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Die Tänzerin im Schnee - Roman

Die Tänzerin im Schnee - Roman

Titel: Die Tänzerin im Schnee - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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will Nina von der Krankenpflegerin wissen, die sie hergebracht hat.
    Diese bittet sie um Ruhe und zieht sie noch ein Stück weiter hinter die Trennwand, um sie zu verstecken. In diesem Raum sind keine Besucher erlaubt; Nina hat bezahlt, um hinaufgelassen zu werden. Bevor sie ihre Frage erneut stellen kann, ist die Pflegerin schon wieder davongeeilt.
    Mit ihrer blassen Gesichtsfarbe und dem glänzenden, nur ganz leicht verfilzten Haar sieht Vera fast wie ein Engel aus. Nina ergreift ihre Hand und stellt beruhigt fest, dass sie noch einen Puls fühlt.
    »Veroschka, ich bin bei dir.«
    Ein Zucken fährt durch ihr Gesicht.
    »Kannst du mich hören? Vera, was ist passiert?«
    Keine Reaktion. Ihre Hand fest umklammert, stellt Nina sich vor, dass sie die Kraft ihres eigenen Körpers auf Veras überträgt. Wenn sie nur nicht loslässt, kann sie sie wieder gesund machen.
    Doch nun ist die Ärztin, eine kleine, streng aussehende Frau, zur Untersuchung erschienen.
    »Aber was fehlt ihr denn?«, fragt Nina sie.
    »Sie hatte starke Blutungen. Fürs Erste scheinen sie gestoppt zu sein, aber man weiß es nie mit Sicherheit. Manche Menschen haben die Veranlagung dazu.« Sie notiert schnell etwas auf dem Zettel, der in ihrem Klemmbrett steckt.
    »Die Veranlagung dazu?« Nina sieht zu Vera hinunter, deren verschwitztes Haar sich leicht wellt. »Das verstehe ich nicht.«
    Aber die Ärztin ist bereits auf dem Weg zum nächsten Bett, das direkt gegenüber von Veras steht – ohne Trennwand dazwischen –, und schlägt das Blatt in ihrem Klemmbrett zurück. Nina würde sich am liebsten hinsetzen, aber sie kann im ganzen Raum keinen einzigen Stuhl erblicken, nur eine lange Reihe Betten sowie eine untersetzte Krankenschwester, die gerade hereineilt. Sie trägt einen Säugling auf dem Arm – einen schreienden Säugling, als wäre der Raum nicht schon laut und ungemütlich genug.
    »Da hat aber jemand Hunger«, sagt die Krankenschwester und übergibt der Frau gegenüber von Vera das kleine Wesen. Nina sieht zu, wie sie ihr hilft, das Kind an die Brust zu legen. »Nein, nein«, ruft sie aus. »Sie machen es ganz falsch, aus diesem Winkel hat er doch gar keinen Halt.« Die Mutter verschiebt das Baby erneut. »Ich kann das nicht.«
    Die Schwester schnaubt verächtlich: »Ach, dann wollen Sie ihn also verhungern lassen?«
    Nina sieht von der Krankenschwester zu der überforderten Mutter, und erst langsam ergibt das Ganze für sie einen Sinn. Sie wirft rasch einen Blick hinter die Trennwand in das Bett neben Veras, und auch in das nächste und das übernächste. Nun versteht sie. »Oh, sehen Sie, jetzt bleibt er dran«, verkündet die junge Mutter, in deren Stimme Erleichterung und Freude liegen. »Sehen Sie nur, da kommt die Milch!«
    »Da haben Sie’s. Er weiß ganz von selbst, was er tun muss«, gibt die untersetzte Krankenschwester zurück.
    »Entschuldigen Sie bitte«, spricht Nina sie besorgt an, während die Mutter ihr Kind säugt. Die Schwester dreht sich sofort zu ihr um. »Meine Freundin hier. Hat sie auch ein Kind bekommen?«
    »Natürlich hat sie ein Kind bekommen. Das ist hier ja schließlich die Entbindungsstation, nicht wahr?«
    »Aber … das verstehe ich nicht. Wo ist es denn?«
    »Auf der Säuglingsstation.« Und dann, beinahe boshaft: »Wenn Sie möchten, können Sie ihn sehen.«
    Ihn. Ein Junge. Noch völlig fassungslos erwidert Nina: »Ja, bitte.«
    Kurz darauf kehrt die Krankenschwester mit einem winzigen Säugling zurück, der in ein viereckiges Tuch gewickelt ist. Nina schaut sich das Kind nur zögerlich an und erwartet schon ein dem anderen Baby ähnelndes Wesen mit Walnussgesicht. Doch als ihr die Schwester das kleine Bündel leicht widerwillig überreicht, erkennt Nina, dass dieses Baby wunderschön ist. Es hat keine verquollenen, geschlossenen Hautschlitze, wo die Augen sein sollten. Dieser Säugling blickt aus verstörend blauen Augen suchend in die Welt. Dieses winzige Etwas hat bereits eine Persönlichkeit und ist schon ein ganzer Mensch mit erstaunlich ausgeprägten Gesichtszügen. »Oh, er ist einfach perfekt.«
    »Ja, das ist ein Hübscher. Ich habe ihn frisiert.« Obwohl sich auf dem Kopf des Kleinen nur ein feiner – nahezu unsichtbarer – Flaum zeigt, hat die Schwester ihm einen winzigen schneidigen Scheitel gekämmt.
    Ja, er ist eine ganz reale Person. Nina sucht in seinem Gesicht nach Ähnlichkeiten mit Vera. Vera und … wem? Wer ist der Vater dieses Kindes?
    Nina fragt die Krankenschwester.
    »Nur ein

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