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Die Tänzerin im Schnee - Roman

Die Tänzerin im Schnee - Roman

Titel: Die Tänzerin im Schnee - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die nötige Zuversicht in dir fühlen. Wenn du dich zu unpassender Zeit erschöpft fühlst, denke an ihn, an Stalin, und deine Müdigkeit wird vergehen … Wenn du etwas Großes geplant hast, denke an ihn, an Stalin, und deine Arbeit wird erfolgreich sein … Wenn du nach einer Lösung suchst, denke an ihn, an Stalin, und du wirst sie finden.
     
    »Es tut mir leid«, entschuldigt sich Nina etwas unbeholfen, »aber ich habe ein Engagement, ich muss jetzt gehen. Viktor, wir sehen uns dann zu Hause.«
    Sie verlässt den Raum mit einem erleichterten Seufzer. Doch als sie an die Nachricht denkt, die sie Vera nun überbringen muss, wird ihr das Herz wieder schwer.
     
    Am Montagmorgen besuchte Grigori als Erstes Drew in ihrem Büro.
    Sie schaute lächelnd auf und kam hinter ihrem Schreibtisch hervor, um Grigori mit professioneller Selbstsicherheit die Hand zu schütteln. »Schön, Sie zu sehen.«
    »Gleichfalls. Sie haben im Urlaub etwas Sonne abbekommen.«
    »Oh, gut, ich dachte schon, das bisschen an Bräune wäre auch schon wieder verschwunden.« Dieses ungezwungene Lächeln. »Die Kataloge sind gerade verschickt worden. Sie müssten Ihren morgen oder übermorgen im Briefkasten finden.«
    Es geschah also wirklich, die Dinge waren in Gang gesetzt worden, die Auktion würde tatsächlich stattfinden. Wenn er den Katalog in Händen hielt, würde Grigori es vielleicht auch endlich ganz glauben können.
    Drew kramte in ihrer großen Lederhandtasche. »Danke, dass Sie mir das Buch ausgeliehen haben.«
    »Danke, dass Sie es gelesen haben. Meine Übersetzungen finden selten Leser.«
    »Ich bin beeindruckt. Die Gedichte hören sich im Englischen ganz natürlich an. Wenn ich nicht wüsste, dass sie eigentlich in einer anderen Sprache verfasst worden sind …«
    Ein Gefühl der Demut überkam Grigori, und er hörte sich sagen: »Ich schätze, sie stellen einen Großteil meiner bisherigen Arbeit dar.«
    Drew nickte, als wüsste sie das längst. »Ich mag sie sehr. Nicht nur die Gedichte an sich. Auch im Zusammenhang mit Viktor Elsins Geschichte. Ich habe über manche von ihnen nachgedacht, eigentlich nur ein bisschen herumgesponnen. Die späteren sind mir besonders aufgefallen. Sein Stil hat sich so dramatisch verändert.«
    Grigori nickte. »Ich habe Aufsätze darüber geschrieben. Solche Dinge greifen wir Akademiker gern auf, in Ermangelung einer bedeutenderen Beschäftigung.«
    Wieder ihr strahlendes Lächeln. »Und … was haben Sie herausfinden können?«
    »Ach, Sie wollen bestimmt nicht, dass ich davon anfange.«
    »Doch, gern.« Sie sah ihm direkt in die Augen. Eine große Frau, die Stärke ausstrahlte.
    »Nun, ich denke, die Veränderung seines Stils hat mit Veränderungen in seinem Privatleben und in seinen Arbeitsbedingungen zu tun. Neue Themen brachten ihn zu einer neuen Herangehensweise. Die Gedichte drücken das natürlich nicht explizit aus. Aber Sie wissen ja, dass er gefangen genommen wurde, kurz nachdem er diese letzten Gedichte verfasst hatte. Es gab Spekulationen darüber, dass er an irgendwelchen subversiven Aktivitäten beteiligt gewesen sein soll. Außerdem war ein enger Freund von ihm inhaftiert, damit könnte es auch etwas zu tun haben.«
    Nachdenklich meinte Drew: »Nina Rewskaja wüsste es sicher.«
    »Nun, ja … vielleicht. Sie hat nie etwas darüber erwähnt.«
    Drew blätterte zum Ende des Buches. »Speziell dieses letzte Gedicht. Es verfolgt mich geradezu.«
    »Flussufer« war das ungewöhnlichste seiner Gedichte und besaß weder ein Versmaß noch auch nur den Ansatz eines Reimes. Es war Viktor Elsins letztes Werk.
    Flussufer
     
    I.
    Diese Wälder bergen herrliche Geheimnisse.
    Unbarmherziger Wind, seine Botschaft durcheinandergeworfen
    vom Rauch verbrannten Holzes am Ende des Sommers.
    Ein röchelnder Haselstrauch: Zugabe, Zugabe! Zeit
    schwingt sich in die Luft. Winzige Nebenflüsschen. Revenant.
    Leerer schwarzer Himmel, kein Sternengewirr,
    kein unermüdlicher Mond. Die Kiefern weinen.
    Unruhige Äste senden schwache Signale aus …
    II.
    Sterne in der Ferne: kleine Tautropfen
    auf einem riesigen Spinnennetz.
    III.
    Unter der Fichtendecke hält sich
    eine Kolonie Pilze versteckt vor diesem hellen
    Juwel, der Sonne, die den Wind blendet.
    Alte Tränen verhärten sich, wie Herzen.
    Man ist niemals bereit.
    Staub weht über Straßen.
    Erstaunte Blumengesichter.
    »Er muss es in großer Eile verfasst haben«, überlegte Drew. »Oder vielleicht kling es auch nur so gehetzt.«
    Grigori nickte.

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