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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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die Falle hineinrutschen. Das betrifft sowohl die Staatspapierkäufe der EZB als auch die öffentlichen Hilfsprogramme, über die die Parlamente entscheiden. Solche Maßnahmen lenken wieder neues Geld in die Krisenländer, weil sie selbst in Geldform gewährt werden, weil sie Haftung für private Darlehen bieten, die wieder in die Krisenländer vergeben werden, oder weil sie ganz unmittelbar Käufe von Wertpapieren anregen. Sie vermindern die Target-Kredite, indem sie andere Kredite an ihre Stelle setzen.
    Auch die unbegrenzten Staatspapierkäufe, mit denen die EZB seit September 2012 einen Befreiungsschlag versucht, können so erklärt werden (vgl. Kapitel 5, Staatsanleihenkäufe durch die Notenbanken ). Wenn zum Beispiel die Bundesbank auf Geheiß des EZB-Rates italienische Staatspapiere von den deutschen Geschäftsbanken kauft, entsteht auf dem deutschen Markt ein Defizit an solchen Papieren, der die Banken veranlasst, sich in Italien Nachschub zu holen. Dadurch kommt es zu Überweisungen an die italienischen Verkäufer der Papiere. Die Banca d’Italia muss diese Überweisungen durch Gutschriften zu eigenen Lasten erledigen, die den Banken der Verkäufer der Wertpapiere gewährt werden. Sie gibt der Bundesbank insofern einen Kredit und reduziert mit ihm die schon früher aufgebaute Netto-Target-Schuld der Banca d’Italia und die Target-Forderung der Bundesbank. Setzt die EZB ihren Beschluss um wie verkündet, werden sich die Target-Schulden der Krisenländer wieder verringern und überall sonst im Euroraum werden stattdessen die Target-Forderungen zurückgehen beziehungsweise nicht mehr so schnell steigen wie bislang. Das wird man auch in der Bilanz der Bundesbank erkennen können. Dies könnte zu den Gründen gehören, die die Bundesregierung bewogen hat, sich gegen die Bundesbank zu stellen und die Staatspapierkäufe der EZB zu tolerieren (vgl. Kapitel 5, Abschnitt Bundesregierung contra Bundesbank ).
    Je mehr solche Target-senkenden Maßnahmen ergriffen werden, desto eher wird die EZB freilich versucht sein, mit ihrer Niedrigzinspolitik fortzufahren, die selbst wiederum Target-Salden erzeugt, weil sie die Konditionen des Kapitalmarktes unterbietet und eine weitere Kapitalflucht anregt. Die Niedrigzinspolitik sichert eine billige Anschlussfinanzierung für fällig werdende Altkredite, schützt die Schuldner vor einer Insolvenz und die Inhaber der alten Kreditforderungen gegen Vermögensverluste. Aber sie lenkt das Kapital an Orte, wo es eigentlich nicht mehr hin will, und verhindert dadurch die notwendigen realwirtschaftlichen Anpassungen. Auch setzt sie die neuen Sparer, die zum Ersatz herangezogen werden, neuen Risiken aus und beraubt sie ihrer Zinserträge.
    Wenn die Zinsen, die die Bundesbank den deutschen Sparern zahlt, die ihr über die deutschen Banken Kredit gegeben haben, weiterhin unter der Inflationsrate liegen, wie es heute der Fall ist, undwenn die Target-Salden nicht abgebaut werden, dann sind die Ersparnisse der Deutschen im Umfang der Target-Forderungen auch dann verloren, wenn der Euro überlebt, denn schließlich ist der ökonomische Wert eines Forderungsbestandes, der keine realen Zinsen bringt und nie getilgt wird, gleich null.
    Häufig wird gemutmaßt, die Salden würden in Kürze von selbst verschwinden, weil die Krise wieder abklingen werde.  3 Vor dieser Illusion kann man nur warnen, denn wie in Kapitel 4 bereits ausgeführt, handelt es sich nicht um eine bloße Vertrauenskrise, die aus einer ungerechtfertigten Irritation der Kapitalmärkte resultiert, sondern um einen strukturellen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit aufgrund von Überteuerung. Da man den Anstieg der Güterpreise, wenn überhaupt, nicht ohne eine reale Kontraktion der Wirtschaft rückgängig machen kann, wird der Finanzbedarf der Südländer vorläufig ebenso bestehen bleiben wie die Weigerung der Kapitalmärkte, ihn zu Zinsen zu befriedigen, zu denen die EZB es tut. Solange die Niedrigzinskonkurrenz für den Interbankenmarkt durch die Notenpresse nicht abgestellt wird, werden die Salden immer weiter wachsen, es sei denn, sie werden durch andere Rettungskredite innerhalb und außerhalb der EZB ersetzt.
    Das ist das wahre Problem der Target-Salden. Das EZB-System gab den Krisenländern die goldene Kreditkarte mit einem unbegrenzten Überziehungskredit, und damit dieser Kredit nicht in Anspruch genommen und bereits bestehender vielleicht sogar zurückgezahlt wird, muss die Platin-Karte her. Die Möglichkeit, sich Güter

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