Die Tätowierung
gleichen Farben: helllila, rosa und weiß. Die eine oder a ndere eisblaue Schattierung fand sich ebenfalls. Aber kein einziger war m er Farbton war irgend w o auszu m achen.
Bei den Bildern handelte es sich um Porträts. Ausnah m slos unerfreuliche Gesic h ter wie aus schrecklichen Albträu m en starrten den Betrachter an. Verzerrte, bösartige Dämonen sahen von den W änden herab. Einen Augenblick lang fand Irene, dass ein dicker, buddhaähnlicher Mann m it einem breiten Lächeln die einzi g e sympathi s che Gestalt war. Aber dann m erkte sie, dass die Augen des Buddhas schwarz und leer waren. Mit ihrem Pinsel hatte S abine ein kaltes Hohnlächeln eingefangen. Die eisigen Farben verstärkten die unbehaglichen Gefühle noch, die die Bilder in ihr auslösten. Irene hätte sich keines dieser Porträts aufgehängt, daran ko n nte auch d as T a l e n t d er M a l e r i n nichts ändern.
Sabine ließ sich krachend auf das Sofa fallen. Ihr Brustkorb hob sich, und sie at m ete rasselnd. Dann hustete sie so sehr, dass Irene begann, sich ernsthaft Sorgen zu m achen. H a tte Sabine eine Lungenentzündung? Aber sie war doch gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen worden. Als habe sie Iren e s Gedanken gelesen, sagte Sabine m it Mühe: »Raucher … Raucherhusten. Ich sollte nicht rauchen.«
Irene setzte sich auf d e n knarrenden Korbstuhl. Sie sprach ein stilles Gebet, dass e r n i ch t un t e r i h rem Gew i cht zusam m enb r echen m öge. Hannu zog es vor zu stehen.
» W as wollen Sie von Sebbe ? «, f ra g te Sa b i ne m it ihr e r rauen Stim m e.
Vertra u lich lehnte sich Irene vor und sagte: »Sebastians Kollegen fragen sich, wo er steckt. Er ist seit m ehreren Tagen nicht m ehr bei der A r beit erschienen. Wissen Sie, wo er ist ? «
Sabine schüttelte den Kopf.
»Nein … er hatte n ette … Kollegen beim Instit u t.«
»Institut?«, fragte Irene erstaunt.
»Ein gutes Institut. D a s Beste in Gö … teborg. Cyhréns.«
Sie verstum m te und sah träge auf einen lila Geist aus der Unterwelt m it weit offenem Mund, der in ei n em ewigen Angstschrei erstarrt war.
» W as m einen Sie da m it, dass er bei ei ne m Instit u t arbeitet?«, fragte Irene erneut.
Sabine warf ihr einen irritierten Blick zu.
»Beerdigungsinstitut. E i n gu t er J o b. Braucht Geld … Teure Studien in Kopenhagen.«
Schnell ergriff Irene die Gelegenheit.
» W ie lange hat er in Kopenh a gen studiert ? «, fragte sie. Sabine runzelte i h re sc h m ale Stir n . Nach einer W eile strahlte sie plötzlich und s a gte triumphierend: »Mehrere Jahre.«
» W as studierte er dort ? «
Irene versuchte, ihre Fragen nicht zu schroff klingen zu lassen, um das Vertrauen der Frau nicht zu verlieren.
Sabine richtete s i ch in d em dreckigen Sofa auf und warf den Kopf in den Nacken.
»Malerei. K unst. Ich bin schließlich Künst … lerin.«
Bei den letzten W orten warf sie sich vor und erbrach gelbe Galle auf den Fußboden. Hannu zog ein Paket Papiertaschentücher hervor. Er le g t e m ehrere übereinan d er und wischte den Fleck auf. Hastig verschwand er in der Diele. Irene hörte, wie auf der Toilette die W asserspülung betätigt wurde.
Die dünne F rau auf dem Sofa presste die Hände auf den Bauch. Auf ihrer S t irn glänzten Sch w eißperlen. Irene m achte sich richtig Sorgen.
»Sollen wir Sie zurück ins Krankenhaus bringen?«
Sabine zuckte zusam m e n und sagte entsetzt: »Nee! Das hat kei n en Sinn! Die s chicken m i ch sofort wieder nach Hause. Die Leber und Bauchspeicheldrüse sind kaputt. Hätt ich m i r selbst zuz u schreiben … sagen sie.«
Irene m erkte, welche Anstrengung es Sabine kostete, ihre Fragen zu beantworten. Verzweifelt k ä m p fte sie gegen den Alkohol und ihre Schmerzen. Ihr Sohn m usste ihr einiges bedeuten.
» W ann haben Sie Basta zuletzt gesehen ? «, fragte Irene. Erst be g riff sie n i cht, was sie falsch ge m acht hatte, a be r als sie sah, dass Sabines Augen hasserfüllt funkelten, m erkte sie, dass sie einen Fehler ge m acht hatte. W ütend zischte Sabine: »Sagen Sie nicht B asta! W i e können Sie wissen … ? Nicht Basta! Sebbe! Sebbe!«
»Ge f ällt Ih n en nicht, d a s s er Basta ge nannt wir d ?«
»Nee! Nee!«, erwiderte Sabine entschieden.
»Dann bitte ich viel m als um Entschuldigung, aber das ist der Spitzna m e, m it dem er sich selbst m ehrfach vorgestellt hat. Auch seine Arbeitskollegen nennen ihn Basta. Sebastian selbst wird schon nichts dagegen haben«, fuhr Irene fort.
Sabine sah
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