Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
im ganzen Winter keinen einzigen Wolf gehört.“
„Das sind keine Wölfe“, flüsterte Berry. „Das ist nur die Art, wie sie sich verständigen.“
„Wer?“, fragten Scarlett und Maria gleichzeitig.
Jetzt war auch Thuna wach geworden. Sie stieg aus ihrem Bett und schaute aus dem Fenster.
„Ich kann niemanden sehen“, sagte sie.
„Was meinst du?“, fragte Scarlett in Berrys Richtung. „Wer ist das, wenn es keine Wölfe sind?“
„Die Eindringlinge“, sagte Berry. „Was denkst du wohl, warum die neuen Lehrer gekommen sind? Hier passiert irgendwas!“
In diesem Moment tat es im dunklen Zimmer einen lauten Schlag. Lisandra fuhr aus dem Schlaf hoch.
„Was war das?“
„WAS?“, rief Kunibert, das Strohpüppchen.
Es hatte den Stein seiner Behausung zur Seite schieben wollen und war dabei so hektisch vorgegangen, dass der Stein zu Boden gepoltert war.
„Hast du mir einen Schrecken eingejagt!“, rief Thuna. „Erst die Wölfe und dann das!“
Wieder erklang ein lang gezogener Heuler in unmittelbarer Nähe. Andere Wolfsstimmen antworteten. Diesmal kamen sie von allen Seiten.
„Ich hab Angst!“, sagte Maria weinerlich.
Auch Kunibert hatte Angst. Er hüpfte auf den Boden und lief zu Maria, um sich von ihr ins Bett holen zu lassen. Dort verkroch er sich unter ihrem Kopfkissen.
„Hoffen wir, dass die neuen Lehrer etwas taugen“, sagte Scarlett.
Thuna und Lisandra schwiegen. Was sie befürchteten, wollten sie vor Berry nicht aussprechen: nämlich dass die Angreifer aus Fortinbrack eingetroffen waren. Was würde mit Sumpfloch passieren, wenn die Zauberer der Regierung versagten?
„Wir haben auch eigene Lehrer“, sagte Berry. „Perpetulja soll starke Zauberkräfte haben. Estephaga Glazard und Viego Vandalez sind auch nicht harmlos.“
„Dann hört es aber auch schon auf“, sagte Lisandra. „Oder glaubst du, Itopia kann uns retten?“
„Immerhin kann sie sich selbst retten“, sagte Thuna, „indem sie verschwindet.“
„Vielleicht sehen wir zu schwarz“, meinte Scarlett. „Die Stimmen werden leiser, hört ihr das?“
Die Wolfsstimmen entfernten sich. Wer auch immer die Geschöpfe waren, die sich auf diese Weise verständigten – sie gingen von Sumpfloch fort. Nur einmal erklang noch ein jämmerliches Heulen in nächster Nähe. Es brach abrupt ab, dann war es still. Die Mädchen horchten noch lange in die dunkle Nacht hinaus. Einmal rief eine Eule. Das war aber ein gewohntes Geräusch und daher beruhigend. Irgendwann sank Lisandra in ihre Kissen zurück und kurz darauf hörte man sie tief und regelmäßig atmen. Die anderen folgten ihrem Beispiel und rollten sich wieder unter ihren Decken zusammen. Niemand sagte mehr etwas.
Scarlett lag wach und konnte sich nicht vorstellen, dass sie in dieser Nacht noch einmal einschlafen würde. Zu groß waren ihre Befürchtungen, dass etwas Schlimmes im Gange war, das sie nicht verhindern konnte. Was war das bloß, das in den Tiefen der Festung auf seine Befreiung wartete? War es ein wütender Gewittergott? Oder etwas ganz anderes?
Die Gedanken schossen kreuz und quer durch Scarletts Kopf. Vielleicht war sie doch halb eingeschlafen, denn in ihre Überlegungen mischten sich wirre Bilder von General Kreutz-Fortmann und der sagenhaften Cruda Maliziosa, der ein Kirschkompott zum Verhängnis geworden war. Bei der Gelegenheit fiel Scarlett ein, dass sie immer noch nicht wusste, worin ihre eigene Schwäche bestand. Was machte sie wehrlos? Wann versagten ihre bösen Kräfte? Sie hatte keine Ahnung.
Crudas waren die Nachfahren des Gewittergotts Torck. Hatte das nicht Thuna mal erzählt? Der Gewittergott sandte seine Töchter nach Amuylett, um die Feen zu bekämpfen. Die Töchter der Töchter gebaren immer wieder Crudas. Was bedeutete, dass Scarlett mit dem Gewittergott verwandt war. Genau! Jetzt fiel Scarlett ein, woran sie gedacht hatte, kurz bevor sie mit Hanns wieder in den Wasserfall gefahren war: Wenn alle Crudas eine Schwachstelle hatten, einen wunden Punkt, der ihr magikalisches Fluidum außer Kraft setzte – hatte der Gewittergott dann auch einen? Natürlich glaubte Scarlett keinen Augenblick daran, dass es wirklich ein Gewittergott war, der da unten eingesperrt war. Aber es musste jemand oder etwas sein, das sehr gefährlich war. Eine magikalische Monsterkraft, die Amuylett erschüttern oder sogar zerstören würde, wenn jemand sie benutzte. Doch zu jeder magikalischen Kraft gab es auch eine Antikraft. Genauso hatte es Viego ihr
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