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Die Täuschung

Die Täuschung

Titel: Die Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caleb Carr
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und in jedem dritten oder vierten Paneel hing ein kleines, elegant gerahmtes und geschickt beleuchtetes Gemälde.
    Mir fiel vor Verblüffung die Kinnlade herunter. »Wunderschön«, sagte ich leise.
    »Danke, Doktor«, antwortete Larissa mit charmanter Egozentrik, schaute an sich herunter und strich sich über Hüften und Schenkel. Als sie aufblickte und sah, was ich meinte, wirkte sie fast ein wenig enttäuscht. »Oh. Das Schiff. « Sie fasste mich wieder an der Hand, und wir machten uns auf den Weg durch den Korridor. »Ja, das ist Malcolm, wie er leibt und lebt – er hat ein Faible für Dinge, die nicht zusammenpassen.«
    » Sie sind auch nicht gerade das, was ich erwartet hätte, Larissa – wenn ich Sie so nennen darf.«
    »Aber gern«, antwortete sie, während sie zielstrebig ausschritt. »Larissa Tressalian, um genau zu sein. Sie dürfen auch gern etwas zu den hübschen Zischlauten in dem Namen sagen. Aber ich warne Sie, das ist ziemlich abgedroschen.« Einen Moment lang versuchte ich, mir darüber klar zu werden, wieso ihr Name, der wirklich hübsch war, mir so bekannt vorkam. Aber dann wurde ich abgelenkt, als sie die freie Hand an den Kragen ihres Bodysuits legte, ein Zeichen dafür, dass sie eine weitere Mitteilung empfing. »Ja, Bruderherz? … Ja, ich bringe ihn nur zu seiner Kabine, damit er sich … frisch machen kann …« Sie warf mir einen Blick zu, der mehr als nur ein bisschen anzüglich war; dann wandte sie sich plötzlich ab und blieb stocksteif stehen. »Wo? … Boden- und Lufteinheiten? … In Ordnung, ich bin auf dem Weg zum Geschützturm.« Als Larissa mich wieder ansah, hatte sich ihre Miene geändert; die kokette Katze war zu einem kampflustigen Raubtier geworden. »Tut mir Leid, Doktor, das Frischmachen wird warten müssen.« Sie packte meine Hand fester und verfiel in Trab. »Jetzt steht ein Vergnügen anderer Art auf dem Programm!«

8
    E in Stück weiter vorn in dem engen Gang gelangten wir zu einer mit erlesenen Schnitzereien verzierten und mit dickem Teppichboden ausgelegten Holztreppe. Als wir hinaufstiegen, wurde das Brummen des Schiffsantriebs leiser – wie Larissa mir gerade erklärt hatte, bestand er aus supraleitenden Magnetgeneratoren, die eine unvorstellbare (und nicht zu vergessen saubere) Auf- und Vortriebskraft erzeugten –, und ich spürte, dass wir uns vorwärts bewegten. Manchmal ging es schneller, dann wieder langsamer voran – keine beunruhigenden, aber doch merkliche Veränderungen –, und als wir das Oberdeck erreichten, stand ich auf einmal vor einer runden, transparenten Scheibe im Rumpf oder Körper des Schiffes. Ich schaute hinaus und sah, dass wir in ungefähr dreißig Meter Höhe dahinflogen und uns wie ein riesiger Marschflugkörper in die Konturen der Vorstadtlandschaft schmiegten.
    Larissa zerrte an meinem Arm. »Wir haben jetzt keine Zeit zum Staunen«, sagte sie und zog mich vorwärts. »Eine kleine Spezialeinheit aus Gesetzeshütern der Stadt und des Landes ist schon unterwegs, und die Leute vom FBI werden auch nicht lange auf sich warten lassen.«
    »Aber«, stotterte ich, als wir eine Leiter erreichten, die durch die Decke des Gangs nach oben führte, »ihr habt nur dieses eine Schiff. Kann es wirklich …«
    Larissa fuhr herum und legte mir einen Finger auf die Lippen. Ihre Augen schimmerten jetzt eindeutig. »Werfen Sie da oben mal einen Blick hinein.« Sie zeigte auf die Leiter, und ich stieg hinauf.
    Oben war ein kreisrunder Raum mit einem Durchmesser von ungefähr fünf Metern, nicht unähnlich dem Geschützturm eines ungeheuren Panzers, nur dass die Hülle hier transparent war. In der Mitte stand ein riesiges Geschütz mit anmontiertem Sitz. Eine Seite des Turms wurde von einer ganzen Reihe von Zielverfolgungsgeräten eingenommen; dort saß Eli Kuperman, der aufmerksam die vielen Anzeigen beobachtete. Als ich erneut einen Blick auf das Geschütz warf, kam es mir irgendwie bekannt vor; ja, es schien eine riesenhafte Version von Larissas Handfeuerwaffe zu sein.
    »Das sind beides Rail-Waffen«, sagte Larissa, die ebenfalls heraufgeklettert war, sich auf der Leiter eng an mich schmiegte und offensichtlich erneut meine Miene zu lesen wusste. Sie zog ihre kleinere Pistole. »Das Konzept ist im Grunde simpel: Die Projektile werden nicht durch eine Gasexplosion angetrieben, sondern indem ein Stromkreis zwischen zwei Leitern geschlossen wird. Das elektromagnetische Feld hinter den Projektilen erhöht die Beschleunigung um ein Vielfaches – das

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