Die Tätowierung
Besucherzimmer. Der Blick fiel auf die Häuser gegenüber.
Hinter den anderen Türen auf der linken S eite des Korridors verbargen sich eine Besenkammer, eine Garderobe und ein kleiner Lagerraum für Büro m aterial und Aktenordner.
Die einzige noch übrige Tür a u f der rechten Seite führte in Marcus’ großen Arbeitsrau m . Drei hohe Fenster ohne Vorhänge ließen das strahlende Sonnenlicht herein. Im Zimmer war es heiß und stickig. Irene trat vor und öffnete die Fenster. Sie bewunderte die Aussicht auf das glitzernde Wasser des Kanals. Die Ka s t anien auf der anderen Seite schlugen gerade aus. Unter ih n en str e ckten Un m engen von bunten Frühlingsblu m en ihre Köpfe heraus. Man m usste ihre Pra c ht genießen, solange sie blühten. Bald war ihre Z eit vorbei.
Sie drehte sich um und b e trachtete eingehend das Zimmer. Der Fußboden war abgeschliffen und lackiert. Wände und Decke waren weiß. Vor dem einen Fenster stand ein P C-Tisch m it Telefon und Schreibzeug. Die Wand hinter diesem T i sch nahm ein großes Bücherregal ein, in dessen Fächern Ordner standen und Rollen m i t Zeichnungen lagen.
Vo r d e m an dere n Fenst e r stan d ei n r i esige r Tisch . E r war leer , abe r offenba r hande l t e e s sic h u m Mar c u s Tosscanders Arbeitsplatt e . Au f ein e m sch m ale n Sideboar d st a nde n und lage n dich t a n dich t Pinsel , Stif t e , W a sse r f a rbe n und Kreide n .
An allen Wänden hingen Zeichnungen von Interieurs, Entwürfe für große Schaufenster sowie S t off- und Farb m uster. Es schien, als ha b e in diesem Zimmer eine sehr kreative Person gearbeitet.
Sie streiften sich Bau m wollhandschuhe über und begannen, das Zim m er syste m atisch zu durchsuchen. Als sie alle Schubladen geöffnet und Ordner gesichtet hatten, sagte Hannu: »Er hat kein Kundenverzeichnis.«
Alle drei sahen auf den Co m puter. W ahrscheinlich mussten sie auf der Festpl a tte suchen. Hannu m achte ihn an. Nach wenigen Sekunden forderte die Maschine ein Passwort.
» W ir brauchen sein Passwort«, stellte Irene fest.
» W ie wär ' s m it ›Schwuchtel‹ oder ›Striche r‹ ? «, m einte Jonny.
Er war der Einzige, der diesen S cherz lustig fand. Hannu versuchte es m it »Toscas«, »Toscas Design«, »Design« und Ähnliche m , hatte aber keinen Erfolg.
»Lasst uns essen gehen. Vielleicht haben wir in seiner Wohnung mehr Glück«, sagte Irene.
Die Aussicht war phantastisch. Sie sahen über O l skroken und Sta m pen hinweg bis nach Heden m it Ullevi im Vordergrund. Als sie sich an dem Ausblick satt gesehen hatten, drehten sie sich zu d e m Gebäude u m , das eines der im späten 19. Jahrhundert gegen die Wohnungsnot gebauten Landhövdinge-Häuser war. Im obersten Stockwerk hatte Marcus Tosscander eine Eckwohnung.
»Der Bursche hatte wirklich was für klasse A ussichten übrig«, sagte Jonny.
D e m konnten sie nur zustim m en.
Sie gingen die sch m al e Treppe hinauf. Die altrosa Wände waren frisch gestrichen. T reppenstufen, Türen und Geländer waren hellgrau. Das m achte einen nüchternen, aber auch fr eundlic h en Eindruck. V er m utlich h a tte Ma r cus bei der W ahl der Farben seine Hand im Spiel gehabt.
Auf d e m obersten Treppenabsatz stand an der einen Tür M. Tosscander, an der anderen B. Svensson.
Sie betraten Marcus’ W ohnung. Irenes Verdacht bestätigte sich. In der kleinen Diele hatten die W ände denselben rosa Farbton wie i m Treppenhaus. Die vier Türen waren hellgrau.
Rechts von der W ohnungstür lag die Küche. Hier gab es ebenfalls sehr viel Schwarz und Stahl, aber statt W eiß hatte Marcus Tosscander hier ein he lles Holz g e wählt. Der Fußboden war aus de m selben Holz.
Plötzlich fiel Irene etwas auf.
»Schaut euch m al die Blu m en an. Alle frisch gegossen. Außerdem r i echt es hier nicht so muffig und staubig wie im Büro«, sagte sie.
»Je m and kümmert sich um die W ohnung«, stellte Jonny fes t .
Vor dem Fenster hing kein Vorhang. Stattdessen hatte Marcus auf der einen Seite ein Klettergewächs an ein paar Fäden hochranken lassen. Auf der gegenüberliegenden Seite wuchs eine W achsblu m e. Irene trat vor und schaute nach drau ß en. Die K ü che g i ng auf einen sehr grünen Garten m it einer von Flieder u m gebenen Laube.
Sie schauten in ein kleines Badezim m er m it einer großen Wanne auf Löwenfüßen. Fußboden und W ä nde waren dunkelblau gefliest. Auf einig e n Kacheln waren ein Vol l - oder Halbmond beziehungsweise Sterne ge m alt. Auch die Decke
Weitere Kostenlose Bücher