Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
Fuchs zu beunruhigen.
„Vielleicht hat er recht“, murmelte Hanns. „Das sollten wir uns schenken.“
Und dann machte er sich auf einmal Sorgen, dass Scarlett zu nass geworden sein könnte und sich erkältete.
„Guck mal, die Sonne verschwindet schon hinter den Bäumen“, sagte er, „wir sollten lieber wieder ins Haus gehen.“
Scarlett hatte nichts dagegen. Als sie wieder durch die Glastür mit den zersprungenen Scheiben ins Innere traten, wollte Hanns unbedingt in die Küche, um sich dort eine Kanne Pfefferminztee zu holen.
„Ich glaube, es wird eine richtige Erkältung“, sagte er und hüstelte. „Ich brauch was Heißes. Kommst du mit?“
Scarlett nahm an, dass Hanns nur fragte, um höflich zu sein. Außerdem wollte sie sowieso lieber in ihr Zimmer gehen, um sich was Trockenes anzuziehen. Sie schüttelte den Kopf, wünschte ihm gute Besserung und trat gedankenverloren den Weg durch die Pfützen-Flure in Richtung Trophäensaal ein.
Sie konnte und wollte sich einfach nicht vorstellen, dass Gerald für die Regierung in Sumpfloch herumschnüffelte. Es würde natürlich vieles erklären – vor allem seine große Vorliebe für Scarlett, seine nicht vorhandene Eifersucht und sein mitfühlendes Interesse für ihre Freundinnen. Da er im letzten Jahr mitbekommen hatte, dass sie entführt worden waren (und maßgeblich an ihrer Befreiung beteiligt gewesen war), erkundigte er sich immer wieder danach, wie es ihnen ging und was sie so trieben. Sie dachte, er fragte, weil er Scarletts Freundinnen mochte. Aber womöglich fragte er, weil er etwas herausfinden wollte. Sie hatte ihm neulich erzählt, dass Lisandra mithilfe eines alten Armreifs Zaubern lernte. Das hatte ihn ungeheuer interessiert.
„Woher hat sie ihn denn?“, hatte er gefragt. „Den Armreif?“
„Beim Spielen gewonnen.“
„Ah“, hatte er gesagt. „So kann man es natürlich auch nennen.“
„Wieso? Wie meinst du das?“
„Ach, mir ist nur zu Ohren gekommen, dass Lisandra ungern verliert und deswegen dafür sorgt, dass sie es nicht tut.“
„Ja, sie mogelt, was das Zeug hält. Wir spielen schon lange nicht mehr mit ihr.“
Wenn Scarlett nun so darüber nachdachte, wurde ihr klar, dass Gerald eine Menge wusste. Viel zu viel. Er wusste auch über die meisten anderen Schüler in der Festung Bescheid. Zu jedem konnte er ihr eine Geschichte erzählen. All das sah im Licht der Fledermaus-Unterhaltung, die Scarlett mit angesehen hatte, nicht gut aus. Gar nicht gut. Sie musste mit ihm darüber reden. Aber vermutlich war es wenig sinnvoll, einen Spitzel nach der Wahrheit zu fragen. Noch dazu einen Spitzel, der ihr nicht gleichgültig war.
Als Scarlett ins Zimmer 773 trat, dämmerte es schon, und ihre Freundinnen Lisandra, Thuna und Maria saßen auf ihren Betten und redeten. Das heißt, sie schwiegen und schauten neugierig zur Tür, als Scarlett eintrat, und als sie sahen, dass es Scarlett war, redeten sie weiter. Es ging um Bilder und Dinge, die Maria Tag für Tag in ihrem Kopf entdeckte, insbesondere wenn sie geistige Affen in Uniform losschickte, um ihr Bücher und Ähnliches zu bringen.
„Wir dachten, du wärst die rosa Strickjacke“, sagte Lisandra zu Scarlett.
Die rosa Strickjacke, so wurde Berry inzwischen genannt. Wenn eins der Mädchen raunte: „Rosa Strickjacke“, dann bedeutete das: „Pssst, Feind im Anmarsch!“
„Manchmal denke ich, ich bin verrückt“, sagte Maria zu Thuna. „Das Zeug in meinem Kopf ergibt keinen Sinn!“
„Es gibt bestimmt einen Sinn“, sagte Thuna. „Wir müssen nur den Schlüssel dafür finden. So wie bei einem verschlüsselten Text. Der klingt auch verrückt, wenn man ihn normal liest, aber es gibt irgendeine Formel, die man anwenden kann, und dann enthüllt er seine wahre Bedeutung.“
Scarlett legte sich auf ihr Bett und fühlte sich niedergeschlagen. Ihre Gedanken kreisten um Gerald, aber auch um Hanns, der sie womöglich lieber mochte als sie ihn. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ihm das verständlich machen könnte, ohne ihn zu verletzen.
Lisandra sprach gerade mal wieder über ihr Armband (sie war besessen davon) und Thuna gab zu, dass sie so etwas auch gerne hätte. Maria kramte in ihrem Schrankfach nach Stift und Papier, um den schätzungsweise hundertsten Brief nach Hause zu schreiben.
„Aber Thuna, hast du nicht mal gesagt, du hättest die Feenbegabung?“, sagte Maria. „Du kannst unter Wasser atmen, in den Gedanken anderer Menschen schwimmen und mit dem Licht der Gestirne
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