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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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sich grob am Stand der roten Sonne und wandte sich dann nach Osten, ritt immer tiefer in die Kilghard-Berge.
    Gegen Abend überkam Amilha erneut ein Gefühl der Beklommenheit. Wenn sie den Geschichten, die sie über die Kilghard-Hexe gehört hatte, glauben durfte, dann hauste sie in diesem östlichen Teil des Waldes, wo seltsame Geschöpfe und geheimnisvolle Zauberwesen lauerten. Würde sie der Hexe über den Weg laufen? Amilha versuchte, erst gar nicht daran zu denken.
    Sie konnte nicht genau sagen, welche Entfernung sie am ersten Tag zurückgelegt hatte. Jedenfalls schien es ihr, daß sie nur langsam vorwärts kam. Die weiten Röcke behinderten sie beim Gehen. In ihren Haaren hatte sich Ungeziefer eingenistet, obwohl sie es inzwischen hochgebunden hatte. Sie hatte sich den Kopf bereits blutig gekratzt.
    Drei Tage war sie so schon unterwegs. Und drei Nächte hatte sie von Bard, den Bäumen, der Hexe und dem Hirsch geträumt.
    Am vierten Tag hörte sie das Rauschen eines Flusses. Verdreckt und erschöpft wie sie war, hielt sie hoffnungsvoll darauf zu. Aber da hörte sie auch Stimmen. Männerstimmen! »Wenn ich mich nur endlich waschen könnte, Kleiner«, flüsterte sie dem Pony zu. »Und Wasser brauchen wir auch.« Die Verzweiflung trieb sie an und machte sie mutiger als sonst. Sie ließ das Pony zurück und schlich sich näher an das Gewässer heran, bis sie schließlich deutlich Gesang hören konnte.

    Bredin sind wir bis zum Tod!
    Steh’n uns bei in jeder Not!
    Der Brüderschaft sind ewig wir geweiht!
    Kein Streit im Leben uns entzweit!
    Amilha wich zurück und verbarg sich hinter einem dichten Busch.
    ‘Noch keine Männer. Zwei junge Burschen. Sie tobten und tollten lautstark im Wasser umher und genossen ihre frisch begründete Brüderschaft in vollen Zügen. Amilha spähte erneut durch das Gebüsch. Sie waren nackt und freuten sich ohne falsche Scham an ihren Körpern. Vor ein paar Tagen noch hätte ich dem in aller Unschuld zuschauen können. Ihre Miene verfinsterte sich und sie zog sich zurück. Aber jetzt weiß ich, wie ihr wirklich seid. Ihr Schweine!
    Plötzlich schnaubte ein Pferd. Amilha, fuhr zusammen. Keine zehn Fuß entfernt standen, an einen Baum gebunden, zwei Wallache. Beide trugen Satteltaschen. Welch ein Glück!
    Vorsichtig und leise näherte sie sich den Pferden. Eines der beiden hob den Kopf und schnupperte an ihrer Hand, danach graste es weiter. Da von dem fremden Mädchen offenbar nichts zu befürchten war, verhielt sich auch sein Artgenosse ruhig.
    Amilha öffnete eine der Satteltaschen und zog einige Kleidungsstücke hervor: eine alte, braune Reithose, ein grob gewebtes Hemd und einen schweren Wollkasack. Der anderen Tasche entnahm sie ein Paar Stiefel. Darunter entdeckte sie noch eine dicke Wolldecke, die Wärme für die Nacht versprach. Dennoch wagte sie es nicht, die Decke an sich zu nehmen. Ich hätte nie gedacht, daß eine einfache Wolldecke mir einmal so viel bedeuten würde. Amilha strich fast schon andachtsvoll mit der Hand über den rauhen Stoff, aber bevor sie noch weiter in Versuchung geriet, verschloß sie die Taschen wieder. Die Decke war so schwer, daß ihr Fehlen sofort aufgefallen wäre, und Amilha wollte nicht riskieren, verfolgt zu werden. Sie hatte sich hier schon viel zu lange aufgehalten.

    Mit den erbeuteten Sachen unterm Arm lief Amilha so schnell wie möglich zu ihrem Pony zurück. Wobei sie sorgfältig darauf achtete, nicht im Unterholz zu straucheln und dadurch die Jungen noch zu alarmieren. Das Pony hatte wie immer geduldig auf sie gewartet.
    Amilha riß ihren Unterrock in Streifen und band damit die Kleider zu einem Bündel zusammen, das sie dem Pony um den Hals hängte.
    Dann nahm sie es beim Zügel und führte es vom Fluß weg weiter nach Nordosten. Da sie immer noch befürchtete, verfolgt zu werden, gönnte sie sich bis zum Abend keine Pause. Als sie endlich rasteten, war Amilha so erschöpft, daß sie unter dem nächsten größeren Baum sofort einschlief.
    Am Morgen wickelte sie die Kleider aus und entdeckte dabei einen kurzen Dolch, der in dem Wollkasack verborgen gewesen war. »Na, wenn das kein Glück ist! Jetzt kann ich … ja, was eigentlich? … Ach, zu irgend etwas wird er schon nützlich sein.« Zuerst probierte sie die Hosen und Stiefel an; beide waren nur ein bißchen zu groß. Das Hemd und die Weste schlabberten etwas, waren aber sehr bequem.
    Zum ersten Mal seit Tagen fühlte sich Amilha frei und unbeschwert.
    »Schau dir das an, Kleiner! Kein

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