euro Strafe, das ist eine nette Vorstellung. Clemens hat die Sache dann telefonisch geregelt. Dafür hat man einen Abt, dass er solche Dinge regelt.
    Wenn er aus dem ersten in den zweiten Gang schaltet, kracht es. Der Golf hat schon einhundertsechzigtausend Kilometer auf dem Buckel, da darf das vermutlich sein. Raus aus dem Parkplatz, nach rechts in die Stiftsallee, den Rathausplatz entlang, Severinstraße, über die Brücke, bis zum großen Kreisverkehr. Er fährt dreimal rundherum. Wenn keiner kommt, tut er das manchmal. Ab in Richtung Westen, die Tankstelle, die Abzweigung zur biologischen Beobachtungsstation, nach knapp zwei Kilometern der Beginn der Schnellstraße.
    Das Rosmarinhuhn, das es zu Mittag gegeben hat, liegt ihm im Magen. Obwohl es ihm gut geschmeckt hat und man Irma bestimmt nicht nachsagen kann, sie habe sich keine Mühe gegeben. Die Hühner, die seine Mutter zubereitet, sind immer ekelhaft, ungesalzen und innen roh. Dazu gibt es in der Regel völlig zerkochten Reis. Seine Schwester lacht dann und sagt, er habe Huhn mit Reis doch schon in seiner Kindheit gemocht.
    Der Pannenstreifen ist streckenweise schlecht geräumt. Käme man von der Fahrbahn ab, wäre es gefährlich. Ein silbergrauer BMW überholt ihn. Im Rückspiegel hat er gesehen, dass der Wagen Scheinwerferleuchten in Gestalt gelber Kreise hat. Der Golf brummt wie ein Traktor. Mit ihm kann er maximal einhundertvierzig fahren.
    Beim Essen das Gespräch über das Programm zum Jahreswechsel. Die Dankandacht am Silvesterabend. Matthäus wird sie halten. Das Hochamt am 1. Jänner. Alle werden dabei sein, Bürgermeister und Gemeinderäte werden in den ersten Reihen sitzen, Clemens wird in seiner Predigt diplomatisch versuchen, auf die Anliegen der sozial Schwachen zu verweisen, genau wie jedes Jahr, und ihm selbst wird wie jedes Jahr der Kontakt zur Realität in dem Augenblick verloren gehen, in dem er in eins dieser Affengesichter schaut. Sonst nichts Außergewöhnliches in diesen Tagen: keine Trauung, keine Taufe, kein Begräbnis. Auch dieser Sebastian Wilfert ist noch nicht freigegeben. Ein zermalmtes Antlitz – der Begriff macht auf eine pathetische Weise froh.
    Links tauchen hinter einem von Eichen bewachsenen Hügel die flachen Hallen der Geflügelfarm auf, dann der Kirchturm von Waiern. In der Kurve der Abfahrt geht er erst vom Gas weg, als er spürt, wie das Heck des Wagens anfängt, in die Seitwärtsbewegung überzutreten. Er hat für seine Verhältnisse schon lange keinen Unfall gehabt, den letzten vor etwas mehr als zwei Jahren, als er mit dem langen Volvo-Kombi hinten in einen Milchtankwagen hineingekracht ist.
    Auf dem Parkplatz vor dem Pensionistenheim stehen einunddreißig Autos, in der vordersten Reihe links außen ein VW Touareg, den er hier noch nie gesehen hat. Die Markierungslinien sind zum Großteil von Altschneeresten bedeckt. Das ist schlecht. Das ganze Leben verläuft entlang von Markierungslinien. Er parkt neben dem blaugrauen Renault Megane eines Gastwirtes aus Sankt Christoph, der seine Mutter hier im Heim untergebracht

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