Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
Rätsel. Wie sollte sie das jemals verstehen?
Kapitel 12: Der Wächter und das Pfand
Scarlett und Gerald waren noch vorsichtiger geworden. Es lag eine Gefahr in der Luft, die sich nicht näher bestimmen ließ. Aus Viegos Kurzreise waren zehn Tage geworden und er war immer noch nicht zurück. Viperia, die Giftnasenfledermaus von Geralds Vater, überbrachte Warnungen und beunruhigende Nachrichten: Viego sei nach Finsterpfahl gereist, um dort mit Verwandten und alten Bekannten in Kontakt zu treten und mehr herauszufinden. Denn die Regierung befürchtete einen Aufstand in Finsterpfahl. Es gab Hinweise, dass sich dieser nördlichste Teil Amuyletts mit den abtrünnigen Reichen Fortinbrack und Nachtlingen verbündet hatte, mit dem Ziel, sich von Amuylett zu lösen. Das war beunruhigend genug, doch der Ritter Gangwolf hatte über seine heimlichen Kontakte noch ganz andere Dinge gehört: nämlich dass der Aufstand, der in Finsterpfahl drohte, nur der Ablenkung diente. Das eigentliche Ziel der Verschwörer befand sich im Herzen von Amuylett.
Der Raub des heiligen Riesenzahns schien unmittelbar mit diesen Plänen zusammenzuhängen. Nach allem, was man wusste, war der Zahn nach Fortinbrack gelangt. Wenn es stimmte, dass er unverletzbar machte, so wurde er in den Händen von Fortinbracks Herrscher, dem Zauberer Grindgürtel, zu einer mächtigen Waffe. Denn Grindgürtel und seine Gemahlin waren außerordentliche Zauberer. Es klang unglaublich, doch die Anzeichen verdichteten sich, dass Fortinbrack im Bündnis mit Nachtlingen einen Schlag gegen Amuylett plante. Nun waren Grindgürtel und seine Frau alles andere als dumm oder leichtsinnig. Wenn sie Amuylett wirklich angreifen wollten, so mussten sie einen gewaltigen Schlag planen. Einen, der die Übermacht Amuyletts so empfindlich verletzen würde, dass die Stabilität des Reiches ins Wanken geriet.
Über die Regierung von Amuylett konnte man vielleicht das eine oder andere Schlechte sagen, doch das riesige Reich, das fast den ganzen Erdball bedeckte, war ein friedliches Reich. Die Regierung bemühte sich, alle Staatsbürger satt zu bekommen und mit dem Nötigsten zu versorgen. Gleichheit und Gerechtigkeit waren anerkannte Werte. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn dieses Reich zerfiele und Kriege um die einzelnen Kontinente ausbrächen – die ganze Welt würde in frühere, finstere Zeiten zurückfallen. Man musste sich also wappnen. Doch wo war Fortinbracks Angriff geplant? Was genau hatten die abtrünnigen Reiche vor? Niemand wusste es.
Vor diesem Hintergrund wirkte das, was Gerald und Scarlett der Fledermaus Viperia erzählten, geradezu lächerlich: nämlich dass beinahe täglich tote wilde Tiere auf dem Gelände von Sumpfloch gefunden wurden. Ein Raubtier schien sich in Sumpfloch zu verstecken oder dort ein- und auszugehen, doch niemand hatte es bisher gesehen oder auch nur Spuren von ihm entdeckt. Die Faulhunde, die man zuerst im Verdacht hatte, wurden immer wieder gezählt und genau beobachtet: Keiner von ihnen fehlte und sie bewegten sich in den Bereichen, die nur ihnen gehörten und sonst nirgendwo. Sie verhielten sich friedlich. Auch fehlte an den toten Tieren jede Art von Faulgeruch, was ebenso gegen die Annahme sprach, ein ausgerissener Faulhund sei schuld.
Die Schüler berichteten vermehrt von Gespenstern oder unerklärlichen Geräuschen. Auch Gerald hatte schon Schritte in einem leeren Flur gehört. Die Lehrer berieten sich über dieses Problem (was Gerald von Herrn Winter erfuhr) und kamen zu dem Schluss, dass der harte Winter und das anschließende Hochwasser dazu geführt hatten, dass sich viele Wesen aus der Umgebung, vor allem aus dem Wald, in die Festung geschlichen hatten, um dort einen Unterschlupf zu finden. Wenn so etwas passierte, wurde man die heimlichen Untermieter nur schwer wieder los. Vielen mochte es gefallen in dem alten Gebäude und so hockten sie in ihren Verstecken, schlichen durch Flure oder kratzten und schabten in den Hohlräumen der Mauern, um sich dort häuslich niederzulassen. Es wurde daher beschlossen, einen Verscheucher nach Sumpfloch zu holen. Verscheucher waren Leute, die darauf spezialisiert waren, unerwünschte Mitbewohner aufzuspüren und zu verjagen. Dummerweise waren diese Leute gerade ausgebucht (denn nicht nur in Sumpfloch hatte ein strenger Winter geherrscht), sodass frühestens in einem Monat mit Abhilfe gerechnet werden konnte.
Und dann war da noch Hanns.
Gerald bat seinen Vater, den Ritter, mehr über
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