Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
Hemmungen, ihn noch vor dem Frühstück wegen ihrer kaputten magikalischen Uhr zu bearbeiten. Er versprach, sich an diesem Vormittag darum zu kümmern, da ihn Estephaga krankgeschrieben hatte und er nicht zum Unterricht gehen würde.
„Du kannst sie dir nach der Schule bei mir abholen“, sagte er, bevor er sich an seinen angestammten Platz am Lehrertisch setzte. „Thuna kannst du gleich mitbringen, ich hab was für sie. Und Maria auch, der muss ich was Wichtiges erzählen.“
„Und Scarlett?“, fragte Lisandra.
Auch im geschwächten Zustand konnte Gerald noch überlegen grinsen.
„Mit der bin ich sowieso verabredet“, sagte er.
„Also gut“, sagte Lisandra sachlich, „dann kommen wir alle zu dir.“
„Wenn man bedenkt, dass Mädchenbesuch im Jungs-Trakt verboten ist, ist die Ausbeute nicht schlecht!“
„Du wohnst ja gar nicht im Jungs-Trakt.“
„Zur Hälfte schon oder wie nennt man den Ort, an dem man schläft?“
„Ist mir doch egal. Ich will nur, dass meine Uhr wieder funktioniert!“
„Du, Lisandra?“
„Ja, was denn?“
„Ich erkläre dir heute zum letzten Mal, wie man magikalische Instrumente putzt.“
„Hm.“
„Das gehört nämlich auch dazu.“
„Bis später dann, Gerald. Gute Besserung!“
Lisandra wusste genau, warum ihre magikalische Uhr kein Fluidum mehr speicherte. Bei dem Versuch, auf magische Weise den Abwasch zu erledigen, war ihr die Uhr ins Spülwasser gefallen. Und statt sie gleich auseinanderzunehmen und alle Einzelteile zu trocknen, so wie es ihr Gerald immer wieder erklärt hatte, hatte sie die Uhr in eine Dose mit Knoblauchzehen gestopft und erst einen Tag später wieder hervorgeholt. Die Uhr hatte furchtbar ausgesehen! Zu spät war Lisandra eingefallen, dass Knoblauch ein Zauberei-Verstärker war, der manchmal unberechenbare Auswirkungen hatte. Infolgedessen war die Uhr schwarz angelaufen und hatte einen merkwürdigen Pelz gebildet, den Lisandra nur mithilfe ihres magikalischen Reifs und viel gutem Zureden wieder entfernen konnte. Danach war die Uhr so gut wie tot gewesen. Lisandra hatte Zweifel, ob sie sich überhaupt reparieren ließ, deswegen sah sie dem Nachmittag ängstlich entgegen. Sie liebte ihre Uhr, auch wenn sie sie schlecht behandelte. Aber sie wollte sich bessern!
Von Scarlett erfuhren die Mädchen, dass Geralds Vater Gangwolf in Schwierigkeiten steckte. Zumindest trieb er sich gerade in den Regenwäldern von Maquajo herum und hatte Gerald nur mithilfe einer Tempelruine in diese Welt zurückholen können. Dummerweise spukten in der Tempelruine niederträchtige Affen und sehr echte Spinnen machten Jagd auf lebendiges Fleisch. Daher auch der Biss in die Hand. Gerald war heilfroh, dass nichts Schlimmeres passiert war. Er behauptete, sie seien nur knapp mit dem Leben davongekommen. Als sie aus der Ruine gerannt kamen, wartete schon der Schneeweiße Lindwurm auf sie, dieses seltene göttliche Tier, das Ritter Gangwolf gehörte. Er hatte es gerufen, damit es Gerald nach Mitt-Amuylett brachte, und wie so oft entpuppte sich der wunderbare Lindwurm als Rettung in letzter Sekunde. Sie kletterten auf seinen Rücken und entkamen damit einer ganzen Horde von Affen-, Spinnen- und sonstigen Monstern.
Ritter Gangwolf hatte sich daraufhin als wortkarg erwiesen. Über den Hintergrund dieses Abenteuers wollte er Gerald nichts erzählen. Als sich Gerald nach Viego Vandalez erkundigte, sagte Gangwolf nur, dass dieser sehr beschäftigt sei. Immerhin eine beruhigende Nachricht konnte Gerald überbringen: nämlich dass Berry zurzeit im Schloss seines Vaters wohnte. Er hatte sie dort ganz kurz gesehen, bevor er nach Sumpfloch aufgebrochen war. Sie hatte ihm aufgetragen, die Freundinnen zu grüßen und ihnen für die Briefe zu danken, die sie geschrieben hatten. Sie könne aber gerade nicht antworten, da ihr Aufenthaltsort geheim sei und nicht bekannt werden dürfe. Gerald hatte keine Zeit gehabt, dieser merkwürdigen Auskunft auf den Grund zu gehen. Berry ging es jedenfalls gut.
Gerald hatte noch mehr erzählt, doch das waren Dinge, die Scarlett für sich behielt, da es sich um Geralds persönlichste Probleme handelte. Sie betrafen Geralds Mutter und seine kleine Halbschwester Lulu. Dort, in der anderen Welt, aus der Gerald eigentlich stammte, lebten sie in einer Zweizimmerwohnung, die laut Gerald ‚mehr ein Schrank als eine Wohnung’ war. Vollgestopft bis oben hin, ein Durcheinander, in dem Töpfe mit verfaultem Essen in der Badewanne standen und überlaufende
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