Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
nämlich dass der Halbvampir erkrankt sei. Allerdings sei es unmöglich, den Erkrankten ausfindig zu machen. Er sei weder in seinen Räumen noch auf der Krankenstation, weswegen die Lehrer glaubten, dass Viego mal wieder seinen eigenen Geschäften nachging anstatt sich um die Aufgaben zu kümmern, die er zwei Monate lang vernachlässigt hatte.
Thuna war glücklich darüber, dass Pollux sein Gehege verlassen durfte. Grohann hatte entschieden, dass der Löwe nun wieder frei herumlaufen sollte, und rückte auch nicht von dieser Entscheidung ab, als Frau Eckzahn ihn deswegen beschimpfte.
„Tun Sie gefälligst Ihre Arbeit, Grohann!“, keifte sie lauthals beim Mittagessen, sodass es alle Anwesenden im Hungersaal hören konnten. „Haben Sie denn schon irgendeinen der kriminellen Vorfälle hier in Sumpfloch aufgeklärt? Wo ist General Kreutz-Fortmann? Haben Sie ihn geschnappt? Wo ist der Dieb der Unvergessenen Verwegenen? Haben Sie ihn überführt? Wer hat die Bande verhext? Haben Sie den Täter gestellt? Das nenn’ ich einen Sicherheitsbeamten! Lässt Löwen und Verbrecher frei herumlaufen! Man könnte meinen, Sie sind nur hier, um Urlaub zu machen. Arbeiten tun Sie jedenfalls nichts. Aber da befinden Sie sich ja in guter Gesellschaft. Gewisse Halbvampire denken auch, sie würden fürs Nichtstun bezahlt.“
„Ich muss die beiden in Schutz nehmen“, meldete sich Herr Winter zu Wort. „Die Bezahlung hier ist nicht so großzügig, als dass man sich dafür totschuften müsste, und das Essen nicht gut genug, um einen Aufenthalt in Sumpfloch als Urlaub zu bezeichnen.“
Grohann verzog keine Miene, er warf Frau Eckzahn nur einen kurzen Blick aus seinen braunen Steinbockaugen zu.
„Sie haben schlechte Laune, Frau Eckzahn?“
Frau Eckzahn, die eigentlich immer schlechte Laune hatte, verneinte dies.
„Ich sag Ihnen was, Grohann! Wenn hier noch mal was passiert und Sie haben es nicht verhindert, dann werde ich mich gegen Sie verwenden. Ich habe nämlich auch Freunde bei der Regierung!“
Diese Äußerung Frau Eckzahns erregte am Lehrertisch allgemeine Heiterkeit. Was auch immer Frau Eckzahn bei der Regierung hatte: Freunde waren es bestimmt nicht.
„Nur zu“, sagte Grohann. „Ich kann es kaum erwarten, Ihre Fürsprecher kennenzulernen.“
Damit war das Thema Pollux erledigt und Thuna konnte ihren Schoßlöwen wieder überallhin mitnehmen. Das war zwar unbequem (vor allem nachts, wenn er das ganze Bett belegte), aber es war besser, als ihn eingesperrt zu wissen.
Zu dieser Jahreszeit fanden rund um Sumpfloch wie im ganzen Land kleine und große Matschkürbis-Turniere statt. Die Mannschaft des nahe gelegenen Dorfes Gürkel, die ‚Gürklinger Stampfer’ spielten immerhin in der Zweiten Provinzliga und sollten am heutigen Sonntag gegen Faulstadt antreten. Das war ein Ereignis, dem alle Matschkürbis-Fans entgegenfieberten, denn Faulstadt war erst letztes Jahr wegen ein paar lächerlichen Regelverstößen aus der Ersten Provinzliga verbannt worden und galt nun als haushoher Favorit. Lisandra hätte das Spiel gerne gesehen, doch die Karten waren teuer und selbst wenn man sie bezahlen konnte, hieß das noch lange nicht, dass man welche ergattern konnte. Trotzdem wollten die Mädchen heute ins Dorf gehen, so wie fast alle Sumpflocher Schüler, denn alleine die Buden, die rund um das Spielfeld aufgebaut worden waren, die fremden und zum Teil berühmten Gäste, das Treiben, die Aufregung und die Krawalle, die so ein Spiel begleiteten, waren einen Besuch wert.
Pünktlich nach dem Mittagessen hörte auch der Dauerregen auf, der seit Mitternacht den Boden und bestimmt auch das Matschkürbis-Spielfeld in eine halbflüssige Schlammmasse verwandelt hatte. Jetzt kam die Sonne zum Vorschein, als hätte sie jemand für teures Geld bestellt. Scarlett stand mit Gerald, Lisandra und Maria im Garten, am Teich mit den fluoreszierenden Seerosenblättern. Sie warteten noch auf Geicko und natürlich auf Thuna, die versuchte, den mit vielen Dosen Löwenfutter ruhig gestellten Löwen Pollux in den Schlaf zu streicheln. Mitnehmen konnte sie ihn nicht, das war sogar ihr klar.
Viele kleine Grüppchen von Schülern trafen sich im Garten und nach und nach brachen sie alle in Richtung Dorf auf, aufgeregt und erwartungsvoll. Lisandra verlor allmählich die Geduld.
„Wo bleibt sie denn? Und wo bleibt Geicko? Ah, endlich!“
Sie sah Geicko, wie er die Gefräßigen Rosen umrundete, nur leider war er nicht allein. Grohann ging unmittelbar
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