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Die Supermarkt-Lüge

Die Supermarkt-Lüge

Titel: Die Supermarkt-Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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Großhändlern auf. Dabei entpuppt sich manches Laboraroma als wahrer Zusatzstoff-Cocktail. Krustentierfumet beispielsweise enthält neben »natur­identischen Aromen« auch Propylenglykol (zwölf Prozent, ein ­Lösungsmittel, Feuchthaltemittel und Weichmacher), Gummiarabicum, Glycerin, Salz, Alkohol und Xanthan. Seeigelaroma besteht unter anderem aus E 211, E 330, E 202, Wasser, Salz, Alkohol, Monosodiumglutamat, Ribonukleotiden (also Geschmacksverstärkern), Propylen­glykol (zwei Prozent) und Xanthan. Krabbenaroma enthält E 221, E 330, Wasser, Propylenglykol (19 Prozent), Salz, Alkohol und pflanzlichen Gummi. Ob auch die ­Aromen herkömmlicher Supermarktware weitere Zusätze enthalten, könnte nur der Hersteller erklären. Auf dem ­Etikett ist lediglich »Aroma« vermerkt.
    Seit einigen Jahren bemüht sich die Aromenindustrie verstärkt, nicht nur im Supermarkt, sondern auch in Restaurants Fuß zu fassen. Givaudan etwa unterhält ein chef’s council mit Küchenchefs aus diversen Ländern. Dessen Aktivitäten werden der Öffentlichkeit nicht kommuniziert. Im Rahmen dieses »Rates der Köche« werden namhafte Küchenchefs wie Joan und Jordi Roca (El celler de Can ­Roca, Girona, Spanien), Alex Atala (D.O.M, Sao Paulo, Brasilien), Paul Virant (Vie, Chicago), Alvin Leung (Bo ­Innovation, Hongkong) zum ausgiebigen Probieren der Laboraromen eingeladen.
    Clean Label: Wie der Verbraucher
auf der Zutatenliste betrogen wird
    Kennen Sie den »Cleaner«? In Kriminalromanen und ­-filmen fällt es diesen Saubermännern zu, nach einem Verbrechen die Spuren zu beseitigen.
    Auch die Lebensmittelindustrie beschäftigt inzwischen Cleaner. Sie tragen dort auch genau diesen Namen. »Cleaner« befreien das Etikett von den Spuren all der E-Nummern, die Verbraucher als unnatürlich empfinden.
    Bereits in den neunziger Jahren hatten Fabrikanten entdeckt, dass es dem Verbraucher vor allzu vielen E-Nummern auf Etiketten graut. Darauf hat sich die Lebensmit telindustrie eingestellt: Gesetzliche Deklarierungspflicht en von Zusatzstoffen werden durch Lobby-Arbeit aufge weicht und chemisch klingende Zusätze umbenannt. Damit sich die Produkte im Supermarkt gut verkaufen, sollen also keine oder wenige Zusatzstoffe auf den Packungen ­stehen.
    Ein prominentes Beispiel ist die Umbenennung von E 407 in »Carrageen (Algenextrakt)«. Algenextrakt, das klingt vertrauenerweckend, da hört der Verbraucher die Blätter der Nori-Alge im Sushi-Restaurant rauschen. Es ist und bleibt jedoch ein Additiv, das aus ungenießbaren Algen im Säurebad erzeugt wird.
    Clean Labeling – also der angebliche Verzicht auf oder die Einschränkung von Zusatzstoffen – ist in der Lebensmittelindustrie zu einem riesigen Business geworden. Es gibt Anbieter, die nur auf Cleanlabel-Produkte, etwa Farbstoffe, spezialisiert sind. Einige wirken seriös, sie bestehen darauf, dass schon ihre Rohstoffe ausschließlich essbare Lebensmittel seien. Andere sind mehr auf das Umschiffen von Gesetzestexten spezialisiert, auf Umdeklarierung, die aus Zusatzstoffen eben Zutaten macht.
    Passend dazu gibt es seit einiger Zeit »Label Cleaner« oder »Cleanlabel-Berater«, die zahlreiche Tipps für Ver­balkosmetik bereithalten. Einer davon lautet knapp ­zusammengefasst: »Verwenden Sie keine E-Nummern, ­schreiben Sie Zusatzstoffe aus, erklären Sie gegebenenfalls, worum es sich handelt.«
    Adrian Short, Co-Eigentümer von Ulrick & Short in Großbritannien, einem Hersteller von Ingredienzien für »saubere Etiketten«, beschreibt seine Tätigkeit in einem Interview mit folgenden Worten: »Es [Clean Label] bedeutet nicht unbedingt, keine E-Nummern [zu verwenden]. Zyniker würden sagen, dass es mehr darum geht, was laut Marketing-Spezialisten großer Lebensmitteleinzelhändler diese Woche nicht auf Etiketten gehört. Es ist ein sich entwickelndes Konzept. Nehmen Sie Xanthan. Einige Händler sind dagegen, weil Verbraucher es nicht kennen und nicht im eigenen Küchenschrank haben. Oh. Und es beginnt auch mit einem X.«
    Sauberes Etikett statt sauberes Essen – so muss man wohl das Konzept der Lebensmittelkonzerne interpre­tieren.
    Im Zuge der Cleanlabel-Bewegung wurden erlaubte ­Zusatzstoffe gern zu »natürlichen Additiven« verklärt. Der Begriff »natürlich« wird jedoch nicht durch

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