Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
seinen Anruf sein?«
»Warte, bis ich alles erzählt habe!« Und Laura hatte mit sich
überschlagender Stimme berichtet: von ihrem Gespräch mit
Peters Sekretärin, von ihrer Entdeckung seiner Pleite und
seiner Untreue, von ihrer Reise in die Provence, von seinem
Auto, das noch beladen war mit seinem Gepäck. Zuletzt von
den Flugtickets nach Buenos Aires, von denen eines auf ihren
Namen ausgestellt war, der offensichtlich ständig von seiner
Geliebten benutzt wurde.
Anne hatte fasziniert gelauscht und nur hin und wieder »Das
gibt’s doch nicht!« gemurmelt. Schließlich sagte sie: »Für zwei
Tage hast du ein bißchen viel mitgemacht, mein Armes. Wenn
ich nicht ausnahmsweise einmal ein paar lukrative Aufträge
hätte und das Geld nicht so dringend brauchte, würde ich sofort
zu dir kommen und dir zur Seite stehen.«
»Danke, aber ich glaube, ich fahre morgen sowieso zurück«,
sagte Laura. Sie saß auf dem Balkon ihres Ferienhauses, hatte
sich in einen dicken Pullover eingehüllt und sah über das Tal
zum Meer. Der Wind war völlig abgeflaut und hatte dem Tag
eine eigentümliche Stille zurückgelassen. Eine schwere,
lastende Ruhe. Sie entsprach Lauras Gefühl von Betäubung
und Unwirklichkeit.
»Ich muß mich um die vielen Probleme kümmern, die
daheim auf mich warten«, fügte sie hinzu. »Die Gläubiger
werden mir das Haus einrennen, und ...«
»Das sind Peters Gläubiger«, sagte Anne. »Wieso solltest du
die Scheiße, die er angerichtet hat, allein ausbaden?«
»Weil er nicht auffindbar ist. Ich würde ihn sehr gern zur
Rechenschaft ziehen, aber da sehe ich keine Möglichkeit.«
»Hm.« Anne überlegte. »Sein Auto steht vor dieser Kneipe,
mit seinem Gepäck und mit den Tickets. Das ist sehr
merkwürdig, findest du nicht?«
»Nun, ich denke ...«
»Er ist also nicht nach Buenos Aires geflogen. Das
Mäuschen, das er sich angelacht hat, auch nicht. Das heißt, er
müßte noch irgendwo da unten sein. In Südfrankreich.«
»Vielleicht haben sie kurzfristig umdisponiert und sind
woanders hingeflogen.«
»Das glaube ich nicht. Solche Dinge klärt man lange vorher,
da entscheidet man nicht von einem Tag zum anderen neu.
Außerdem wäre das noch keine Erklärung für sein
zurückgelassenes Gepäck. Das Auto, die Koffer, die Tickets ...
ihm ist irgend etwas ganz Entscheidendes
dazwischengekommen.«
Laura begann sich unendlich müde zu fühlen. »Aber für
mich ist das doch gleichgültig, Anne. Meine Ehe ist so oder so
kaputt. Welche Rolle spielt es letztlich, was ihm
dazwischengekommen ist?«
»Und wenn er tot ist?« fragte Anne.
Irgendwo schrie schrill ein Vogel. Sie konnte den herben
Rauch eines herbstlichen Laubfeuers riechen.
»Was?« fragte sie zurück.
»Er hat dieses ... dieses Chez Nadine verlassen. Er wollte zu
seinem Auto. Das Auto steht aber noch da, mit allem darin,
was ihm gehört. Das bedeutet, er ist möglicherweise nie bei
seinem Auto angelangt. Auf dem Stück dazwischen ... wie weit
ist das eigentlich? Ich meine, ist der Parkplatz direkt am
Restaurant?«
»Nein, es sind ...« Laura überlegte. Es fiel ihr schwer, ihre
Gedanken auf die Frage zu konzentrieren, die Anne gestellt
hatte. Noch dröhnten ihr die Worte im Ohr: Und wenn er tot
ist? »Es sind vielleicht zweihundert Meter. Eher mehr.«
»Näher am Lokal kann man nicht parken?«
»Das Chez Nadine hat keinen eigenen Parkplatz. Meistens
parkt man gegenüber, entlang einer Mauer, die ein
Hotelgelände umschließt. Aber wenn dort alles voll ist, muß
man weiterfahren, und die nächste Möglichkeit ist die kleine
Einbuchtung an dem Trafohäuschen.«
»Wenn er sein Auto nicht gegenüber abstellen konnte, weil
dort zu viele Autos standen«, sagte Anne, »dann muß es an
jenem Samstagabend ziemlich voll im Chez Nadine gewesen
sein.«
»Das kann sein. Ja, ziemlich sicher war es so. Aber ich
verstehe nicht...«
»Ich denke mir, auf diesen zweihundert Metern zwischen
Restaurant und Auto ist irgend etwas geschehen. Etwas, das
nachhaltig verhindert hat, daß Peter seine weiteren Pläne in die
Tat umsetzen konnte. Und vielleicht hat jemand etwas gesehen.
Wo viele Menschen sind, kriegt auch meistens jemand etwas
mit.«
»Ich habe ja vermutet, daß ihn seine ... Geliebte aufgegabelt
hat ...«
»Aber dann hätten sie die Tickets mitgenommen. Sein
Gepäck. Das paßt doch alles nicht zusammen.«
»Du meinst ...«
»Ich meine, ihm könnte auch etwas zugestoßen sein. Und
wenn das so ist, solltest du es dringend

Weitere Kostenlose Bücher