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Die Tätowierung

Die Tätowierung

Titel: Die Tätowierung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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m ilien haben schon lange kei n e Nachkom m en m ehr, aber ihre Gräber st e hen unt e r Denk m alschutz. Sie s i nd einzigartig, weil …«
    Der rundliche Mann sprach unaufhörlich und wild gestik u li e r e nd weiter, bis sie die großen Mausoleen erreicht hatten. Sie standen d i cht gedrängt in der Mitte des Friedhofs, auf der einen Seite des Kieswegs zwei, auf der anderen drei. W i e ein Manhattan der Toten erhoben sie sich über die anderen Gräber.
    Es handelte sich wirklich um i m posante Bau w erke. Sie waren etwa zehn Quadrat m eter groß. Zwei waren m it weißem Mar m or verkleidet, eines m it Schiefer und die anderen beiden m it rotem Granit. Die Türen waren aus Eisen oder m it kräftigem Kupferblech verkleidet.
    » W issen Sie, um welches von den Gräbern es sich handelt?«, fragte Gösta Olsson.
    »Leider nicht. Unser Z euge geriet in Panik und kann sich nicht m ehr richtig erinnern«, antwortete Irene bedauernd.
    Offenbar hatte Hannu behaup t et, dass sie einem Verdacht n ach g i ngen, dass hier Sata n i sm us praktiziert würde. Irene sah keine Veranlassung, dieses Missverständnis aufzuklären.
    Olsson seufzte schwer und trocknete sich ein weiteres Mal seine Glatze.
    »Dann können wir uns genauso gut alle fünf ansehen. Wenn Sie wüssten, was diese Satanisten alles anric h ten! Sie werfen Grabsteine um und versch m i eren alles m it Wachs und Stearin. Ein m al haben sie sogar versucht, ein Grab zu öffnen! Dort lag ein Bischof begraben, der Ende des 19. Jahrhunderts gestorben ist. Aber die Leute auf der anderen Straßenseite merkten, dass da eine Teufelei im Gange war, und riefen die Polizei.«
    Er sah sich gezwungen, Luft zu holen, und Irene nutzte die Gelegenheit, eine Frage ei n zuwer f en: »Viell e ic h t sollten wir m it diesem Grab anfangen ? «
    Sie deutete auf die k upfe r beschlagene Tür eines d e r Mar m orgräber.
    »Natürlich, natürlich«, erwiderte der Verwalter nervös.
    Er war eine ganze Weile be s chäftigt, ehe s i ch der Schlüssel w i der s tre b end u m drehen ließ. Die Tür öffnete sich, und die Scharniere kreis c hten. Hier ist seit Jahren nie m and m e hr gewesen, dachte Irene.
    Es roch m u ffig nach Kell e r. Ire n e knipste i h re star k e Taschenla m pe an und ließ den L i chtstrahl auf die Särge fallen, die an den W änden übereinander ges t a p elt waren. Sie zählte neunzehn. Es war so voll, dass kein Sarg m ehr Platz gefu n den hätte. Der Staub auf d e m Boden wirkte unberührt. S i e schüttelte den K opf und wandte sich an den Verwalt e r: »Nein. Hi e r i s t s eit Jahren k ei n er m ehr gewesen.«
    »Das dachte ich m i r schon, denn das letzte Mitglied dieser Fa m ilie ist in den Vierzig e rj a hren gest o r b en. Aber im Nachbargrab gab es in den let z ten Jahren zwei Beisetzungen. Außerordentlich t r agisch, Vater und Sohn, aber ich glaube, die Frau des Sohns war gerade sch w anger, also lebt die F a m ilie noch, aber irgen d wie war die Frau in den Mord am V a ter verwickelt …«
    Irene hörte den Rest von Olssons Litanei nicht m ehr. W i e verhext sah sie auf von Grünspan überzogenen Kupfertafeln zwei neu eingravierte N a m en leuchten: »Richard von Knecht« und »Henrik von Knecht«, verstorben im Nov e m b e r und Dezember 1996.
    Das war einer der kompliziertesten Fälle gewesen, m it denen das Dezernat für Gewaltverbrechen je m als konfrontiert war. Zum Schluss hatten si e ihn gelö s t , aber d er Preis waren etliche Tote g e wesen. Das Motiv der Tate n : Verrat, Hass, Eifersucht und Habgier.
    Das Motiv für die Mordfälle, die sie gerade lösen wollten, ließ sich wohl nicht unter di esen weit verbreiteten, »nor m alen« m enschlichen Regungen finden.
    Irene schauderte es, obwohl es r e l a tiv warm war.
    Gösta Olsson steckte den nächsten Schlüssel ins Schloss und drehte ihn ohne Proble m e um. Die Tür öffnete sich lautlos, die Scharniere war e n geölt. Neben der Eisentür wachte ein be m ooster fast lebensgroßer Engel. Irene schaute ihm in seine kalten Steinaugen und wünschte sich, Plasti k en k önnten sprechen. Diese hier hatte ver m utlich einiges gesehen.
    Der Verwalter trat zur S eite und ließ Irene als Erste in das Mausoleum treten. Sie ging die glatten Treppenstufen hinunter, knipste ihre Taschenla m pe an und leuchtete in der Grabkammer herum. Auf d e m staubigen Steinfußboden waren deutliche Fußabdrücke.
    »Frische Fußabdrücke. Die könnten natürlich auch von den Beerdigungen vor zweieinh a lb Jahren sta mm en,

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