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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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überlieferten Lieder besitzen eine tiefere Wahrheit. Einige aus dem Volk der Wälder haben sich in seltenen Fällen mit Menschen gepaart.« An dieser Stelle errötete er leicht. »In begrenztem Umfang kommt das auch heute wieder vor, da sie mittlerweilen untereinander oft unfruchtbar sind.«
    Fiona beugte sich aufgeregt vor. »Ob ich wohl während meines Aufenthaltes einen von ihnen treffen könnte? Was glauben Sie, wie stehen meine Chancen?«
    »Die Chieri sind seit jeher gegenüber Fremden sehr scheu, und das gilt für alle, die nicht zu ihrer Rasse gehören. Jetzt sind sie vom Aussterben bedroht und haben noch mehr Grund, auf der Hut zu sein. Wir können uns glücklich schätzen, daß zwei von ihnen an unserem Projekt mitarbeiten. Viele glauben, daß die Comyn ihre Laran -Kräfte erst durch die Verbindung mit den Chieri erhielten.«
    »Das ist mir bekannt.« Fiona war drauf und dran, ihn zu bitten, einem dieser quasi-mythischen Wesen vorgestellt zu werden, wagte es aber nicht, diesen Wunsch zu äußern. Es wäre unangebracht und könnte sogar das Gegenteil bewirken.
    Rafe spürte vermutlich ihre Wißbegier; schließlich gehörte er zu der legendären Telepathenkaste Darkovers. »Ich bin mit einem der beiden anwesenden Chieri eng – befreundet. Vielleicht läßt sich später ein Treffen einrichten.«
    Als er sie zu ihrem Zimmer führte, sagte er: »Ich würde Ihnen bei Ihren Studien über unsere Legenden und Balladen gerne behilflich sein, so weit es mir möglich ist. Ich muß allerdings einräumen, daß mir die ganze Vorgehensweise etwas fremd ist. Die Vorstellung, abstraktes Wissen nur um seiner selbst willen anzuhäufen, ohne praktischen Nutzen – «
    Solche Vorwürfe, sie forsche in einem »Elfenbeinturm«, hatte sie schon auf Terra zur Genüge gehört. Eifrig verteidigte Fiona ihre Arbeit. »Aber es findet durchaus praktische Anwendung. Was passiert zum Beispiel, wenn Menschen Kontakt mit anderen intelligenten Lebensformen aufnehmen und sie durch die Brille unserer Mythen betrachten? Behandeln wir Außerterranische unangemessen, weil wir in ihnen nur die Geschöpfe unserer eigenen Phantasie sehen, anstatt sie so wahrzunehmen, wie sie wirklich sind? Das hoffe ich, letzten Endes herauszufinden.«
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg«, antwortete Rafe mit ernster Stimme.
    Der Gedanke an Rafes Herzlichkeit erleichterte Fiona am nächsten Tag die notwendigen Vorbereitungsarbeiten für die geplanten Interviews. Sie verbrachte den Vormittag am Computer, um verschiedene Fassungen darkovanischer Balladen und epischer Fragmente über Beziehungen zwischen Menschen und Chieri abzurufen. An der Tastatur klebten noch wie Staub die Psycho-Spuren von der Berührung durch vorherige Benutzer. Ausdrucke umgaben sie stapelweise.
    Gegen Mittag schaute Fiona vom Bildschirm auf und rieb sich den steifen Nacken. Trotz aller fortschrittlichen Technologie war es offenbar noch immer nicht gelungen, ein Computerpult zu entwerfen, an dem sich beim Arbeiten nicht sämtliche Muskeln verspannten.
    Fiona beschloß, vor dem Mittagessen noch kurz in den »Wald« der Raumstation zu gehen. Es war nicht nur die Stille des Raumes, die sie anlockte; hier konnte sie noch am ehesten Kontakt mit jener Welt aufnehmen, der sie in den Legenden begegnet war.
    Zunächst lief sie zu ihrem Zimmer zurück, um ihre Harfe zu holen. In dem künstlichen Wald setzte sie sich unter herabhängenden Zweigen voller gelber Blüten auf die Steinbank und machte sich daran, die launischen Seiten des Instruments zu stimmen. Diese vertraute, fast schon mechanische Beschäftigung entspannte und beruhigte sie. Sie blickte in den klaren Teich, in dem winzige Fische in allen Regenbogenfarben hin- und herschossen, und schlug die Harfe an.
    Als sie mit dem Klang des gestimmten Instruments zufrieden war, zupfte sie zur Begleitung einer alten Ballade einige Akkorde: Ein Mann bin ich zu Lande, ein Silkie auf hoher See, und wenn ich fern vom Lande bin,
    leb’ ich in Skule Skerry.
    Und während sie so von der Liebe jenseits der irdischen Schranken sang, richtete sie ihren Blick auf die Kiesel am Rande des Teiches.
    Ihr Lied, zunächst noch in ihren Gliedern gefangen, wuchs zu einem Gesang an, der von ihren Stimmbändern und Fingerspitzen aus in der Luft fortpulsierte und ein Netz wob, das die Kiesel aufsammelte und zum Tanzen brachte. Verzückt und entrückt beobachtete sie, wie die Steinchen in engen Spiralen über die glatte Wasseroberfläche wirbelten. Die Freude an diesem

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