Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
Schulden bei deutschen Gläubigern getilgt hat. Man hat die Bundesbank sozusagen für sich auslegen lassen und sie gebeten, den Betrag auf einem Verrechnungskonto zu verbuchen. Dort werden die Forderungen mitdem Hauptrefinanzierungssatz (derzeit 0,75 %) verzinst, der nicht einmal der Inflationsrate entspricht.
Getilgt werden die Target-Kredite nur dann, wenn Deutsche wieder neue Kredite ins Euro-Ausland vergeben oder Anlageobjekte und Güter dort kaufen. Tun sie das nicht, weil sie Angst haben, dass die Kredite nicht bedient werden oder die Güter und Anlageobjekte zu teuer sind, bleiben die Forderungen notfalls ewig in der Bilanz stehen und erodieren mit der Inflation.
Sollte der Bundesbank der Kragen platzen und sie versuchen, ihre Schuldner unter Druck zu setzen, indem sie droht, die Überweisungsaufträge aus den Krisenländern nicht mehr oder nur noch gegen Sicherheiten durchzuführen, wäre sie vertragsbrüchig und würde den Zusammenbruch des Eurosystems riskieren. Dann hätte sie erst recht keine Chance, die Target-Forderungen einzutreiben. Wenn das Eurosystem nicht mehr existiert, gibt es für ihre Forderungen wahrscheinlich keine Durchsetzungsmöglichkeiten mehr, denn sie richten sich gegen eine Institution, die es dann nicht mehr gibt.
Bestenfalls wird die Forderung auf eine Nachfolgeinstitution der EZB übertragen, die das Eigenkapital der EZB erbt. Darum darf sich Deutschland dann mit Finnland, den Niederlanden und Luxemburg streiten, die insgesamt über Forderungen in Höhe von 308 Milliarden Euro verfügen (vgl. Abbildung 6.3 ). Wenn das Eigenkapital der Nachfolgeorganisation anteilig zu den Forderungen aufgeteilt wird, erhält Deutschland (727/1029) × 31 Milliarden Euro oder 22 Milliarden Euro. Das sind gerade mal 3 % seiner Forderung, und das auch nur, wenn man annehmen kann, dass die EZB überhaupt noch etwas zu vererben hat, was man angesichts der dubiosen Refinanzierungskredite und Staatspapiere in ihrer Bilanz fast schon als heroische Annahme bezeichnen kann.
Die Bundesbank kann bei einem Zerbrechen des Eurosystems zwar versuchen, die Target-Forderungen gegenüber den Notenbanken der anderen Länder zu erheben. Doch wird man dort tausend Gründe dafür finden, warum es für diese Forderungen keine Basis gibt. Die Länder, die nicht im Defizit stehen, werden sich als nicht mehr zuständig erklären, und die Krisenländer werden ihre Target-Schulden als souveräne Schuldner annullieren. Man wird Deutschland vorwerfen, den Untergang des Euro selbst provoziert zu haben, und ihm weiter vorhalten, dass es ja ohnehin der große Profiteur des Euro gewesen ist(was, wie in Kapitel 2 gezeigt wurde, nicht stimmt). Auch die deutsche Vergangenheit, die mit Schuld beladen ist, wird man bei Bedarf heranziehen. Deutschland wird dem nicht viel entgegenzusetzen haben, zumal Bundesbank und Bundesregierung die Salden anfangs selbst zu bloßen Verrechnungsposten deklariert hatten (vgl. Kapitel 6). Kurzum, die deutschen Forderungen sind bei einem Zusammenbruch des Euro uneinbringlich, und die Güter, Vermögensobjekte und Schuldscheine, die man hergegeben hat, werden auch nicht mehr zurückkommen. 2
Die Verhältnisse sind eben nicht mehr so wie noch zur Zeit des Bretton-Woods-Systems, wo die Bundesbank für die deutschen Zahlungsbilanzüberschüsse gegenüber den anderen europäischen Partnern dieses Systems Gold erhielt. Auch wenn die deutschen Goldbestände aus jener Zeit, die heute fünfzehn Mal so viel wert sind wie damals, großenteils bei anderen Zentralbanken eingelagert und nach Meinung mancher Kritiker gar nicht zugänglich sind, stellen sie doch eine andere Art von Sicherheit dar als die bloßen Target-Forderungen, die unter dem Euro aufgelaufen sind.
Wenn der Euro zerbricht, sind über 700 Milliarden Euro weg, nicht nur für die Deutsche Bundesbank, sondern auch für die deutschen Sparer beziehungsweise deren Finanzinstitute, die in diesem Umfang deutsche Ersparnisse bei der Bundesbank angelegt haben. Die Bundesbank kann sich dann nur in die Inflation retten oder den Finanzminister um neues Eigenkapital zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen bitten. Der müsste es sich dann aber von den Bürgern holen. Die Altersrente, die in die linke Tasche fließt, würde der rechten Tasche entnommen.
Das schlimmste Problem ist aber, dass die Target-Salden jener Länder, die bereits in der Target-Falle sitzen, sie zwingen, zum Erhalt ihrer Forderungen Rettungsmaßnahmen zuzustimmen, durch die sie immer tiefer in
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