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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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verhaltener, aber auch sie stiegen in der Krise. Kein einziges der Krisenländer außer Irland hatte am aktuellen Rand der Lohnstatistik, drei Jahre nach dem Ausbruch der Krise, niedrigere Löhne in der Gesamtwirtschaft als beim Ausbruch der Krise. Sicher, mittlerweile hat die Krise an Schärfe zugenommen, und vielleicht werden neue Daten bald den Beginn einer realen Abwertung bei den Güterpreisen zeigen. Aber das wäre dann fünf Jahre nach dem Krisenbeginn. Die Kreditersatzpolitik der EZB und die öffentlichen Rettungsschirme haben die notwendigen strukturellen Verbesserungen der Wettbewerbsfähigkeit durch eine reale Abwertung in den Krisenländern um mindestens ein halbes Jahrzehnt aufgehalten.
    Man beachte, dass auch dieses keine Aussage zu einer statistischen Korrelation zwischen den öffentlichen Krediten und den Leistungsbilanzsalden ist. Wenn die öffentlichen Kredite die reale Abwertung verhindert und die Leistungsbilanzdefizite aufrechterhalten haben, dann heißt das eben gerade nicht, dass es eine Korrelation zwischen diesen Defiziten und den öffentlichen Krediten gab. Vielmehr heißt es, dass es eine negative Korrelation zwischen den Target-Krediten und den Kapitalimporten gab, weil die seit Beginn der Krise wegbrechenden Kapitalimporte durch die Target-Kredite ersetzt wurden. Irgendetwas muss schließlich die Leistungsbilanzdefizite finanziert haben. Wenn es nicht die normalen Kapitalimporte waren, dann müssen es die öffentlichen Kredite gewesen sein.
    Die EZB hat das Fluchtkapital aber nicht nur ersetzt, sondern die Kapitalflucht ermöglicht, denn hätte sie mit einer rigorosen Refinanzierungspolitik verhindert, dass Target-Kredite gezogen werden, und wäre die Leistungsbilanz dennoch nicht eingebrochen, dann hätte das Kapital nicht fliehen können. Die Zinsen wären dann so extrem hoch gewesen oder die Kurse der Wertpapiere so extrem niedrig, dass es für die Kapitalanleger attraktiv gewesen wäre zu bleiben. Erst ihre im Verhältnis zum Kreditrisiko viel zu billigen Refinanzierungskredite haben die Kapitalrenditen so niedrig und die Preise der Vermögensobjekte so hoch gehalten, dass es die Kapitalanleger vorzogen, sich ins Ausland abzusetzen. Mit ihrer überausgroßzügigen Refinanzierungspolitik hat die EZB ein natürliches Regulativ der Märkte außer Kraft gesetzt, mithilfe dessen zumindest ein Teil des Fluchtkapitals hätte gehalten werden können.
    Das griechische Beispiel macht dies anschaulich. Man konnte davon lesen, dass reiche Griechen allein für 200 Milliarden Euro Geld in der Schweiz geparkt hätten,  19 und man hörte von griechischen Immobilienkäufen in Berlin, München und vor allem London. Das im Ausland angelegte Geld der Griechen kommt so lange nicht nach Griechenland zurück, wie die Preise der Immobilien und sonstigen Anlageobjekte durch die Rettungsgelder aus den Finanzministerien der Euroländer und die Notenpresse der griechischen Zentralbank hochgehalten werden, denn jeder Anleger weiß, dass die Preise fallen werden, sobald die Taschen der Retter sich leeren oder ihnen die Lust am Retten vergeht. Das Fluchtkapital bleibt im Ausland, bis der Crash passiert ist, und wer kann, versucht sich ebenfalls noch rechtzeitig vorher aus dem Staube zu machen.
    Hätte es die Rettungsgelder nicht gegeben, wäre es spätestens 2010 zum Crash gekommen, die Preise wären gepurzelt, die Vermögensbesitzer hätten sehr schmerzliche Verluste hinnehmen müssen, Banken wären gefallen und hätten gerettet werden müssen, doch die erwarteten Renditen wären danach sehr hoch gewesen. Nach dem Gewitter hätte die Sonne alsbald wieder geschienen, denn die Flucht nach dem Crash ist nutzlos. Die reichen Griechen wären aus dem Ausland zurückgekommen, um zu Hause auf Schnäppchenjagd zu gehen. Überall hätte man damit begonnen, die Objekte zu renovieren, und ein allgemeiner Bauboom hätte einen neuen Wirtschaftsaufschwung eingeleitet. Es ist schon verwunderlich, mit welcher Persistenz dieses Grundprinzip der Erholung durch und nach dem Crash von den Entscheidungsträgern bei der EZB und in der europäischen Politik beiseitegeschoben wurde.
    Der billige Refinanzierungskredit hat vermutlich auch den Interbankenkredit vertrieben, denn warum sollten die Banken der Südländer auf die Zinsforderungen der Banken Frankreichs, Hollands oder Deutschlands eingehen, wenn ihre eigene Notenbank ihnen den Kredit viel billiger zur Verfügung stellte? Und warum sollten die Banken der Kernländer trotz der

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