Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
es doch nicht immer ab!“
„Mein Vater macht sich wegen Thuna überhaupt keine Sorgen“, sagte Gerald. „Es ist Maria, die ihm keine Ruhe lässt.“
Maria bekam einen Riesenschrecken, als sie das hörte.
„Warum?“
Maria war es gewohnt, unwichtig zu sein und nicht weiter beachtet zu werden, was ihr gut gefiel. Denn so konnte sie im Inneren einer beschaulichen Seifenblase vor sich hinträumen und geschickt entschweben, wann immer sie wollte. Doch Geralds Bemerkung brachte ihre Seifenblase zum Platzen. PLING – und schon purzelte Maria aus ihrem Traumreich in die harte Realität. Nun ja, so hart war Herr Winters Teppich nicht, aber Maria befürchtete Schlimmeres.
„Du hast ein sehr ungewöhnliches Talent, Maria. Mein Vater sagt, dass du dich damit in allergrößte Schwierigkeiten bringen kannst. Und nicht nur dich. Deswegen empfiehlt er dir ein paar Vorsichtsmaßnahmen.“
„Ja?“
„Erstens sollst du nichts und niemanden in die Welt hinter den Spiegeln mitnehmen. Auch keine kleinen Gegenstände. Genauso umgekehrt: Er meint, du darfst nichts aus der Welt hinter den Spiegeln mit nach Amuylett bringen.“
Maria fühlte, wie ihre Wangen erglühten. Denn genau das hatte sie schon vergeblich versucht. Sie las viele Bücher in der Welt hinter den Spiegeln und fand es ärgerlich, dass sie den Lesestoff immer dort zurücklassen musste.
„Na gut“, sagte sie. „Ich glaube, das ist nicht so schwer. Noch etwas?“
„Zweitens sollst du nach Türen Ausschau halten. Er vermutet, dass es dort Türen gibt, die an andere Orte führen. Vor denen sollst du dich hüten. Du kannst sie aufmachen und schauen, was auf der anderen Seite ist. Aber du sollst niemals, unter gar keinen Umständen, durch die Türen durchgehen oder sie womöglich hinter dir zumachen. Es könnte sein, dass du nie wieder zurückkommst!“
Maria schluckte und nickte.
„Gut. War es das?“
„Nein. Er fürchtet, dass du eine Schlüsselbegabung hast. Eine, die in Verbindung mit allen anderen Erdenkindern steht, die hier in Amuylett leben. Vermutlich steht in den Büchern, die du in der Welt hinter den Spiegeln liest, sehr vieles über uns alle und unsere Bedeutung. Nur dass dieses Wissen sehr schwer zu verstehen ist.“
Maria wusste gar nicht, was sie dazu sagen sollte. Die Bücher in der Welt hinter den Spiegeln waren ihr sehr vertraut. Als sei das Erzählte darin wirklicher als Marias Leben in Amuylett. Ein Buch hatte sie schon dreimal gelesen. Es hieß „Augsburg“. Von Gerald wusste sie, dass dieser Ort in seiner Heimatwelt existierte. Es war eine Stadt, die ganz anders war als die Städte in Amuylett.
„Was ist daran so schlimm?“, fragte Lisandra. „Vielleicht steht in Marias Büchern etwas Nützliches drin? Etwas, das uns stärker oder klüger macht!“
„Da ist sich mein Vater nicht so sicher“, sagte Gerald. „Er meint, dieses Wissen könnte uns auch komplett in die Irre führen. Maria soll es nicht so ernst nehmen. Das ist sein Ratschlag!“
„Und was ist dein Ratschlag?“, fragte Lisandra. „Ist dein Vater schlau und allwissend oder täuscht er sich manchmal?“
„Tja, ich weiß nicht“, meinte Gerald. „Er hat sich schon ein paar Mal getäuscht. Aber er macht auch erstaunlich viel richtig!“
„Da hörst du’s“, sagte Lisandra zu Maria. „Ritter Gangwolf hat dir seine Meinung zukommen lassen und jetzt machst du dir besser nicht allzu viele Gedanken drüber.“
Maria nickte. Das wollte sie gerne tun, aber ganz so einfach würde es nicht werden.
„Hat dein Vater auch was über mich gesagt?“, fragte Lisandra.
Gerald schwieg ein bisschen zu lange.
„Er hat nichts über mich gesagt!“ rief Lisandra. „So eine Gemeinheit! Sag mal, Gerald, glaubst du, dass ich noch etwas anderes kann als mich nur in Vögel zu verwandeln? Ich finde, für ein außerordentliches Talent ist das ganz schön bescheiden.“
Pollux nutzte einen Moment der Unaufmerksamkeit von Thuna, um sich unter ihren Händen umzudrehen und mit dem Bauch auf dem Boden außer Reichweite zu schleichen. Dann spazierte er betont harmlos im Zimmer umher, als wolle er deutlich machen, dass er keine weiteren Vorhang-Kämpfe beabsichtigte.
„Ja, es gibt viele Zauberer, die eine Tiergestalt annehmen können“, gab Gerald zu. „Vielleicht steckt wirklich noch mehr dahinter. Aber ich glaube, solange dein Talent unkompliziert ist, kannst du zufrieden sein.“
„Bin ich aber nicht!“
„So ein Talent wie deins kam bei Erdenkindern noch nicht
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