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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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diese Eindruck noch. In der Menge glaubte sie, das ebenfalls bleiche Gesicht ihrer Schwester auszumachen. Aber selbst Daniela konnte ihr jetzt nicht mehr helfen.
    »Ich muß hier fort«, brachte Alessa nur mühsam hervor. Sie richtete ihre klaren grünen Augen auf Ruyven, der nur wortlos nickte, ihr aufhalf und sie mit seinen starken Armen stützte. Die Menge machte ihnen voller Abscheu Platz, als sie aus der Halle eilten; es waren Rufe zu vernehmen wie: »Schamlose Schlampe! Sie ist keine Aillard, niemals! Wer hat diese Schandtat zugelassen? Ich habe die ganze Zeit geglaubt, es wäre Endreas Aillard …« Aber darunter mischten sich auch andere Stimmen: »Was für ein phantastischer Tanz das doch war! Kein Mann hat je so gut getanzt wie diese Frau, die sich als Mann ausgab! Sie hat ihren Bruder Endreas bei weitem übertroffen, und er ist einer unserer besten!«
    Sie befanden sich bereits im Flur, als Ruyven sie allein weitergehen ließ. Als ob er überhaupt nicht anwesend sei, schritt Alessandra stoisch und kerzengerade weiter und nahm nichts um sie herum wahr.
    Ruyven war ganz gegen seinen Willen milder gestimmt. Sein Herz öffnete sich, weil sie selbst jetzt, da in ihrem Inneren eine Welt zusammengebrochen war, so stolz und gefaßt erschien.
    »Damisela …« Seine sonst so unbeteiligte Stimme war nahe daran sich zu überschlagen. »Ich werde Sie zum Quartier der Aillards zurückbringen.«
    »Ich bin noch nie zuvor ohnmächtig geworden. Ich habe nie gewußt, was es bedeutet, auch nur einen Moment lang nicht mehr weiterleben zu wollen …« Ihre Worte klangen wohlüberlegt, doch ausdruckslos. Sie hörte nicht, was Ruyven zu ihr sagte.
    »Kommt, Damisela, Sie müssen dieses unglückselige Kostüm ablegen. Zieht Euch um und dann ruht Euch aus. Sie werden es nötig haben, denn Euch stehen schwierige Zeiten bevor.«
    »Ausruhen …« Alessas zitternde Lippen wiederholten das Wort.

    Sonst zeigte ihr Gesicht keinerlei Regung. Und doch liefen ihr mit einem Mal große Tränen über die Wangen.
    Ich wollte von ganzem Herzen auf diesen Planeten zurückkehren, der meine Heimat ist. Selbst wenn ich vor einem Millionenpublikum getanzt habe, wollte ich immer nur das eine: zurückkehren und den einen Tanz tanzen, der allein das Blut in meinen Adern zur Wallung bringt.
    Sie schaute auf, um in die Augen des Mannes zu blicken, der anscheinend ihre Gedanken gelesen hatte. Alles Stählerne war aus seinem Blick gewichen.
    »Es war wirklich unglaublich von Ihnen, Damisela. Ich hätte das an Ihrer Stelle nicht getan. Niemals!«
    Sie fuhr ihn an. »Sie, Dom? Sie sind aber nicht an meiner Stelle!
    Und Sie wissen nicht, was es heißt zu tanzen …«
    »Darum geht es nicht. Aber was gibt Ihnen eigentlich das Recht, nach Darkover zurückzukehren und zu glauben, hier alles nach Lust und Laune verändern zu können. Glauben Sie wirklich, daß Ihre Erfahrung aus beiden Welten ausreicht, um ›das Neue mit dem Alten zu verbinden‹, wie es so schön heißt? Glauben Sie wirklich, daß Sie so Darkover bewahren können, und sei es nur dem äußeren Schein nach? Wie unser Lord Hastur, für den allein der äußere Schein zählt?«
    »Das ist ganz und gar nicht Hasturs Einstellung. Er allein kann die Wirklichkeit richtig einschätzen, er allein weiß, daß das einzig Beständige der Wechsel ist, und daß auch die Comyn ihm unterworfen, oder aber zum Untergang verdammt sind, – mitsamt ihrer geheiligten Tradition!«
    »Ach? Ich sehe ja, wie heilig sie Ihnen ist!«
    »Mehr als Sie annehmen! Sie gehören einer aussterbenden Rasse an!« stieß Alessa von Zorn erfüllt hervor. Dann erstickte, für beide unerwartet, lautes Schluchzen ihre Stimme. Der purpurrote Schleier ihrer Haare, der die Schande über sie gebracht hatte, bedeckte ihr Gesicht und verbarg jetzt die Schmach ihrer Tränen.
    Ruyven wußte nicht, wie er reagieren sollte, und verharrte schweigend vor ihr. Aus irgendeinem Grund war auch ihm nach Weinen zumute. Alessa gab sich vollkommen ihrem eigenen Schmerz hin und schämte sich nicht länger dem Schluchzen, das nun langsam verebbte.
    Beide wußten es nicht, hatten es nicht in der Seele des anderen gelesen, aber beide beklagten in diesem Augenblick das unauflösliche Dilemma Darkovers.
    »Verzeiht mir, Alessandra«, begann Ruyven erneut. »Ich brauche Sie wohl kaum daran zu erinnern, was gerade vorgefallen ist. Aber eines muß ich doch noch wissen, selbst wenn ich Sie damit wieder aus der Fassung bringen sollte. Warum? Sagen Sie mir bitte

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