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Die Täuschung

Die Täuschung

Titel: Die Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caleb Carr
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nur vor meiner Familie, sondern auch vor diesem unheiligen Mob da draußen? Sehr schlecht, Ungläubige, sehr schlecht. Außerdem« – Said kehrte zu seiner Bahn zurück und nahm eine Akte vom Ergebnispult – »sind wir durchaus selbst imstande, uns Informationen zu beschaffen. Wusstet ihr, dass euer Feind in Wahrheit ein CIA-Agent ist?«
    Der General legte ein Blatt auf eine beleuchtete Fläche des Pults, und der Text wurde auf einen großen Bildschirm über der Bowlingbahn projiziert. Es war tatsächlich eine Kopie einer CIA-Akte, in der es hieß, dass ein Agent der Agency namens Vincent Gambon die Außenstelle der Ärzte ohne Grenzen im kurdischen Sektor der Türkei infiltriert hatte, woher Israel, wie bereits erwähnt, gegenwärtig einen Großteil seines Wassers bezog – zum großen Missfallen der Türken und ihrer amerikanischen Verbündeten. Das war zumindest der wahrscheinliche Grund, warum Eshkol den echten, unglücklichen Gambon überhaupt getötet hatte, obwohl Said von all dem offenbar nichts wusste, wie seine nächsten Worte zeigten: »In Wirklichkeit war er ganz ohne Zweifel darauf aus, unsere Herrschaft über diesen Berg zu unterminieren – vielleicht mittels der Atombombe, die wir bei ihm gefunden haben!« Said hielt einen kleinen Rucksack mit dem Logo der Ärzte ohne Grenzen hoch, das wir auch an Eshkols Kleidern gesehen hatten. »Diese Bombe hätte er dann mit dem Plutonium scharf gemacht, das wir ihm verkaufen wollten!« Mit seiner freien Hand ergriff der General einen Metallbehälter für radioaktive Stoffe und hielt ihn hoch; dann schaute er noch einmal durch die offene Tür in den Schuhraum. »Oh, die Seele dieser Kreatur ist ein Abgrund des Bösen, Ungläubige, und ich werde dafür sorgen, dass er jede Minute seines abscheulichen Daseins bereut, bevor er stirbt!«
    »Durchaus verständlich.« Tarbell schaute sich in der Bowlinghalle um und zählte unauffällig die malaysischen Soldaten darin zusammen, wie es mir schien. » Absolut verständlich!«, bekräftigte er. Dann sah er Colonel Slayton und Larissa an, die beide den Kopf schüttelten, als wollten sie damit sagen, dass ein etwaiger Ausbruchsversuch undurchführbar war. Leon bestätigte ihre Einschätzung mit einem widerstrebenden Nicken. »Dennoch scheint es mir«, fuhr er fort und wandte sich wieder an Said, »dass Sie eine hervorragende Gelegenheit verpassen.«
    »Ich?«, fragte Said. »Wieso, Doktor?«
    »Nun, ich kann Ihren Wunsch, diesen Mann langsam vom Leben zum Tode zu befördern, gewiss verstehen«, antwortete Tarbell. »Aber so heimlich? Sie haben selbst gesagt, die Menschen in dieser lächerlichen Gemeinde seien ein hirnloser Mob. Warum nutzen Sie nicht die Gelegenheit, Ihre Macht über sie zu festigen?«
    General Said dachte über die Frage nach, dann zeichnete sich erneut ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. »Ah! Ich verstehe, was Sie meinen, Dr. Tarbell – eine öffentliche Hinrichtung!«
    Tarbell grinste zurück. »Genau.«
    Saids Lächeln erlosch für einen Moment. »Müsste es dann schnell gehen?«
    »O nein, nicht unbedingt«, antwortete Leon.
    Der General begann, nachdenklich auf und ab zu marschieren. »Wir könnten es in dem alten Speisesaal mit der Theaterbühne machen – sie lieben ihr Theater, diese Degenerierten, und wir könnten ihnen etwas ganz Besonderes bieten.« Er grübelte weiter darüber nach. »Vielleicht sollte ich ihn kreuzigen«, sagte er.
    Tarbell legte skeptisch den Kopf schief. »Nun«, sagte er, »das ist ein bisschen abgedroschen, nicht wahr? Ganz zu schweigen von den Implikationen – Sie wollen ja schließlich keinen Märtyrer aus ihm machen.«
    »Nein, nein, natürlich nicht.« Said marschierte weiterhin auf und ab, dann blieb er plötzlich stehen und drehte sich zu Tarbell um. »Na schön, Doktor, ich bitte um Vorschläge.«
    Tarbell nahm den General verschwörerisch beiseite. »Ich weiß nicht recht, ob die Dauer seines Todes wirklich der wichtigste Punkt ist, den es zu bedenken gilt. Ich hätte da folgende Idee – lassen Sie ihn von Ihren Männern zu einem sehr öffentlichen Ort eskortieren, nachdem sie ihn in eine Ihrer eigenen Uniformen gesteckt haben.«
    » Meiner Uniformen?«, fuhr Said auf. »Aber warum sollte ich …«
    »Ich nehme an«, warf Tarbell beschwichtigend ein, »dass Sie unter permanenter Satellitenüberwachung der Amerikaner stehen?«
    »Oh, beim Propheten, Allah segne ihn und schenke ihm Frieden, das stimmt!« General Said schaute einen Moment lang bekümmert drein.

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