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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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blöder Rock, der dich nur einengt.«
    Sie tanzte und sprang um die Bäume herum, bis sich ein Zweig in ihren Haaren verfing und sie schmerzhaft zurückhielt. »Autsch!«
    Vorsichtig versuchte sie, Haare und Gebüsch zu entwirren, aber als es ihr schließlich gelang, waren ihre Locken voller Kletten.
    »Wenn ich doch bloß ein Junge wäre! Dann bräuchte ich mich nicht mit langen Haaren herumärgern.« Dabei fiel ihr Blick auf den Dolch, der neben ihrem Kleid auf dem Boden lag. Seine Klinge schimmerte in der Morgensonne und schien ihr eine Lösung anzubieten.
    »Nein, das geht zu weit. Ich kann mir doch nicht die Haare abschneiden«, jammerte sie zaghaft vor sich hin. »Kein Mann würde mich je heiraten …« Sie dachte den Gedanken nicht zu Ende.
    Stattdessen griff sie hastig nach dem Messer, und nach wenigen Augenblicken lagen ihre wundervollen Kupferlocken wie rotbraunes Herbstlaub am Boden verstreut. Trotzig warf sie den Kopf zurück, aber als sie sich niederkniete, um die einstige Lockenpracht unter einem Busch zu vergraben, mußte sie doch seufzen. »Das dürfte dann wohl das Ende meiner Mädchenjahre sein.«
    Eine wohltuende Brise strich ihr warm und tröstlich um den entblößten Nacken.
    Am siebten Tag erreichte Amilha einen Höhenkamm, von dem aus sie die Hügellandschaft gut überblicken konnte. Ein unter dem ständigen Wind schief gewachsenes Bäumchen bot ihrem müden Körper eine natürliche Sitzgelegenheit. Es war Hochsommer und die Bäume standen jetzt voll im Saft; ein einziger, riesiger, grüner Teppich erstreckte sich vor ihr, so weit das Auge reichte, und bedeckte Hügel und Täler. Die große Nordstraße hatte sie längst hinter sich gelassen.
    »Ob wir es jemals bis zur Insel des Schweigens schaffen werden, Kleiner? Und was dann? Was könnte ich der Schwesternschaft schon anbieten, falls ich sie dort überhaupt antreffe. Ich habe nichts Wertvolles.«
    Außer dir selber.
    Amilha fuhr herum. Aber da war niemand! Dafür war aber sie nun am Ende ihrer Kraft und Geduld. »Wer bist du?« flehte sie.
    »Warum folgst du mir und erschreckst mich so?«
    Keine Antwort. Nur das Rauschen des Winds in den Blättern.
    »Es ist nicht das erste Mal, daß ich dich höre!« rief sie jetzt zornig.
    Wieder keine Antwort. Nur eine Biene summte zwischen den Blumen. Ihre Neugierde war stärker als ihre Angst, und so setzte sie sich wieder auf den Baumstamm und fragte fast schon vertraulich:
    »Warum kann ich dich nicht sehen?«
    Du kannst es! Schau dich nur um, ich bin dir so nah.
    »Aber ich kann kein Geschöpf erblicken, weder Mensch noch Tier.«
    Nicht mit den Augen, sondern in Gedanken sollst du mich erkennen.
    Amilha schloß ihre Augen und konzentrierte sich. Sie versuchte, sich die Hexe vorzustellen, wie sie ihr im Traum erschienen war.
    Aber außer der Äderung ihrer Augenlider, durch die rote Sonne noch verstärkt, konnte sie nichts wahrnehmen.
    »Ich kann dich nicht sehen. Ich bitte dich, sag mir, wer du bist?«
    Sie glaubte, den Widerhall eines leisen Kicherns zu hören. Oder doch nicht? Sie konnte es nicht sagen.
    Amilha hatte genug von dem Ratespiel, stand auf und versuchte, eine mögliche Marschroute durch die Hügel festzulegen. Sie konnte zunächst keinen bestimmten Anhaltspunkt ausmachen, bis sich plötzlich über einem kleinen Waldstück die Wolken teilten und die Sonnenstrahlen auf ein weißes Gebäude fielen. »Was ist denn das da drüben, Kleiner? Ob da jemand wohnt? Es sieht aus wie ein weiß getünchtes Haus aus Holz, oder vielleicht sogar aus Stein. Und ist das nicht ein Türmchen auf dem Dach? Vielleicht ist es eine Kapelle!« rief sie aufgeregt. »Das würde bedeuten, daß dort eine heilige Frau lebt! Und ich könnte mich dort ein paar Tage ausruhen und Proviant sammeln, bevor wir unsere Reise fortsetzen. Oder ich könnte sie um Rat fragen. Vielleicht kann sie mir sagen, was ich tun soll.« Beflügelt von ihrer Entdeckung, rannte sie den Abhang hinunter und vergaß dabei völlig das Pony, das ihr brav hinterhertrottete.
    Sie brauchte noch fast zwei Stunden, um die Waldkapelle zu finden, die sich in einem kleinen Tal befand. Amilha sah sie erst, als sie unmittelbar davor stand. Vielleicht habe ich mich schon zu weit vorgewagt. Was nun, wenn da jemand lebt, der nichts mit anderen Menschen zu tun haben möchte? Oder wenn es gar die Hexe ist? Sie wich zurück und versteckte sich hinter den Büschen, erkannte aber ihren Fehler. Es war bereits zu spät. Eine Hexe mit Laran hätte längst von ihrer

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